Rekordsumme für Entwicklungshilfe

Müller: Vier Säulen der Entwicklungspolitik

Der Bund gibt im Jahr 2019 mehr Geld denn je für Entwicklungshilfe aus. 10,25 Milliarden Euro stehen dem Bundesentwicklungsministerium zur Verfügung – ein Plus von 800 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller betonte im Interview mit der Berliner Zeitung, wie wichtig moderne Entwicklungspolitik ist: „Die Globalisierung macht immer deutlicher, dass alles mit allem zusammenhängt: unser Reichtum mit der Ausbeutung Afrikas, unser Konsumverhalten mit dem Klima weltweit. Was gestern weit weg schien, betrifft uns heute unmittelbar. Wir müssen entschlossen auf die globalen Herausforderungen antworten. Deswegen richten wir unsere Zusammenarbeit neu aus.“ An vier Säulen soll sich die Entwicklungspolitik ausrichten.

Erste Säule: Erfolg durch eigene Leistung

Müller stellte fest: „Wir können die Probleme der Welt nicht mit öffentlichem Geld lösen. Erfolg beruht auf eigener Leistung. Unsere Partnerländer müssen selbst mehr leisten, zum Beispiel beim Aufbau von Steuerbehörden. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist gute Regierungsführung. Deshalb beobachten wir genau, ob es bei den Menschen- und Frauenrechten und im Anti-Korruptionskampf messbare Fortschritte gibt. Wenn nicht, werden wir die Zusammenarbeit kürzen oder im Extremfall auch beenden.“

Zweite Säule: Hilfe durch innovative Lösungen

Mit den öffentlichen Geldern müsse Deutschland Zukunftslösungen anstoßen und Leuchttürme schaffen. „Afrika kann der Kontinent Erneuerbarer Energien werden, mit deutscher Technologie. 600 Millionen Menschen haben aber noch überhaupt keinen Zugang zu Strom. Wenn dieser gigantische Energiehunger mit Kohle und Öl gestillt würde, können wir unsere Klimaziele vergessen. Hundert Millionen Menschen werden ihre Existenz verlieren. Es würde Hunger und Not und gewaltige Migrationsströme geben. Der Klimaschutz entscheidet sich in Afrika. Noch haben wir eine Chance. Und wir haben Lösungen. Deutschland ist Weltmeister in erneuerbaren Energien. Durch Investitionen in Afrika könnten wir bei uns hunderttausende Arbeitsplätze sichern“, so Müller.

Dritte Säule: mehr privatwirtschaftliche Initiative

In Zusammenarbeit mit Unternehmen, Kirchen, Umweltverbänden und Privatleuten will Müller eine Initiative starten unter dem Motto „Verantwortung übernehmen und selber etwas tun“. Müller: „Wir brauchen mehr privatwirtschaftliche Initiative. Wir müssen der deutschen Wirtschaft Impulse geben, sich auf nach Afrika zu machen. Dort wird in den nächsten zehn Jahren so viel gebaut werden wie die letzten 100 Jahre in Europa: Eisenbahnen, Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Wasser-, Energieversorgung. Afrika ist im Umbruch und im Aufbruch. Und an diesen Investitionen können, sollen und müssen deutsche Firmen teilhaben. Wir sollten das nicht den Chinesen überlassen.“ Müller bedauerte, dass gerade einmal 1.000 von 250.000 exportorientierten deutschen Unternehmen in Afrika aktiv seien. Daher habe man die Rahmenbedingungen für private Investoren verbessert.

Vierte Säule: Fairer Handel

Von besonderer Bedeutung müsse in Zukunft der faire Handel sein, denn am Ende einer Lieferkette stehe immer ein Mensch, der von seiner Arbeit leben müsse. Müller: „Wenn das Kilo Bananen im Geschäft 90 Cent kostet, ist klar, dass dies nicht ohne Sklavenarbeit und Öko-Sünden geht. Das gleiche gilt für Kaffee, Baumwolle und viele andere Lieferketten, die in Afrika, Asien oder Lateinamerika ihren Anfang haben. Wir müssen bereit sein, den Menschen in Afrika, Bangladesch und Ecuador existenzsichernde Löhne zu zahlen.“