Bericht aus der Kabinettssitzung

Bayerns Forderungen zur Energieversorgung

Die Sicherung der Energieversorgung Deutschlands und Bayerns hat für die Bayerische Staatsregierung die höchste Priorität. Die durch den Angriff Russlands auf die Ukraine ausgelösten Umwälzungen auf den gesamten Energiemärkten treten dabei immer deutlicher zu Tage und bedürfen eines entschlossenen Handelns der Politik. Aus Sicht der Staatsregierung lässt der Bund hier viele Chancen ungenutzt.

Der Freistaat fordert daher folgende Punkte vom Bund, die kurzfristig umgesetzt werden müssen:

1. Die vorgeschlagene AKW-Einsatzreserve ist aus Sicht der Staatsregierung keine sinnvolle Lösung. Dies gilt auch für die Entscheidung, das Kernkraftwerk Emsland Ende 2022 vollständig vom Netz zu nehmen. Die Staatsregierung fordert den Bund erneut auf, die Laufzeit der drei derzeit noch laufenden Kernkraftwerke mindestens bis 31. Dezember 2024 zu verlängern.

2. Der Bund muss zudem sicherstellen, dass die für die Stromversorgung notwendigen Kohle- und Mineralölkraftwerke zügig an den Markt zurückkehren. Bisher sind lediglich zwei Kohlekraftwerke aus der Netzreserve wieder in den Normalbetrieb übergegangen. Deshalb müssen dringend die Bestimmungen des Ersatzkraftwerkbereithaltungsgesetzes und der entsprechenden Verordnungen überprüft werden. Dies ist auch eine Forderung der vier Übertragungsnetzbetreiber im aktuellen Sonderbericht (Stresstest).

3. Die Staatsregierung fordert den Bund auf, zügig die von Bayern geforderten Anpassungen im Bundesimmissionsschutzgesetz zum Fuel Switch auf den Weg zu bringen (BR-Initiative 357/22). Nötig ist zudem eine entsprechende finanzielle Förderung der Unternehmen.

4. Mit Blick auf die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren hat der Bund mit dem LNG- Beschleunigungsgesetz eine Blaupause geschaffen. Die Staatsregierung fordert den Bund auf, die Ausweitung der dort vorgesehenen Maßnahmen (z.B. Ausnahmen von der Umweltverträglichkeitsprüfung, Erleichterung der Prüfverfahren, Verkürzungen der Auslegungs- und Einwendungsfristen, fakultative Erörterungstermine, vereinfachte Vergabeverfahren) auf weitere Bereiche und Verfahren zu prüfen.

5. Notwendig ist, die Biogas-Potenziale konsequenter zu nutzen. Die aktuell vom Bund auf den Weg gebrachten Anpassungen gehen nicht weit genug. Daher müssen die derzeit für Biogasanlagen vorgesehenen Verbesserungen der Förderbedingungen (höherer Anteil der Stromproduktion wird fest vergütet) auch für die gesamte Biomasse und auch für Biomethan ausgedehnt werden. Dadurch kann mehr Strom, Wärme und Gas erzeugt werden, die im kommenden Winter dringend benötigt werden. Auch müssen die Vorgaben zur Vergärungsdauer aufgehoben werden und die Genehmigungsregeln im Bundesimmissionsschutzrecht angegangen werden.

6. Aus Sicht der Staatsregierung bedarf es eines eigenen Ausschreibungssegmentes für die Agri-PV sowie höherer Fördersätze und verbesserter Fördervoraussetzungen bei der Parkplatz- und Floating-PV. Die Staatsregierung fordert den Bund zudem auf, ein bundesweites PV-Speicherprogramm nach bayerischem Vorbild einzurichten.

7. Die finanzielle Beteiligung der Kommunen an Windenergieanlagen und PV-Freiflächenanlagen nach dem EEG muss erhöht werden. Auch die Einführung einer bundeseinheitlichen Regelung zur direkten Bürgerbeteiligung muss vom Bund geprüft werden.

8. Die Staatsregierung fordert den Bund bei der Geothermie auf, die Mittel für die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze substanziell aufzustocken, um eine flächendeckende Transformation bei Wärmenetzen zu ermöglichen. Außerdem ist der Bund gefordert, ein Modell für eine zusätzliche Fündigkeitsversicherung zu entwickeln, um der Tiefengeothermie außerhalb der bisher gut erschlossenen Gebiete (wie z.B. in Südbayern) zum Durchbruch zu verhelfen.

9. Bayern fordert schon lange, parallel zum Hochlauf der Erneuerbaren Energien gesicherte Kraftwerksleistungen als Sicherheitspuffer aufzubauen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Diese Kraftwerke müssen perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden können. Der Bund muss nun endlich Vorschläge für eine entsprechende Reform des Strommarktes vorlegen. Ansonsten fehlt ein zentrales Element auf dem Weg zu einem klimaneutralen Stromsystem.

10. Die Staatsregierung fordert den Bund zudem auf, endlich wirtschaftlich angemessene Rahmenbedingungen für Pumpspeicherkraftwerke zu schaffen.

11. Die Staatsregierung fordert den Bund zudem auf, endlich einen konsistenten und ambitionierten Plan zum Aufbau eines deutschen und europäischen Wasserstoffnetzes vorzulegen. Der Anschluss der Industrieländer im Süden Deutschlands muss dabei die gleiche Priorität haben wie der Westen und der Norden. Bayern benötigt dabei nicht nur einen Anschluss von Norden, sondern auch aus dem Süden Europas. Der Bund wird zudem aufgefordert, sich bei der EU für einen sinnvollen Regulierungsrahmen einzusetzen, der die vorherrschenden deutschen Betreibermodelle bei den Ferngasnetzbetreibern angemessen berücksichtigt und den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nicht von vornhinein abwürgt.