Namensartikel von Markus Blume

Das Erbe des Bayernkurier ist digital

Mit dem Siegeszug von Internet und Digitalisierung gibt es heute eine Explosion von Öffentlichkeit. Die politische Kommunikation einer Volkspartei muss auf diese Entwicklung reagieren, fordert CSU-Generalsekretär Markus Blume in einem Namensartikel in der letzten gedruckten Ausgabe des Bayernkurier.

Liebe Leser dieser letzten Ausgabe des „Bayernkurier“, Sie tun gerade etwas, das in der heutigen Zeit ungewöhnlich geworden ist: Sie lesen ein gedrucktes Parteiorgan. Dafür zunächst ein herzliches Dankeschön, vor allem für die zum Teil jahrzehntelange Treue! Bemerkenswert ist es in mehrerlei Hinsicht, denn: Print wird längst abgelöst durch Online. Lesen wird mindestens ergänzt um Sehen und Hören. Und Parteipublikationen als Teil der politischen Kommunikation werden ersetzt durch Parteiplattformen zur politischen Interaktion. Fakt ist: Wir sind gerade Zeugen eines radikalen Medien- und damit auch Politikwandels.

Die revolutionäre Kraft der Digitalisierung

Wann immer sich in der Geschichte ein Strukturwandel von Öffentlichkeit vollzog, veränderte sich auch das politische System. Das Aufkommen der Massenmedien schuf die Voraussetzungen dafür, dass die repräsentative Demokratie in großem Stil erblühen konnte – aber auch die Verbreitung von Ideologien in zerstörerischer Weise möglich wurde. Mit dem Siegeszug von Internet und Digitalisierung gibt es heute geradezu eine Explosion von Öffentlichkeit; es ist quasi ein virtuelles Paralleluniversum entstanden. Öffentlichkeit herzustellen ist nicht mehr die Aufgabe oder das Vorrecht einiger weniger. Jeder kann über soziale Netzwerke in Echtzeit und mit eigenen Inhalten eine Reichweite herstellen, die klassische Medien weit hinter sich lässt. Hatte der „Bayernkurier“ in seinen besten Zeiten eine Leserschaft von knapp 200.000, erreicht heute ein einzelner Beitrag auf den CSU-Online-Kanälen mitunter eine halbe Million und mehr Nutzer. Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte war so viel Information öffentlich, fand so viel Kommunikation statt, war es so einfach wie heute, politische Teilhabe zu ermöglichen.

Markus Blume

Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte war so viel Information öffentlich, fand so viel Kommunikation statt.

Was radikale Öffentlichkeit mit der Politik macht

Allerdings stellen wir auch fest: Informationsvielfalt ist nicht gleich Meinungsvielfalt. Und eine informierte Gesellschaft ist nicht automatisch eine wissende Gesellschaft. Denn Algorithmen und die manipulative Wirkung der Meinungshöhlen sorgen mitunter für eine starke Synchronisierung von Informationen und damit auch von politischen Überzeugungen. Nutzer werden in ihrer eigenen Meinung bestärkt; sie bewegen sich in Echokammern und Filterblasen mit gleichgerichteten Inhalten. Die Wirkung dieser Online-Öffentlichkeit ist somit ambivalent: Wir erleben nicht nur eine Pluralisierung, sondern gegenläufig auch eine Monopolisierung von Meinung. Die Mechanismen der Aufmerksamkeitsökonomie tun dann ihr Übriges. Es werden die Inhalte von den Algorithmen bevorzugt, die bei den Nutzern etwas auslösen: zunächst starke Emotionen (Wut, Empörung), danach dann Interaktionen (Teilen, Kommentieren). In der Logik von Facebook werden so aus Gefühlen Klicks – mit positivem Ergebnis für das Geschäftsmodell, aber mit fragwürdigen Folgen für unser politisches System. Es sollte sich keiner wundern über die Spaltung in unserer Gesellschaft, wenn Online-Plattformen polarisierende Beiträge bevorzugen, ja wenn im Extremfall Hass und Häme „belohnt“ und umgekehrt Maß und Mitte „bestraft“ werden. Anders gesagt: Wenn wir das Aufkommen von Populismus und Extremismus in der Politik zurückdrängen wollen, müssen wir der Radikalisierung und Polarisierung in der öffentlichen Debatte Einhalt gebieten.

Warum es Leitplanken für die digitale Demokratie braucht

Ist Politik nun mit dem Internet demokratischer geworden? Oder ist die Demokratie gefährdeter als früher? Vermutlich liegt die Wahrheit dazwischen: Es kommt darauf an, was wir aus den neuen Möglichkeiten machen. Nach der digitalen Anfangseuphorie – Stichwort „Facebook-Revolutionen“, die autoritäre Systeme zu Fall bringen könnten – merkte man, dass das Konzept von radikaler Öffentlichkeit auch ein gefährliches sein kann. Weil es eben auch von autoritären Systemen nutzbar gemacht wird. Und selbst funktionierende Demokratien zeigen spürbare Erosionserscheinungen aufgrund der Fliehkräfte von radikalisierter Öffentlichkeit. Umso wichtiger ist, dass wir unsere Demokratie mit einem digitalen „Update“ versehen und widerstandsfähig machen. Wir brauchen eine digitale Aufklärung sowie eine wirksame Medienordnung. Es ist höchste Zeit, meinungsbildende Plattformen wie Facebook, die in hohem Maße (Teil-)Öffentlichkeit gestalten, unter die Prinzipien einer Medienregulierung zu stellen. Vielfaltsicherung, Wettbewerbskontrolle und Transparenzgebot sind jedenfalls nicht nur elementare Konzepte für die alte, sondern gerade auch für die neue Medienwelt.

Wie die Zukunft unserer politischen Kommunikation aussieht

Was das alles für die CSU bedeutet? Ob es gar Angst macht? Nein, es treibt uns an! Denn gerade die politische Kommunikation einer Volkspartei muss mit der Zeit gehen, um den Anschluss zu halten. Stammtisch und Twitter schließen sich nicht aus, im Gegenteil. Wir wollen die Debattenhoheit am klassischen Stammtisch ebenso wie am virtuellen. Wir wollen agiler, schneller und begeisternder werden. Kurz: Wir wollen die CSU zur ersten digitalen Volkspartei machen. Das heißt für uns:

  • Auf allen Kanälen von Facebook bis YouTube unsere politischen Überzeugungen vertreten.
  • In Echtzeit unsere Mitglieder über die CSU-App wie über WhatsApp informieren.
  • Mit unseren 140.000 Mitglieder und den neu geschaffenen Online-Beauftragten Reichweite entwickeln und gegen die Bots und Trolle im Netz antreten.
  • Durch neue Formate die junge Generation neu gewinnen.
  • Als CSU auch im Internet authentisch sein und den Grundsatz „näher am Menschen“ leben.

Wie hieß es in der ersten Ausgabe des „Bayernkurier“: Sein Inhalt wird getragen sein von der Liebe zu Bayern, der Treue zu Deutschland und dem Bekenntnis zu Europa. Im Geiste dieses Auftrags müssen wir uns heute alle im Netz engagieren – mit derselben Leidenschaft, wie es unsere Gründungsväter dereinst mit dem „Bayernkurier“ taten.