Neuaufnahmen beim Immateriellen Kulturerbe

Füracker: Wachstum der kulturellen Vielfalt Bayerns

„Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes wächst wieder: 10 kulturelle Ausdrucksformen sind jetzt neu aufgenommen. Unsere kulturellen Schätze wie Bräuche, Feste, Musik, Naturwissen und traditionelle Handwerkstechniken sind wichtiger Bestandteil unserer Heimat. Das Verzeichnis macht diese kulturelle Vielfalt auf besondere Weise für alle sichtbar. Insgesamt enthält es nun schon 66 Eintragungen“, betont Finanz- und Heimatminister Albert Füracker anlässlich der Neuaufnahmen. „Die Pflege und der Erhalt der Traditionen genießen in Bayern einen sehr hohen Stellenwert. Der vielfältige kulturelle Schatz wird von unzähligen engagierten Bürgerinnen und Bürgern bewahrt und weitergegeben – ihnen gilt mein herzlichster Dank! So bleiben die Traditionen lebendig“, freut sich Füracker.
 

Die Neuaufnahmen in das Bayerische Landesverzeichnis sind:

Betrieb der Mainfähren in Franken:
Für den Betrieb der Mainfähren in Franken wird von den Fährleuten umfangreiches Wissen über spezifische Strömungen, Wind und Sog, Hoch- und Niederwasser, Schiffsverkehr und Freizeitnutzung am jeweiligen Mainabschnitt von Generation zu Generation weitergegeben. Als Direktverbindungen unterstützen die Mainfähren die soziale Verbundenheit der Einwohner der flussnah gelegenen Ortschaften.

Coburger Friedensdankfest in Meeder:
Das Coburger Friedensdankfest in Meeder findet jährlich im August statt. Nach einem Festgottesdienst gibt es ein Marktfest mit Vorträgen, Konzerten und Ausstellungen unter dem Motto „Frieden“. Das Fest geht auf eine Anordnung des Herzogs Friedrich Wilhelm II. von Sachsen-Altenburg aus dem Jahr 1650 zurück, der nach Ende des Dreißigjährigen Krieges für die gesamte Region Friedensfeste anordnete.

Handweben:
Beim Handweben handelt es sich um die Herstellung von Geweben an Webrahmen, Flachwebstühlen oder anderen nichtmaschinellen Webgeräten durch die rechtwinkelige Verkreuzung von Fäden auf einer oder mehreren Ebenen. Das Handweben gehört zu den sehr alten Kulturtechniken; heute wird es vor allem im Kunsthandwerk und als Hobby ausgeführt.

Holzbildhauerschulen in Bayern – Vermittlung von tradiertem Handwerk und dessen Weiterentwicklung (Gutes Praxisbeispiel):
Die fünf Fachschulen für das Holzschnitzer- und Holzbildhauerhandwerk stellen ein herausragendes Beispiel für die Vermittlung von Wissen und Können um traditionelle Handwerkstechniken dar. Die Schulen in Berchtesgaden, Bischofsheim, Garmisch-Partenkirchen, München und Oberammergau wurden im 19. und frühen 20. Jahrhundert zur Strukturförderung gegründet.

Holzkirchener Kerzenwallfahrt zum Bogenberg:
Die Holzkirchener Kerzenwallfahrt zum Bogenberg ist eine seit dem 15. Jahrhundert nachweisbare Fußwallfahrt von Laien an Pfingsten. Ihr voraus geht die Herstellung der etwa zwölf Meter langen Kerze, genannt „Lange Stang“, für die ein Fichtenstamm mit Wachsschnüren umwickelt wird. Die Wallfahrt trägt zu einem regionalen Zugehörigkeitsgefühl bei und ist in vielfältige profane Bräuche und Handlungen eingebunden.

Kirchseeoner Perchtenlauf:
Der Kirchseeoner Perchtenlauf ist ein winterlicher Umzugsbrauch, bei dem eine Gruppe aus unterschiedlich maskierten Gestalten an bis zu elf Terminen von der Adventszeit bis zum 6. Januar durch die Gemeinde zieht und Tänze, Gesänge und Sprüche aufführt. Er fand erstmalig im Winter 1953/54 zur Förderung des Fremdenverkehrs statt. Die Masken, Kostüme, Requisiten und Abläufe lehnen sich teilweise an ältere Brauchgestalten und -formen an oder sind neu erfunden.

Münchner Marionettentheater:
Das Münchner Marionettentheater kann auf eine über 160-jährige Geschichte zurückblicken. Es war das erste feste Puppentheater in Deutschland. Berühmt geworden sind die spezifische Figur des Kaspers Larifari und die extra für das Theater geschriebenen Stücke von Franz Graf von Pocci.

Nördlinger Stabenfest:
Beim Nördlinger Stabenfest ziehen Schulkinder alljährlich an einem Montag im Mai in einem Festzug durch die Altstadt zum Marktplatz, wo Gedichte und Lieder vorgetragen werden. Die heutige Form als Bürger- und Volksfest entwickelte sich im 19. Jahrhundert. Zentrale Bestandteile sind der „Stabengucker“ (eine mit Süßigkeiten gefüllte Tüte), das „Stabenlied“, das „Stabenklettern“ (Erklimmen eines Baumstammes) und die „Stabenwurst“.

Oktoberfest-Landesschießen und Oktoberfest-Armbrust-Landesschießen:
Seit dem 19. Jahrhundert wird mit dem Oktoberfest-Landesschießen im Rahmen des Münchner Oktoberfests ein Preisschießen veranstaltet, das heute für alle Interessierten zugänglich ist und mit Luftdruckwaffen ausgeführt wird. Zugleich wird das Oktoberfest-Armbrust-Landesschießen abgehalten. Zum Abschluss des Oktoberfestes findet das „Abböllern“ statt, der Ehrensalut der Münchner Böllerschützen auf den Stufen unterhalb der Bavaria.

‚Schwedenprozession‘ und Laienfreilichtspiel/‚Heimatspiel‘ „Die Schutzfrau von Münnerstadt“:
Mit der ‚Schwedenprozession‘ und dem Laienfreilichtspiel bzw. ‚Heimatspiel‘ „Die Schutzfrau von Münnerstadt“ wird in Münnerstadt an die glücklich überstandene Belagerung durch schwedische Truppen während des Dreißigjährigen Krieges erinnert. An dem Laienschauspiel beteiligen sich ca. 200 Mitwirkende. Durch ein als Kulisse dienendes Fachwerkhaus ist das Schauspiel im Stadtbild präsent.


Seit 2003 stellt die UNESCO im Rahmen des „Übereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes“ kulturelle Ausdrucksformen in den Fokus der Öffentlichkeit. Überall auf der Welt sollen überliefertes Wissen und Können, die einen wesentlichen Bestandteil unserer Alltagskulturen ausmachen, als immaterielles Kulturerbe sichtbar gemacht sowie Maßnahmen unterstützt werden, die zur Erhaltung und Weiterentwicklung geeignet sind. Bis heute sind 180 Staaten dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beigetreten. Deutschland ist seit 2013 Vertragsstaat.

Neben dem Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes gibt es in Bayern ein eigenes Landesverzeichnis. Die nächste Bewerbungsrunde startet voraussichtlich am 1. April 2023.