Namensartikel von Markus Söder

„Wir müssen die Zukunft angehen“

Der CSU-Parteivorsitzende Markus Söder erklärt in einem Namensartikel in der letzten Print-Ausgabe des Bayernkurier, wie sich Kommunikation verändert und warum die CSU zur digitalen Volkspartei werden soll.

Der ‚Bayernkurier‘ wird einer christlichen Kulturpolitik und sozialen Gerechtigkeit das Wort geben. Sein Inhalt wird getragen sein von der Liebe zu Bayern, der Treue zu Deutschland und dem Bekenntnis zu Europa.“ Mit diesen Worten beschrieb der Gründungsherausgeber und erste Chefredakteur des „Bayernkuriers“, Franz Josef Strauß, den Auftrag der damals neuen Zeitung. Der „Bayernkurier“ ist dieser Kursbestimmung über viele Jahrzehnte in herausragender Weise gefolgt. Dafür sage ich allen Akteuren ein herzliches Dankeschön und zolle der publizistischen  Qualität meinen Respekt.

Strauß, damals Generalsekretär, hat frühzeitig die Bedeutung von Kommunikation erkannt. Der „Bayernkurier“ war in der damaligen Zeit die logische Antwort darauf. Mitglieder, Freunde, aber auch eine möglichst große Öffentlichkeit und nicht zuletzt andere Medien mit der eigenen Botschaft zu erreichen und umgekehrt in Leserbriefen der Basis eine Stimme zu geben, war für ihn ein wesentlicher Pfeiler des Prinzips Volkspartei.

Wortgewalt und Intellekt

Nun war es keine grundlegend neue Erfindung, als Partei eine Zeitung herauszugeben. Den „Vorwärts“ der SPD gab es bei der Gründung des „Bayernkuriers“ schon über siebzig Jahre. Und dennoch gelang es dem „Bayernkurier“, sich in der deutschen Zeitungslandschaft einen einzigartigen Ruf zu erwerben. Politiker meiner Generation verbinden den „Bayernkurier“ mit zwei Namen: Franz Josef Strauß und Wilfried Scharnagl. Deren beider Wortgewalt, gepaart mit ausgeprägtem Intellekt und klarer politischer Botschaft sorgten dafür, dass die Medienlandschaft und das politische Deutschland zu manchen Zeiten gespannt auf die nächste „Bayernkurier“-Ausgabe zum Wochenende warteten.

Markus Söder

Die gesamte Medienlandschaft Deutschlands, ja weltweit, erlebt durch das Internet einen tiefgreifenden Umbruch.

Natürlich fragt man sich als einer der Nachfolger von Franz Josef Strauß, sowohl in seiner Funktion als Parteivorsitzender wie auch als Herausgeber des „Bayernkuriers“, wie man der  Verantwortung gegenüber langen Traditionen und gelebter Parteigeschichte am besten gerecht wird. Wie hätte Franz Josef Strauß heute gehandelt? Dabei ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass Strauß – anders als ihn seine Gegner gerne gezeichnet hätten – nie rückwärtsgewandt war. Er war ein Konservativer im besten Sinne, der das Bewährte gerne weitergeführt hat, aber auch nach dem Prinzip handelte, dass das Bessere der Feind des Guten ist. Er war zeitlebens ein moderner Reformer und so war die Gründung einer Parteizeitung im Sommer 1950 ein mutiger und innovativer Schritt. Er machte die CSU kommunikations- und damit reaktionsfähiger.

Genauso entschlossen würde er heute feststellen, dass sich Kommunikation radikal verändert hat – und zwar nicht nur für Parteizeitungen. Die gesamte Medienlandschaft Deutschlands, ja weltweit, erlebt durch das Internet einen tief greifenden Umbruch. Vordergründig hat sich vor allem die Geschwindigkeit verändert. Doch weit einschneidender haben sich die Rollen gewandelt. Jeder kann heute Publizist sein, und tatsächlich, Milliarden von Nutzern sozialer Netzwerke sind es auch. Schließlich hat sich die eindirektionale Distributionsrichtung vom Sender zum Empfänger aufgelöst, indem alle gleichzeitig Empfänger und auch wieder Sender sein können.

Das verändert fundamental auch die politischen Prozesse. Dabei haben gerade wir als Volkspartei die besten Voraussetzungen, uns auf diese neuen Herausforderungen einzustellen. Weil es in unserer DNA liegt, Politik für möglichst alle zu machen und dabei für Akzeptanz in einem großen Teil der Bevölkerung zu werben. Anders als bei einer Klientel- oder Spartenpartei war eine starke Verwurzelung in der Gesellschaft schon immer identitätsbildend für die CSU. Es war von jeher unser Markenzeichen, auf Dialog setzend möglichst viele zu erreichen – näher am Menschen. Wenn es uns gelingt, dieses Qualitätskriterium auf die digitalen Stammtische und virtuellen Marktplätze zu übertragen, sind wir auf dem richtigen Weg.

Wer nichts verändert, wird sehen, dass nichts so bleibt, wie man es sich wünscht. Das gilt für viele Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft, aber mindestens genauso für die Volksparteien. In dramatischem Ausmaß ist bei der SPD zu beobachten, wie Vergangenheitsromantik für die Zukunft lähmt. Man kann erfolgreiche alte Zeiten nicht einfach wiederherstellen, so wie man eine Antiquität restaurieren lässt und sich dann erneut an ihr erfreut. Und auch zu den Antiquitätenläden strömen die Massen am Wochenende nicht, sie fahren zu Ikea.

Markus Söder

Wer erfolgreich sein will, darf nicht ängstlich sein. Wer gewinnen will, der muss sich entsprechend mutig einbringen.

Wettbewerb um Köpfe und Konzepte

Die neuen Herausforderungen annehmen, das gilt für mich als Parteivorsitzender, aber auch als Ministerpräsident. Wir leben im Zeitalter der digitalen Transformation. Entweder gestalten wir sie aktiv mit – oder müssen sie passiv hinnehmen. Der erste Weg ist Erfolg versprechender. Bayern soll ein moderner Medienstandort bleiben. An den Medien vollziehen sich technologische Entwicklungen viel schneller als in anderen Branchen. Die Medien haben sich digitalen Prozessen am schnellsten und unmittelbarsten und auch in einer anderen Tiefe zu stellen. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Zukunft unserer Volkswirtschaft über Technologie entschieden wird. Militärisches Wettrüsten gab es mal. Heute findet ein intensiver Wettbewerb um die schlausten Köpfe, die besten Konzepte statt. Wer erfolgreich sein will, darf nicht ängstlich sein. Wer gewinnen will, der muss sich entsprechend mutig einbringen. Deutschland ist bei dieser Entwicklung viel zu zaghaft.

Diese Veränderungsbereitschaft anzumahnen, war Teil meiner Rede vor wenigen Wochen bei den Münchner Medientagen. Veränderungsbereitschaft müssen auch wir als Partei bei unserer Kommunikation aufbringen. Jeder Funktionsträger der CSU, jedes Mitglied ist aufgefordert, sich weiter im täglichen Lebensumfeld dem Dialog zu stellen. Und wo findet dieser Dialog statt? Auch in Zukunft am Arbeitsplatz, im Fußball-Vereinsheim, im Stadtcafé. Aber immer mehr an den virtuellen Stammtischen. Im digitalen Leben müssen wir genauso ansprechbar sein und für unser Ziele werben wie im analogen. Wir müssen die Zukunft angehen und wollen unsere CSU zur digitalsten Volkspartei machen. Franz Josef Strauß wäre heute der entschiedenste Vorreiter, der uns dazu drängen würde – vielleicht sogar via Instagram oder YouTube.