Klartext von CSU-Generalsekretär Markus Blume

Die entscheidende Phase

Die Ungeduld nach einem Jahr Corona ist überall spürbar. Familien empfinden die Kombination von Home-Office und Home-Schooling verständlicherweise als Belastung. Unternehmer, die seit Monaten ihren Betrieb zu haben, sehen sich in existenziellen Nöten. Die Akzeptanz der Maßnahmen bröckelt. Das müssen wir ernst nehmen und das nehmen wir ernst!

Leider hat es obendrein bei der Unterstützung für die Unternehmer in den letzten Wochen gehakt. Ich kenne Betriebe, die im Februar immer noch auf die Novemberhilfe warten. Das ist ein unhaltbarer Zustand. Deutschland muss hier auch aus dem Bürokratieschlaf erwachen, der unnötig bremst. Und die EU-Kommission darf nur noch das versprechen, was sie auch halten kann. In dieser Phase ist das Erwartungsmanagement fundamental. Die Kombination von mehr versprechen und weniger liefern ist in der Politik immer toxisch, weil das zu großer Enttäuschung führt.

Balance halten ohne Blaupause

Für die Bewältigung der Corona-Krise ist leider keine Blaupause vorhanden. Jeden Tag gab und gibt es ein Ringen um den richtigen Kurs und die richtige Balance, es werden auch Fehler gemacht. Aber es musste und muss alles täglich neu erarbeitet werden. Unter diesen schwierigen Umständen konnten wir mit dem Kurs von Angela Merkel und Markus Söder viele Leben retten und das Land trotzdem am Laufen halten. Der Kurs von Vorsicht und Umsicht gilt auch unverändert. Ein Kurs, der immer aktualisiert und den Gegebenheiten angepasst wurde und dem die meisten Menschen vertrauen. Damit ist Bayern gut gefahren, und dabei bleibt es auch.

Wir kommen jetzt in eine ganz entscheidende Phase bei der Corona-Bewältigung. Die Gesamtlage ist wegen der Virus-Mutationen noch nicht entspannt, das sieht man etwa in Dänemark, Tschechien oder Tirol. Wir sind noch nicht über den Berg. In manchen Teilen Deutschlands baut sich laut Virologen schon eine dritte Welle auf. Die Gefahren durch die Mutationen nehmen dramatisch zu. Wir müssen alles tun, damit wir keine Wiederauflage des vergangenen Jahres bekommen.

Gute Nachrichten

Zum Glück haben wir heute ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung: bessere Hygienekonzepte, wirksame FFP2-Masken und, was noch viel entscheidender ist: Wir können umfänglich testen und impfen. Die Kombination, mehr zu testen und schneller zu impfen, ist unser Ticket auf dem Weg zur Normalität. Wir sollten dieses Ticket so schnell wie möglich lösen, das heißt: die Testkapazitäten in Deutschland weiter hochfahren und gleichzeitig alles tun, dass mehr und zügiger geimpft wird.

Die gute Nachricht ist außerdem, der Lockdown hat gewirkt und die Zahlen der Infizierten und auch der Toten gesenkt. Langsam zeigen auch die Impfungen erste Wirkung: Fast 6 Millionen haben zumindest die erste Impfdosis schon erhalten. Das Risiko, an Corona zu erkranken, hat sich insbesondere für die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und die über 80-jährigen verringert. Die Inzidenz in den obersten Altersklassen ist zuletzt gesunken – von 200 auf 70 innerhalb weniger Wochen. Unsere Strategie, die Verwundbarsten zuerst zu impfen, geht auf.

Perspektiven geben, aber differenziert

Deshalb ist es jetzt auch an der Zeit, den Menschen wieder Perspektiven zu geben und sie zu unterstützen. Das ist geschehen – und zwar regional differenziert. Wir haben in Bayern die besten Landkreiswerte in Deutschland mit einer Inzidenz von 10. Wir haben aber auch in einigen Grenzregionen die Landkreise mit der höchsten Inzidenz. Deswegen ist es sinnvoll, in einzelnen Bereichen – Kitas, Schulen, Gärtnereien, Handel – Perspektiven einzulösen. Anderswo ist Vorsicht nach wie vor der alleinige Maßstab.

Was die weiteren Schritte angeht: Alles, was an Impfstoff da ist, muss verimpft werden, vorrangig für Lehrer und Erzieher. Das Impfen muss noch niederschwelliger möglich werden. In den Impfzentren müssen die Kapazitäten jetzt deutlich hochgefahren werden. Und für eine echte Massenimpfung in der Fläche brauchen wir dann auch die Hausärzte.

AstraZeneca ist hochwirksam

Ein Wort noch zur Skepsis vieler Menschen bezüglich des Impfstoffs von AstraZeneca: Auch das ist ein hochwirksamer Impfstoff! Viele lassen sich hier durch den niedrigeren Wirksamkeitswert irritieren. Bei Biontech lag die Wirksamkeit bei 95 Prozent, bei AstraZeneca bei 70 Prozent. Doch dieser Wert gibt nur an, wie stark die Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu Ungeimpften sinkt, bei Ansteckung überhaupt irgendwelche Covid-19-Symptome zu entwickeln. Wichtig ist aber: kein einziger der in den Zulassungsstudien mit AstraZeneca zweifach Geimpften entwickelte schwere Covid-Symptome und musste ins Krankenhaus, wenn er sich ansteckte!

Studien weisen zudem daraufhin, dass die Wirksamkeit von AstraZeneca auf 80 Prozent steigt, wenn man mit der zweiten Dosis länger wartet als bisher vorgeschrieben. Dazu kommen jetzt erste Hinweise aus Schottland, dass das AstraZeneca-Mittel schon nach der ersten Dosis schwere Verläufe weitgehend verhindert. Es ist also völlig absurd, dass der Impfstoff von AstraZeneca jetzt quasi wie ein Ladenhüter behandelt wird. Da muss man auch mit manch einer Desinformation aufräumen, die möglicherweise sogar aus dem Ausland gesteuert ist. Astrazeneca ist kein Impfstoff zweiter Klasse! Jeder derzeit zugelassene Impfstoff schützt gut vor schweren und schwersten Krankheitsverläufen und rettet Leben.

Blick voraus

Wir brauchen weiter kollektive Klugheit! Jede Erleichterung kann nur auf Bewährung stattfinden. Es bleibt dabei: Den Takt gibt nicht die Politik vor, sondern das Virus. Im Zweifelsfall für Sicherheit und Gesundheitsschutz zu entscheiden, war immer richtig. Mehr Perspektive für Öffnungen ist gut. Aber für eine generelle Kursänderung gibt es keine Grundlage – ganz im Gegenteil.