UdV-Landesversammlung

Verantwortung für Deutschland – Heimat gestalten

„Verantwortung für Deutschland – Heimat gestalten“: Unter dieses Motto stellte die Union der Vertriebenen und Aussiedler in der CSU ihren vertriebenenpolitischen Kongress im Herzogschloss der niederbayerischen Stadt Straubing direkt an der Donau, einer der großen europäischen Lebensadern.

Wobei man diesen Kongress im Nachklang berechtigterweise auch als einen europapolitischen hätte bezeichnen können, stellte doch die UdV als älteste Arbeitsgemeinschaft der CSU wieder einmal unter Beweis, dass sie in Sachen Europapolitik schlechthin das Kompetenzzentrum in der Politik ist. Wenn man Europapolitik als mehr begreift als nur die Umsetzung von Richtlinien der Kommission in Brüssel, so ist dies nur logisch, denn die von der UdV vertretenen deutschen Volksgruppen repräsentieren eine riesigen geographischen Raum von der Ostsee bis ans Schwarze Meer, vom Ural bis an die Adria.

Gleich zu Beginn gedachten die zahlreichen Teilnehmer zweier großer Europäer. Zum einem des UdV-Ehrenvorsitzenden Sieghart Rost, geboren 1921 im pommerschen Kreis Belgard. Als junger Soldat musste er in den Krieg ziehen. Nach der Vertreibung aus der Heimat strandete er in Nürnberg, wo er als Lehrer wirkte. Auch Günther Beckstein, langjähriger Innenminister, dann Bayerischer Ministerpräsident und Karls­preisträger, war einer seiner Schüler. Frühzeitig suchte Rost den Kontakt in die Heimat, nach der politischen Wende um so intensiver. Besonders seine ehemalige Schule im heute polnischen Köslin/Koszalin, zu der eine enge Partnerschaft aufbaute, lag ihm sehr am Herzen. Im Herbst 2015 konnte er sich einen Traum erfüllen und dem gesamten UdV-Landesvorstand seine Heimat zeigen. In der Schule wurde er von den polnischen Lehrern und Schülern wie ein Popstar empfangen. Rost bekannte sich nicht nur zu Europa, er lebte es.

Mehr als eine Selbstverständlichkeit war, dass auch des Kanzlers der deutschen und europäischen Einheit, Helmut Kohl, gedacht wurde. Zeitgleich wurde ihm in Straßburg an der zweiten großen europäischen Lebensader, dem Rhein, in einem europäischen Trauerakt die letzte Ehre erwiesen.

Der UdV-Landesvorsitzende Bernd Posselt würdigte diesen Trauerakt als höchst angemessen. In seiner Begrüßung betonte er noch einmal, wie wichtig die europäische Einigung allen Schwierigkeiten zum Trotz sei. Er erinnerte daran, dass die Heimatvertriebenen, die sich im freien und demokratischen Westdeutschland hätten niederlassen können, schon frühzeitig den Kontakt in die Heimat geknüpft hätten, in der kommunistischen Zeit noch schwierig und auch gefährlich. Viel Wert habe man dabei darauf gelegt, den Kontakt zu den heimatverbliebenen Landsleuten zu suchen wie auch zu den anderen Völkern und somit an einem gegenseitigen kulturellen Verständnis zu arbeiten. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus habe bei allen verbliebenen Schwierigkeiten, die von Land zu Land unterschiedlich seien, die Arbeit vor Ort auf eine viel breitere und fruchtbarere Basis gestellt werden können.

Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr würdigte in einem Grußwort die großartige Aufbauarbeit der deutschen Vertriebenen – nicht zuletzt in seiner Heimatstadt. Die Gedenktafel am Rathaus sei beim großen Brand im zurückliegenden Jahr verschont geblieben – ein Zeichen oder Wunder? Pannermayr freut sich auf die anstehende Eröffnung der Dauerausstellung „Schaufenster Schlesien“ im Herzogschloss.

Den europapolitischen Charakter der Vertriebenenarbeit verkörperte auch der Hauptredner der Veranstaltung, Bernhard Gaida. Der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften im heutigen Polen ist seit wenigen Monaten auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten – womit er deutsche Volksgruppen in 21 Staaten repräsentiert. Gaida ging auf die geschichtliche Entwicklung zahlreicher Volksgruppen ein. Der im 19. Jahrhundert aufkeimende Nationalismus habe zu den zwei Weltkriegen geführt, zu Grenzverschiebungen, den Verbrechen des Nationalsozialismus und des Kommunismus, zu Vertreibungen und Deportationen. Erst nach 1989 habe mit vernünftiger Nationalitätenpolitik begonnen werden können, bei der es aber auch heute noch viel zu tun gebe. Gaida beklagte, dass gerade auch in der politischen Szene der Bundesrepublik Deutschland das Wissen um die Existenz der deutschen Volksgruppen in Europa zum Teil sehr bescheiden sei. In diesem Punkt mahnte er eine mehr Effizienz bei der Förderung durch die Bundesregierung an: „Sie hat auch eine Verantwortung den Deutschen gegenüber, die zwar in der Heimat, aber nicht mehr im deutschen Staatsverband leben. Die Deutschen dort sind Träger der deutschen Kultur. Nach der Walze des Sozialismus muss vieles wieder aufgebaut werden.“

BdV-Präsident Bernd Fabritius MdB, auch Stellvertretender UdV-Landesvorsitzender, würdigte den Bund der Vertriebenen als Interessenvertreter der deutschen Heimatvertriebenen und -verbliebenen sowie der Aussiedler, der heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Er verwies auch auf einige Erfolge der letzten Zeit, so die Einführung eines Nationalen Gedenktages und die Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter. Diese Zahlung sei gerade rechtzeitig erfolgt, bevor die letzten Opfer verstorben seien. Fabritius: „Diese Zahlung kann auch nur eine Geste sein. An dieser Stelle sei auch nochmal daran erinnert, daß es sich bei den Opfern von Zwangsarbeit nicht nur um kriegsgefangene ehemalige Soldaten handelt.“ Bis viele Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges verschleppten die Sowjets unzählige Menschen aus den von ihnen besetzten Gebieten, sei es aus Mitteldeutschland, Ungarn oder Rumänien, oft auch Minderjährige. Viele kamen aus den Weiten Sibiriens niemals zurück. Im Budapester „Haus des Terrors“ ist dies eindrucksvoll dokumentiert.

In von der Landtagsabgeordneten Mechthilde Wittmann moderierten Podiumsdiskussion vertieften Bernd Posselt, der Parlamentarische Geschäftsführe und Vertriebenenpolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Josef Zellmeier, Stephan Mayer, BdV-Vizepräsident und Innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-­Bundestagsfraktion, und der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland , Waldemar Eisenbraun, alle in den Reden angeschnittenen Themen. Musikalisch umrahmt wurde der Tag durch die „Banater Dorfmusikanten“ aus München, bei deren Musik man Lust verspürte, ein Schiff zu besteigen und auf der Donau in ihre Heimat zu reisen.      

Nach den Hymnen schloss Bernd Posselt die Tagung und wünschte allen eine gute Heimreise. Die UdV-Delegierten mussten noch etwas dranhängen, um die Regularien abzuarbeiten. Die inhaltlich starke Veranstaltung gab allen genügend Rüstzeug für die weitere politische Arbeit und besonders den bevorstehenden Bundestagswahlkampf mit auf den Weg. Bleibt zu hoffen, dass sowohl Stephan Mayer als auch Bernd Fabritius ihre hervorragende Arbeit im Deutschen Bundestag auch über den Wahltag hinaus werden fortführen können.

Erschienen in der Sudetendeutschen Zeitung vom 14.7.2017