Volksgruppenrecht und das Grüne Band

v.l. UdV-Landesvorsitzender Bernd Posselt, StM a.D. Dr. Ludwig Spaenle, MdL und stv. UdV-Landesvorsitzender Stephan Mayer, MdB

Mit der russischen Aggression gegen Europa sowie weiteren brisanten Europa- und vertriebenenpolitischen Themen befaßte sich die CSU-Arbeitsgemeinschaft "Union der Vertriebenen und Aussiedler (UdV)" bei ihrer Landesvorstandssitzung im Sudetendeutschen Haus in München. Der UdV-Vorsitzende Bernd Posselt, zugleich Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, rief zu einer massiven Unterstützung der existenziell gefährdeten Ukraine sowie zu Verhandlungen über die künftige Sicherheitsstruktur Europas auf. Dabei müsse auch die Demilitarisierung des nördlichen Ostpreußen rings um Königsberg thematisiert werden. Dort habe Rußland eine waffenstarrende Zone aufgebaut, die ganz Mitteleuropa bedrohe.

Der UdV-Landesvorstand begrüßte in einer Entschließung, daß die neue und pro-europäische Regierung der Tschechischen Republik im zweiten Halbjahr nach Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, und appellierte an Prag, der Minderheitenschutzinitiative "Minority Safepack" über "die Hürden zu helfen, die die EU-Kommission gegen die Schaffung eines wirksamen europäischen Schutzes von Volksgruppen und Minderheiten aufgebaut hat." Scharfe Kritik wurde an Polen laut, dessen gegenwärtige nationalistische Regierung den deutschen Volksgruppen im Land, insbesondere in Oberschlesien, "starke Mittelkürzungen zumuten will und ihnen so die Luft zum Atmen nimmt". Warschau wurde aufgefordert, wieder zu den positiven Standards zurückzukehren, die in den früheren Jahren bei der polnischen Minderheitenförderung gesetzt worden seien. Es sei zu begrüßen, daß sich inzwischen der Europarat in Straßburg mit dieser Frage beschäftige.

Sowohl der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer als auch der Minderheiten-Beauftragte der Bundesregierung, Bernd Fabritius, zugleich BdV-Präsident, berichteten in ihrer Eigenschaft als stellvertretende UdV-Landesvorsitzende ausführlich über die aktuellen Entwicklungen in Berlin.

Besonderer Ehrengast des UdV-Landesvorstandes war der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungskultur und geschichtliches Erbe, Ludwig Spaenle MdL. Dieser entwickelte in lebhafter Debatte mit den anwesenden Repräsentanten aller Landsmannschaften eine Fülle neuer Ideen für eine Kooperation mit den Vertriebenenverbänden. Dabei ging es unter anderem um das "Grüne Band" - ein Projekt, das sich von Spitzbergen bis an die Adria hinzieht und die in Jahrzehnten der unmenschlichen Teilung entstandenen Ökoregionen links und rechts des ehemaligen Eisernen Vorhanges umfaßt. Für die UdV ist dabei vor allem die ehemalige innerdeutsche Grenze zwischen dem Freistaat und Mitteldeutschland sowie die bayerisch-böhmische von Interesse. Dort, wo einst Stacheldrähte und Minenfelder die Menschen trennten, sollen sich jetzt Naturschutz- und Erholungsgebiete, die sich dem sanften Tourismus widmen, abwechseln. Geplant sind aber auch die Entdeckung, Erforschung und Entwicklung von Gedächtnisorten der oftmals vergessenen älteren Geschichte, der totalitären Systeme und der Vertreibung.

Die UdV begrüßte dies und vereinbarte mit Spaenle, sich aktiv an diesen Arbeiten zu beteiligen. Die CSU-Arbeitsgemeinschaft rief zudem dazu auf, die Menschen nicht zu vergessen, die bei dem Versuch, den Eisernen Vorhang zu überwinden, ihr Leben lassen mußten. Die Mitglieder des UdV-Landesvorstandes berichteten Spaenle über bereits durchgeführte Ausstellungen und Publikationen, aber auch über Zukunftsprojekte, die das jüdische Leben in Deutschland und den deutschen Sprachgebieten Mitteleuropas betreffen - von Ostpreußen bis nach Schlesien und von Böhmen bis ins Banat. Der Beauftragte des Freistaates Bayern zeigte sich zutiefst beeindruckt und regte an, gemeinsam auch auf diesem Themenfeld weiterzuarbeiten.