Seehofer im FAZ-Interview

Dialog und Toleranz, Maß und Mitte

PV Interview Bayernkurier

CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer hat im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) deutlich gemacht: „Deutschland ist kulturell über die Jahrhunderte nicht durch den Islam geprägt, sondern durch das Christentum. Das kann niemand im Ernst bestreiten. Aber selbstverständlich gehören die bei uns lebenden Muslime zu Deutschland. Zur Staatsraison gehört die Toleranz gegenüber den verschiedenen Kirchen und Religionsgemeinschaften.“

Integration durch Dialog

Seehofer kündigte an, die Islamkonferenz wiederaufleben zu lassen, um den Dialog und die Toleranz zwischen den Religionen und Kulturen zu fördern. Diese soll im November stattfinden. „In der Zusammensetzung werden wir darauf achten, auch Menschen einzubeziehen, die nicht in den offiziellen Organisationen der Muslime engagiert sind. Wir werden versuchen, die Vielfältigkeit der deutschen Muslime und den einen oder anderen Bürger hinzuzuholen. Mitten aus dem Leben, nicht nur Funktionäre. Da lernt man am meisten. Und wir werden uns mit den alltäglichen Lebensfragen der muslimischen Menschen hier in Deutschland beschäftigen“, so Seehofer.

Maß und Mitte in der Migrationspolitik

Für den Parteivorsitzenden sei klar, dass Deutschland ein weltoffenes und liberales Land sei und in Not geratenen Menschen daher immer geholfen habe: „Aber diesen liberalen Kurs kann man nur durchhalten, wenn wir das Land nicht überfordern. Wer behauptet, wir seien unbegrenzt aufnahmefähig, lügt die Menschen an. Mich lenkt die Verantwortung als Politiker, ich kann nicht verantworten nur einer Gesinnung nachzugehen. Ich folge bei der Migrationspolitik Maß und Mitte. Ich will das Land nicht abschotten. Seit dem berühmten September 2015 haben sich Deutschland und Europa Schritt für Schritt in dieser von mir gewollten Richtung bewegt.“

Mehr Bundeskompetenz bei Abschiebungen

Seehofer bekräftigte, dass er dem Vorschlag, der Bund solle künftig mehr Kompetenz bei Abschiebungen haben, offen gegenüberstehe: „Ein wichtiger Punkt sind die Passersatzpapiere. Oft scheitern Abschiebungen, weil den betroffenen Personen die Pässe fehlen. Dem Bund fällt es leichter als einem Bundesland, diese Papiere von den Herkunftsländern zu bekommen, weil wir außenpolitische Kontakte haben. Zu klären wäre allerdings im Gespräch mit den Bundesländern, ob der Bund auch noch die ausländerrechtlichen Verfahren bei Gefährdern übernehmen sollte.“

Bekämpfung illegaler Migration

Wichtig sei auch die Bekämpfung illegaler Migration. Als Bundesinnenminister verhandelt Seehofer dazu aktuell mit anderen betroffenen Ländern: „Wir sind genau im Fahrplan. Der Wille der Beteiligten ist überall vorhanden. Das gilt auch für das in dieser Hinsicht besonders wichtige Land Italien. Die anderen Länder wollen natürlich im Gegenzug etwas von uns. Die Erwartung ist vielmehr, dass wir Flüchtlinge aus den Ländern aufnehmen, die uns Asylsuchende abnehmen. Es besteht zudem der Wunsch, eine trilaterale Vereinbarung zwischen Deutschland, Italien und Österreich zu schließen. Wenn nichts Gravierendes passiert, können wir Ende Juli oder Anfang August sagen, ob es klappt.“

Legale Zuwanderung von Fachkräften

Um dem Fachkräftemangel in einigen Berufssparten entgegenzuwirken arbeite das Bundesinnenministerium derzeit mit dem Bundeswirtschafts- und Bundesarbeitsministerium zusammen. Ein Gesetzesentwurf könnte noch Ende des Jahres im Kabinett beschlossen werden. „Das wäre eine Möglichkeit, legale Zuwanderung zu ermöglichen, die unsere Wirtschaft braucht. Wichtig wäre mir, dass es ein einfaches Verfahren ist, dass wir aber auch Pulleffekte vermeiden. Nicht, dass jeder, der einen Asylantrag gestellt hat, dann zum Arbeitsnachfrager wird. Dann bekämen wir nämlich einen unendlichen Nachschub an Asylbewerbern. Außerdem soll es vor allem um die Fachkräfte gehen, die wir im dualen Ausbildungssystem brauchen, also Praktiker: Metzger, Bäcker, Handwerker. Die IT-Spezialisten sind gar nicht das Problem.“