Positionspapier Unternehmenssteuerreform

Beschluss des MU-Landesvorstands vom 20. September 2018

Das MU-Steuerkonzept „Unternehmenssteuerreform 2018“ zeichnet Grundlagen für Strukturreformen des Steuerrechts auf, mit Schwerpunkt im Bereich der Unternehmensbesteuerung. Es beinhaltet teilweise Ansätze die sich deutlich von den heutigen Rechtsnormen unterscheiden. Diese neuen Ansätze sind bewusst gewählt, da sie Deutschland und die EU dem Ziel nach einem gerechteren, moderneren und unbürokratischeren Steuerrecht näherbringen.

Rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung

Personenunternehmen dürfen aus Wettbewerbsgründen nicht höher besteuert werden als Kapitalgesellschaften mit ihren Anteilseignern. Die Unternehmensbesteuerung ist weiterzuentwickeln, so dass eine wirkliche rechtsformneutrale Besteuerung erreicht wird. Hierzu ist die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG mittelstandstauglich umzugestalten.

  • Eine Nachversteuerung erfolgt erst bei Überentnahme nicht begünstigten Eigenkapitals, d.h. wenn tatsächlich begünstigt besteuerter Gewinn entnommen wird.
  • Freiwillige Nachversteuerung ist jederzeit möglich.
  • Bei der Nachversteuerung darf die Steuerbelastung den Spitzensteuersatz nicht übersteigen.

Besteuerung der digitalen Wirtschaft / in Deutschland nicht ansässiger Unternehmen

In Deutschland nicht ansässige Unternehmen sowie Unternehmen mit internationalen Verflechtungen müssen in Deutschland erwirtschaftete Gewinne in Deutschland versteuern. Das betrifft insbesondere die digitale Wirtschaft. Nichtbesteuerung sowie willkürliche Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen in Niedrigsteuerländer führen zu Wettbewerbsverzerrungen und sind nicht hinnehmbar.

  • Erhebung eines prozentualen Abzugsbetrages bemessen an dem in Deutschland erwirtschafteten Umsatz (analog zu § 50a Einkommensteuergesetz).
  • Einführung einer Deklarationspflicht der in Deutschland erwirtschafteten Umsätze nicht ansässiger Internetunternehmer.
  • Vermeidung von Doppelbesteuerungen durch Doppelbesteuerungsabkommen.

Einkommensteuer / Körperschaftsteuer / Gewerbesteuer

  • Einkommensteuertarif umfassend neu gestalten mit Schwerpunkt auf Entlastung mittlerer Einkommen und nachhaltige Beseitigung der Kalten Progression. Arbeitnehmern im Bereich mittlerer Einkommen werden heute mit bis zu 60% Steuern und Abgaben belastet (100,00 Euro zusätzlicher Nettolohn kostet den Arbeitgeber bis zu 320,00 Euro).
  • Spitzensteuersatz ab 70.000 Euro zu versteuerndes Einkommen
  • Einführung des Tarifs auf Rädern
  • Ehegattensplitting beibehalten
  • Vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags spätestens ab 01.01.2020.
  • Keine Erhöhung des Spitzensteuersatzes
  • Keine Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Zinsen und Dividenden
  • Förderung betrieblicher Investitionen
  • Aktualisierung, Anpassung und Präzisierung der amtlichen AfA-Tabellen für bewegliche Anlagegüter an die Finanzierungsrealitäten. Wiedereinführung einer degressiven Abschreibung.
  • Verkürzung der Abschreibungsdauer von Gewerbe-Immobilien / Bürogebäude im Betriebsvermögen auf 20  Jahre.
  • Anhebung der GWG-Sofortabschreibung auf 2.000 Euro
  • Abschaffung der sogenannten GWG-Poolabschreibung nach § 6 Abs. 2a Einkommensteuergesetz
  • Investitionsabzugsbetrag, Sonderabschreibung § 7g EStG
  • Erweiterung der begünstigten Anschaffungen auf bewegliche und immaterielle Wirtschaftsgüter (digitale Wirtschaftsgüter).
  • Anhebung des Höchstbetrages der Abzugsbeträge auf 250.000 Euro (heute 200.000 Euro).
  • Anhebung der Grenzwerte auf
  • 350.000 Euro Betriebsvermögen bei bilanzierenden Gewerbetreibenden und Freiberuflich Tätigen
  • 175.000 Euro Wirtschaftswert oder Ersatzwirtschaftswert bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft
  • 200.000 Euro je beteiligter natürlicher Person, wenn der Betrieb seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz ermittelt
  • Einführung eines Bagatellgrenze für anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen an Gebäuden von 100.000 Euro innerhalb von 3 Jahren. Darüber hinaus gehende anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen sind auf maximal 15 Jahre abzuschreiben.
  • Modernisierung der Gewerbesteuer, Abschaffung der Hinzurechnungen.
  • Korrektur des steuerlichen Rechnungszinses der betrieblichen Altersvorsorge. Die betriebliche Altersvorsorge ist eine wichtige vermögensgestützte Säule der Altersvorsorge.
  • Einführung Inflationsabwertung bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen beim Verkauf von Immobilien des Betriebsvermögens. Keine Besteuerung von Steuerscheingewinnen.

Umsatzsteuer

  • Einführung einer Nichtbeanstandungsklausel die Steuernachforderungen aufgrund von Formfehlern ausschließt, wenn der Steueranspruch des Staates – trotz des Formfehlers – tatsächlich erfüllt ist oder nicht besteht, analog zur Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 13.b Abs. 8 Umsatzsteueranwendungserlass.
  • Umstellung auf generelle Ist-Besteuerung hinsichtlich des Vorsteuerabzugs und der abzuführenden Umsatzsteuer, dadurch Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug und Steuerhinterziehung.

Mindestforderung:  Anhebung der Umsatzgrenze für Ist-Besteuerung auf 1 Mio. Euro.

  • § 13b UStG für Inlandsumsätze abschaffen. Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft ist systemwidrig und schafft nur Steuerfallen.
  • Nachweispflichten zum innergemeinschaftlichen Handel auf den Prüfstand stellen.
  • Einführung einheitlicher Abgabetermine für Umsatzsteuervoranmeldungen und Zusammenfassende Meldungen zum innergemeinschaftlichen Warenverkehr.
  • Neuordnung und eindeutige Zuordnung der Steuersätze.
  • Anwendung der Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Umsatzsteuergesetz auch bei Einlage des Wirtschaftsgutes in das Betriebsvermögen.

Zeitgemäßes Besteuerungsverfahren, Bürokratieabbau

  • Vereinfachung der gesetzlichen Nachweis- und Dokumentationspflichten.
  • Einheitliche Aufbewahrungs- und Verjährungsfristen.
  • Zeitnahe Steuerveranlagung und Betriebsprüfungen. Begrenzung des Zinslaufs bei Betriebsprüfungen.
  • Schnellere Bearbeitung und Kostenfreiheit verbindlicher Auskünfte der Finanzverwaltung.
  • Modernisierung und Digitalisierung von Besteuerungsverfahren praxisgerecht umsetzen, einschließlich der Kommunikation mit der Finanzverwaltung. Keine einseitigen Vorteile für die Finanzverwaltung durch Digitalisierung.
  • Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Steuerbürger zum dauerhaften Erhalt des Steuersubstrats.
  • Vollverzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen an den Kapitalmarkt anpassen. Einführung eines variablen Zinssatzes der sich am Kapitalmarkt orientiert und jährlich neu festgesetzt wird.
  • Verzicht von leichtfertig erhobenen Steuerstrafvorwürfen gegen Steuerberater und deren Mitarbeiter.

Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben

Zur Stärkung des Forschungs- und Entwicklungsstandorts Deutschland sind die bestehenden Förderprogramme des Bundes und der Länder zu vereinfachen und zu optimieren. Ergänzend ist die Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung für KMU zu prüfen. Diese sollte sich durch folgende Merkmale auszeichnen:

  • Themen- und technologieoffene Förderung zur Entwicklung neuer Produkte und Verfahren die das Unternehmen selbst verwertet (keine Förderung von Auftragsentwicklungen).
  • Eindeutige und einfache Kriterien für die Abgrenzung der FuE-Tätigkeiten von den sonstigen betrieblichen Tätigkeiten und Kosten.
  • Einfacher, unbürokratischer Nachweis der geleisteten FuE-Tätigkeiten.
  • Förderung durch Steuerbonus, der mit laufenden Steuerzahlungen verrechnet werden kann.
  • Festsetzung des Steuerbonus durch Bescheid.
  • Bemessungsgrundlage: Personaleinzelkosten für FuE-Tätigkeiten zuzüglich pauschalem Gemeinkostenzuschlag.