Verfassungsschutzbericht 2017

Seehofer: Linksextremismus gestiegen

CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer hat den Verfassungsschutzbericht 2017 vorgelegt: „Der Verfassungsschutzbericht zeigt, die Herausforderungen des Jahres 2017 waren komplex und es lässt sich bereits heute sagen, dass die Aufgaben im Jahre 2018 nicht weniger geworden sind.“

Anhaltende Bedrohung durch den Islamismus und den islamistischen Terrorismus

„Mit 774 islamistischen Gefährdern zählen wir in diesem Bereich heute so viele Personen wie nie zuvor, denen wir die Begehung schwerer Straftaten zutrauen“, so der Innenminister zur anhaltenden Bedrohung durch den Islamismus und den islamistischen Terrorismus. Seehofer: „Wie gehen wir nun damit um? Erstens: Unsere Sicherheitsbehörden beobachten diese Personen genau, um Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. Zweitens: Sobald möglich wird eine strafrechtliche Verfolgung angestrebt. Und drittens ist die konsequente Abschiebung von Gefährdern ein elementarer Baustein für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit in Deutschland. Diese Strategie ist offenbar auch erfolgreich. In einer Reihe von Fällen haben wir im letzten Jahr Anschlagsplanungen aufgedeckt oder Anschlagsvorhaben vereitelt, die sich bereits in einem ganz konkreten Vorbereitungsstadium befanden. Doch bei Abschiebungen von Gefährdern müssen wir noch ein Stück besser werden.“ Den jüngst geäußerte Vorschlag, der Bund solle generell die Abschiebung von Gefährdern übernehmen ist nach Seehofers Auffassung überlegenswert: „In enger Abstimmung mit den Ländern und dort, wo die Länder einverstanden sind kann ich mir vorstellen, dass der Bund noch mehr als jetzt tut.“

Bekämpfung von internationalem Terror

Laut Verfassungsschutzbericht sind den Sicherheitsbehörden mehr als 1.000 Personen bekannt, die sich in Syrien oder dem Irak islamistischen Gruppierungen angeschlossen haben. „Rund ein Drittel dieser Personen sind nach Deutschland zurückgekehrt“, so Seehofer: „Hier geht es vor allem darum, äußerst sorgfältig die Gefahr zu beurteilen, die von diesen Personen ausgeht. In jedem Einzelfall müssen sich die Sicherheitsbehörden fragen, welche Maßnahmen sie ergreifen – von der strafrechtlichen Verfolgung, der Ansprache von Polizei und Verfassungsschutz über ausländerrechtliche Maßnahmen bis zur Herstellung des Kontakts mit anderen Behörden wie Jugendämtern und Arbeitsagenturen. Mehr Sicherheit können wir nur in Zusammenwirken von Repression und Prävention erreichen. Maßnahmen der Prävention und Deradikalisierung sind daher ein fester Bestandteil unseres Gesamtansatzes zur Bekämpfung von islamistischen Extremismus und Terrorismus.“

Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz

Im Jahr 2017 wurde ein Anstieg an antisemitisch motivierten Straftaten festgestellt. Diese Fälle zu bekämpfen sieht Seehofer als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an: „Es ist die Aufgabe von Politik und Behörden auf allen Ebenen, aber auch von Schulen und Universitäten, von Medien und gesellschaftlichen Akteuren, und letztlich auch die Aufgabe von jedem aufgeklärten Bürger, deutlich zu machen, dass antisemitische Hetze, egal ob sie rechtsextremistischen, linksextremistischen oder islamistischen Ursprungs ist in Deutschland nicht geduldet wird. Antisemitische Vorfälle der letzten Zeit wie die Angriffe auf Kippa-tragende Männer oder antisemitisches Mobbing an Schulen sind inakzeptabel. Auf deutschem Boden ist für Judenhass kein Platz.“

Linksextremismus hat stark zugenommen

Einen starken Anstieg verzeichnete das Bundesinnenministerium bei linksextremistischen Gewalttaten – insbesondere aufgrund der Gewaltausschreitungen rund um den G20-Gipfel in Hamburg Anfang Juni 2017. Seehofer: „Der Protest gegen den Gipfel zeigte ein bisher beispielloses Mobilisierungspotential aller Strömungen des deutschen Linksextremismus. Es kam zu den gewalttätigsten Ausschreitungen der letzten Jahre. Über 230 Polizeibeamte wurden dabei verletzt. Diese Gewaltbereitschaft ist alarmierend.“ 2017 habe man 9.000 gewaltbereite Linksextremisten gezählt. Dies sei ein neuer Höchststand.

Insgesamt sei die Zahl linksextremistisch motivierter Gewalttaten im Jahr 2017 um 37 Prozent auf 1.648 Straftaten angestiegen. Um über 65 Prozent seien die Übergriffe auf Polizeibeamte angestiegen auf 1.135 Fälle. Seehofer bekräftigte: „Ich sage heute erneut: Zustände wie in Hamburg dürfen sich in Deutschland nicht wiederholen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Strafverfolgungsbehörden gegen die Gewalttäter von Hamburg entschlossen vorgehen.“

Weniger rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten

Im Bereich des Rechtsextremismus seien die Zahlen derjenigen Personen gestiegen, welche sich keinen klassischen, festen Strukturen zuordnen lassen. Im Jahr 2017 schätzte das Bundesinnenministerium die Zahl an Rechtsextremisten in Deutschland auf 13.000 Personen, die weitgehend unstrukturiert seien.

Die Zahl an rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten sei hingegen von 1.600 auf 1.054 im Jahr 2017 (minus 34 Prozent) gegenüber dem Vorjahr gesunken. Seehofer: „Das ist auch ein Erfolg der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden. So konnten beispielsweise nach umfangreichen Ermittlungen mehreren Mitgliedern der Gruppe Freital Sprengstoffanschläge auf Asylunterkünfte nachgewiesen werden. Im März dieses Jahres wurden sie wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung und wegen versuchten Mordes zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.“

Die Gewaltbereitschaft in der rechtsextremistischen Szene sei weiterhin hoch. „Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremisten ist im Jahr 2017 erneut angewachsen und hat mit 12.700 Personen den Höchststand seit der erstmaligen Erfassung im Jahr 2014 erreicht“, resümierte Seehofer.

Konsequente Bekämpfung von Cybercrimes und Spionage

„Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird national wie international weiterhin einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung und Abwehr der zumeist sehr komplexen Cyberangriffe leisten und sich auf diese Herausforderungen personell und technisch weiter einstellen. Wir treten jeglichen Versuchen von Spionage und politischer Einflussnahme mit aller Entschiedenheit entgegen“, sagte Seehofer. Laut Verfassungsschutzbericht konnten im Jahr 2017 34 Ermittlungsverfahren (im ersten Halbjahr 2018 weitere zehn) vom Generalbundesanwalt wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit neu eingeleitet werden. Außerdem wurden vier ausländische Agenten (im ersten Halbjahr 2018 ein weiterer) wegen Spionagetätigkeiten zu teils mehrjährigen Haftstrafen rechtskräftig verurteilt werden.