Weber im Interview

„Ich will einen neuen Stil“

Manfred Weber
Manfred Weber

Der EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl und stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber hat im FOCUS-Online-Interview klar Position bezogen: Nein zu einem EU-Beitritt der Türkei und Ja zu einem demokratischeren Europa, das seine Bürger mitnimmt.

„Wir müssen auf jeden Fall die europäischen Positionen bündeln“, forderte Weber. Nur dann habe die europäische Stimme international weiter Gewicht. „Wir müssen den Wirtschafts-Giganten Europa im nächsten Schritt auch zum politischen Giganten machen.“

Echte Demokratisierung der EU

Weber pocht auf eine „echte Demokratisierung“ der Europäischen Union: „Raus aus den Hinterzimmern, rein ins Parlament! Die Menschen wählen, wer dort sitzt.“ Dort werde am Ende auch entschieden, in welche Richtung der Kontinent gehe. „Ich will ein demokratisches Europa, das in den Händen der Wähler liegt.“ In der EU will Weber ein neues Kapitel aufschlagen: „Schluss mit der Schwarzmalerei, Schluss mit den Negativ-Debatten, die wir seit zehn Jahren führen. Euro-Krise, Migrationskrise, Brexit. Wir brauchen Lust auf Zukunft, Lust aufs Gestalten. Dafür will ich werben, das will ich mit den Bürgern gemeinsam umsetzen. Und ich will einen neuen Stil.“

Freiheit und Wohlstand durch die EU

Die Europäische Union hat für Weber klare Vorteile: „Wir leben auf einem freien und wohlhabenden Kontinent inmitten von Freunden, uns Deutschen geht es wirtschaftlich so gut wie noch nie. Auch dank Europa. Wer’s nicht glaubt, kann ja mal nach Großbritannien schauen.“ Das könne man auch der „deutschen Brexit-Partei, der AfD“, entgegenhalten. „Die EU in Frage zu stellen, bringt wirtschaftliche Unsicherheit und politisches Chaos.“

Unternehmenssteuern für Internet-Giganten

Bei den Unternehmenssteuern erwarteten die Menschen zu Recht, dass die Europäische Union über Mindeststeuern für Konzerne in Europa rede, so Weber. „Wir müssen endlich sicherstellen, dass internationale Konzerne, auch die Internet-Giganten, ihren Anteil an der Finanzierung unseres Gemein- und Sozialwesens leisten. Das kann so nicht weitergehen, weil hier offensichtlich eine große Ungerechtigkeit besteht.“

Keine europäische Arbeitslosenversicherung und kein Türkei-Beitritt

Eine von den Sozialdemokraten geforderte Arbeitslosenversicherung in Europa lehnt Weber strikt ab. „Sozialsysteme sind richtigerweise national ausgerichtet, weil sie für die Leistungsfähigkeit eines Landes stehen, für die jeder selbst verantwortlich ist.“ Auch ein EU-Beitritt der Türkei kommt für den EVP-Spitzenkandidaten nicht in Frage: „Mit mir als Kommissionspräsident werden wir die Beitrittsverhandlungen beenden. Da müssen wir uns ehrlich machen.“

Schutz der Außengrenzen

Eine funktionierende Grenzsicherung, der Schutz der Außengrenzen, der Kampf gegen Schleuser und illegale Migration sei die Vorbedingung für alles andere. „Wir müssen wissen, wer sich auf europäischem Boden befindet“, stellte der EVP-Spitzenkandidat klar. „Aber dann darf Europa sich nicht abschotten, sondern muss weiter schutzbedürftigen Menschen helfen – kontingentiert und zeitlich begrenzt.“ In der Flüchtlingspolitik sei Balance gefordert, so Weber abschließend.