Statement vom CSU-Arbeitskreis Energiewende

AKE begrüßt das Urteil des BVerfG

AKE begrüßt das Urteil des BVerfG zum Klimaschutzgesetz (KSG) und fordert schnelle Nachbesserungen am Gesetzesentwurf für eine Änderung des KSG sowie konkrete Maßnahmen für eine schnelle Senkung der Treibhausgasemissionen

Das Klimaschutzgesetz (KSG 2020) wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 24.03.2021 in Teilen als mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, da erstens die Emissionsminderungsziele für den Schutz der Lebensgrundlagen für künftige Generationen nicht ausreichen (Art. 20a GG). Zweites dürften Emissionsminderungslasten gemäß dem Urteil nicht überproportional stark auf den Zeitraum nach 2030 verlagert werden, um Freiheitsrechte junger Menschen ab 2030 nicht zu gefährden.

Um den weiteren globalen Klimawandel mit einer Wahrscheinlichkeit von 67% auf 1.5°C bzw. 2.0°C zu begrenzen, dürfen bis 2050 gemäß IPCC-Bericht SR1.5 (2018) ab 2017 global nur noch 420 bzw. 1170 Gt Treibhausgase (CO2e) emittiert werden. Wird das Anfang 2020 noch vorhandene Restbudget entsprechend der Anteile der Weltbevölkerung aufgeteilt, steht Deutschland nach eigenen Berechnungen ab 2020 ein CO2-Budget von 4,2 Gt CO2e für das 1.5°C-Ziel, bzw. 11,3 Gt CO2e für das 2.0°C-Ziel zu. Bei einem mittleren Ziel von 1,75°C verbliebe für Deutschland ab 2020 ein CO2-Budget von 6,7 Gt CO2 (SRU 2020), beziehungsweise unter Berücksichtigung der übrigen Treibhausgasemissionen 5.9 Gt CO2e.

Durch die im aktuell gültigen Klimaschutzgesetzes festgelegten Jahresemissionsmengen von insgesamt 7,4 Gt CO2e wäre das Budget für das 1,75°C Ziel jedoch bereits vor 2030 aufgebraucht. Unter der (angesichts steigender Vermeidungskosten optimistischen) Annahme, dass die Jahresemissionsmengen bis 2050 mit einer konstanten Rate von 0,03 Gt CO2e reduziert werden, würden bis zur Klimaneutralität 2050 insgesamt noch ca. 12 Gt CO2e emittiert. Damit wäre selbst das Budget für das 2°C Ziel leicht überschritten.

Mit dem im Entwurf für die KSG Novelle 2021 vom 12.05.2021 formulierten Emissionsminderungspfad (65% statt 55% Reduktion bis 2030, 88% bis 2040, 100% bis 2045) wäre das Budget für das 2°C Ziel zwar knapp einzuhalten, aber das für die 1.5°C bzw. 1.75°C Ziele um mehr als das Doppelte überschritten (Vgl. Tabelle 1). Somit steht der Emissionsminderungspfad im Entwurf für die KSG Novelle 2021 im Widerspruch mit dem ebenfalls im KSG formulierten Ziel, den Anstieg der globalen Temperatur auf deutlich unter 2°C und möglichst 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

Um die Treibhausgasemissionen in dem erforderlichen Umfang zu senken, halten wir folgende Maßnahmen für dringend erforderlich:

Festlegung eines Klimaziels, eines Treibhausgasbudget und eines geeigneten Emissionsminderungspfads

    • In einer Neufassung des Klimaschutzgesetzes ist ein klares Klimaziel (≤ 1,75°C) mit einem entsprechenden verbindlichen THG-Budget (vgl. Tabelle 1) sowie ein geeigneter Emissionsminderungspfad mit sektorspezifischen Jahresemissionsmengen zu verankern.
    • Mindestens ein Drittel des CO2-Budgets muss dabei für den Zeitraum nach 2030 verbleiben, um Freiheitsrechte zukünftiger Generationen nicht zu gefährden.
    • Unvermeidbare Treibhausgasemissionen sind durch Carbon-Capture-Verfahren mit langfristiger Kohlenstoffbindung auszugleichen.
    • Auf europäischer und internationaler Ebene, insbesondere im Rahmen der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow, ist darauf hinzuwirken, dass auch weitere Länder verbindliche THG-Budgets festlegen.

Erheblicher Ausbau der EE-Stromerzeugung

    • Die im EEG festgeschriebenen jährlichen Ausschreibungsmengen für EE-Anlagen, insbesondere bei Windkraft und Photovoltaik, müssen entsprechend für die Jahre 2023 - 2030 mindestens verdoppelt werden, um die Substitution fossiler Energieträger sowie die Energiewende in den Sektoren Wärme und Mobilität sicherzustellen.
    • Ein Abbau der nationalen und europäischen Subventionen für fossile Kraftwerke ist erforderlich, insbesondere Kostenlose Zuteilung der CO2-Emissionsberechtigungen oder Begünstigungen der Stein- und Braunkohlewirtschaft
    • Der Kohleausstieg muss zeitlich vorgezogen werden, um das angestrebte Klimaziel zu erreichen.

Umfangreiche Investitionsprogramme für

    • die Entwicklung und Markteinführung von Energiespeichersystemen,
    • Ausbau nationaler und internationaler Stromnetze,
    • Klimafreundlichere Mobilitätsformen, incl. der zugehörigen Versorgungsinfrastruktur sowie einer bedarfsgerechten Lade- und Tankinfrastruktur, ein modernes und digitalisiertes Schienennetz zur Stärkung des Güter- und Personenverkehrs,
    • die Förderung energetischer Sanierungen einer nachhaltigen Wärme-/Kälteversorgung sowie nachhaltiger Baustoffe,
    • Förderung von Quartiersnetzen in der Wärmeversorgung, welche dem Grundsatz der Sektorkoppelung dienlich sind. Hierzu gehören insbesondere in Neubaugebieten kalte Nahwärmenetze
    • Technologien zum „CO2-Recycling“ durch Carbon-Capture-and-Usage (CCU) sowie zur langfristigen Bindung von CO2 (CCS),
    • die Dekarbonisierung der Industrie unter Berücksichtigung der gesamten Wertschöpfungsketten und
    • die Forschung und Entwicklung dazu geeigneter Technologien.

Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zur Umsetzung des zukünftigen Klimaschutzprogramms

    • Bürokratie muss abgebaut sowie Verfahren vereinfacht und digitalisiert werden.
    • Risiken für Kommunen im Zusammenhang mit der Planung von EE-Anlagen sollen verringert werden.
    • Für ein Repowering von EE-Anlagen und Energieinfrastrukturen sollte ein vereinfachtes und schnelles Verfahren geschaffen werden.

Dynamisierung der Strompreise

    • Um Stromkunden mit geringen CO2-Emissionsfaktoren im bezogenen Strommix finanziell zu entlasten, ist eine stufenweise Absenkung der strompreisbezogenen Steuern und Umlagen auf EE-Strom erforderlich (Senkung der Stromsteuer auf das EU-weite Minimum von 0,5%, stufenweise Abschaffung der EEG-Umlage und der sonstigen Umlagen oder alternativ Dynamisierung der EEG-Umlage in Abhängigkeit von den CO2-Emissionen des bezogenen Strommix)
    • Jegliche Doppelbelastungen durch Steuern und Umlagen für netzdienliche Energiespeicher sind abzuschaffen.
    • Dynamische Strompreise und Netzentgelte sind stufenweise einzuführen, um netzdienlichen Verbrauch und Investitionen in Energiespeicher anzuregen.

Ausweitung und Anhebung der CO2-Bepreisung auf alle Emissionen und Sektoren

    • Der CO2-Preis im Brennstoffemissionshandelsgesetz sowie der Preiskorridor für das darauffolgende nationale Emissionshandelssystem (nEHS) müssen schrittweise auf einen Wert angehoben werden, der eine ausreichende Lenkungswirkung verspricht. Diese ist bei einem CO2-Preis zwischen 75 – 150 €/t, zzgl. der Inflation, zu erwarten.
    • Auf EU-Ebene ist der EU-ETS auf weitere Sektoren auszuweiten und durch Verknappung der Zertifikate, z.B. durch eine restriktivere Ausgestaltung der Marktstabilitätsreserve, ein entsprechender Anstieg der Zertifikatspreise zu bewirken.
    • Bei Erdgaskraftwerken sind die Methanemissionen im Zusammenhang mit der Förderung, dem Transport und der Nutzung von Erdgas im EU-ETS einzupreisen. Der Import von Fracking-Gas soll untersagt werden.
    • Alle fossilen Treibstoffe, insbesondere Kerosin, sind abhängig von ihrer Klimawirksamkeit zu bepreisen.

Zur Vermeidung von Carbon Leakage und zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen ist ein Carbon Border Pricing Mechanismus einzuführen.

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