AKH Niederbayern

Straubing - seit Jahrhunderten kulturelles Zentrum

Straubing  -  seit Jahrhunderten kulturelles Zentrum

Im Rahmen der diesjährigen Praxisexkursion konnten der niederbayerische Kulturarbeitskreis und der bayerische Arbeitskreis Hochschule und Kultur die Kunstschätze der Straubinger Schutzengelkirche besichtigen. Stadtrat und Ehrenvorsitzender der Altstadtfreunde Josef Rengsberger zeigte sich erfreut, dass sich die Gebäudlichkeiten nach langjähriger und kostenintensiver Renovierung in der bestehenden vorbildlichen Form zeigen. 

Neben einem Einblick in die Stadtgeschichte, die historischen und augenblicklichen Nutzungen des umfangreichen Gebäudekomplexes, sowie des Kirchenbaus, standen vor allem die detaillierte Betrachtung der kunsthistorisch bedeutsamen Gegenstände im Focus. Die Sonderführung in der renovierten Schutzengelkirche in der Altstadt war auch ein Einstieg in die vielen Kunstwerke der Gebrüder Asam in Straubing. Die Darstellungen stand unter dem Thema „Orden in der ehemaligen Straubinger Franziskanerkirche“. Bei den Ausführungen wurde dabei besonders auf das erste von Cosmas Damian Asam noch in Rom gemalte Altarblatt eingegangen. Erläuterungen zum einzigartigen Tabernakel-Wandelaltar sowie eine Gruft-Begehung waren wichtige Bestandteile der Führung. Zunächst gingen die Vertreter der Altstadtfreunde aber auf die umfangreichen Sanierungsarbeiten ein. Rengsberger hob bei seinen Erläuterungen hervor, dass Lutz Burgmayer es sich als Initiator einer Privataktion vor fast 40 Jahren zur Aufgabe gemacht hatte, die Schutzengelkirche wieder vollständig zu sanieren. Fast eine halbe Million Euro hat er sammeln und auch die Unterstützung des Freistaats Bayern in Höhe von über zweieinhalb Millionen Euro einfordern können. Burgmayer setzt sich auch künftig für Instandsetzungsmaßnahmen in der Schutzengelkirche ein und ist gemeinsam mit den Altstadfreunden hier einer der "Motoren" für dieses Straubinger Kleinod.  Schon seit dem Ende des 17. Jahrhunderts hatten sich die Franziskaner von München um den Bau eines „Clösterleins" bemüht. Die aktiven Bettelorden der Karmeliten und Kapuziner waren bereits in Straubing ansässig, versorgten aber nur die innerhalb der Stadtmauern lebenden Altstadtbewohner. Die anderen waren „im Sterbestündlein von gewöhnlicher und geistlicher Seelenhilfe ausgeschlossen". Der bayerische Kurfürst gestattete hoheitlich den Franziskanern, ein Hospiz zu errichten, und der Straubinger Stadtmagistrat räumte diesen einen „ansehnlichen Orth und bequemen Platz" inmitten der Altstadt ein. Die Konventsmitglieder der Franziskaner errichteten zuerst die kleine Loretokapelle und schon während des Baus des Klosters und seiner Kirche kümmerten diese sich, wie in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in den Pestzeiten während des Spanischen (1704/1714) und des Österreichischen Erbfolgekrieges (1741/1742) unter Einsatz ihres eigenen Lebens um die Kranken und "Sichenden". Seit 1722 konnten die Ordensangehörigen auch einem „Studium Philosophicum" auf dem Klostergelände nachgehen, wo ja jetzt der Grundstock für weitere überregionale Bildungsinstitutionen gelegt wird. 1802 wurde der Konvent aufgehoben, die restlichen Mönche wurden nach Ingolstadt verwiesen. 1844 übernahmen die Mitglieder des Ordens der Barmherzigen Brüder das ehemalige Klostergebäude. Die Schutzengelkirche, seit der Säkularisation im Staatseigentum, nutzten sie als Ordenskirche und Gruft für die verstorbenen Mitbrüder. Bereits im Jahr 1974 zogen sie sich hier aus der Krankenpflege zurück.

Die Klosterkirche, die 1707 den Hl. Schutzengeln geweiht worden war, war in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts in einem derartig schlechten Zustand, dass sie profaniert worden wäre. Allein das „Juwel der Altstadt", der in seiner Art in Süddeutschland einmalige Wandeltabernakel, ist ein Höhepunkt bei einem Besuch in der Gäubodenmetropole. Er stammt wohl aus der Hand des Klosterschreiners Frater Simon Stadler aus Reichenhall (1679-1759), und hat verschiedene „Programme" während des Kirchenjahres: eines für normale Werktage, eines für die Fastenzeit, die Passionszeit, für Sonntage, Ordensfeste und die kirchlichen Hochfeste. Dieser Tabernakel hat wohl den Anlass dafür gegeben, die Kirche nicht zu profanieren, sondern vor dem Verfall zu bewahren, um ihn an seinem Ursprungsort belassen zu können.

Ihre Begeisterung für „ihre" Schutzengelkirche konnten  die Vertreter der Altstadtfreunde den Teilnehmern vermitteln und stellten heraus, dass der einschiffig gewölbte Barockbau eines der wichtigsten kirchlichen Gebäude Straubings ist und gerade heute auch die Gläubigen an ihre eigene Vergänglichkeit erinnert. Ein weiterer Punkt der Praxisexkursion war die Krönungskapelle - direkt vor der Schutzengelkirche gelegen.

Direkt auf halbem Wege der ursprünglich Leichengasse, heute Krankenhaus- bzw. Petersgasse genannten Straße, die von der Neu- in die Altstadt führt, befindet sich dieses Krönungskirchlein. Sein Name leitet sich her vom Titel der Kapelle "Corona Christi" - Dornenkrönung Christi. Wie die anderen Kapellen im Friedhof St. Peter: Liebfrauenkapelle, Bernauerkapelle, Totentanzkapelle gehört auch sie, wenn auch dem ausgehenden 15. Jahrhundert an. Die erste Erwähnung datiert in das Jahr 1507, wo sie als "neue Kapelle" bezeichnet wird. Bei dem Bau handelt es sich also offenbar um eine Stiftung für sieche kranke Leute.

Der spätgotische Kirchenbau ist ein Ziegelbau mit eingerücktem und in der Achse etwas nach Süden verschobenem dreiseitig geschlossenem Altarhaus. Die Gliederungen des Backsteinbaus sind in Kalkstein ausgeführt. An den Chorbogen schließt sich westlich das Langhaus. Auffallenderweiße hat das Kirchlein zwei Eingänge. 

Die eigenartige Anlage mit den beiden Zugängen rührt daher, dass es Brauch gewesen sei, die Leichen, die von der Stadt zum Petersfriedhof gebracht wurden, durch die Kirche hindurchzutragen. Deshalb sei bei der Bauanlage das Altarhaus auch nach Süden verschoben. Das einstmals auf der anderen Straßenseite stehende Blatternhaus war wohl mittels eines Brückenkonstrukts mit dem Kirchlein verbunden, wie die an der Nordseite des Langhauses noch erkennbare Blendnische vermuten lässt. Über diese besuchten die Kranken, später die armen Dienstboten der Siechenhausstiftung, offenbar die Kapelle zur Teilnahme an Gottesdiensten und zum Beten.

Auch hier ist der Verein der Altstadtfreunde stark engagiert. Bereits vor zehn Jahren wurden auf Bemühen und mit finanziellen Mitteln der Altstadtfreunde 1997 die dringenden lnstandsetzungsmaßnahmen am Zwiebelturm und an der Dachkonstruktion vorgenommen. Den Teilnehmern wurde der Baukörper und die Ausstattung im Kirchenraum detailliert erläutert.

Christian Hirtreiter freute sich, dass die bayernweit angereisten Mitglieder bereits zum zwölften Mal eine derartige Exkursion nach Straubing durchführten.   Über Jahrhunderte hinweg haben katholische Institutionen die niederbayerische Kulturlandschaft entscheidend geprägt und erfüllen auch heute mit den vielschichtiger werdenden Herausforderungen entscheidende Funktionen, so der niederbayerische Kulturkreisvorsitzende MdL Prof. Dr. Gerhard Waschler aus Passau. Gerhard Waschler stellte heraus,  dass die Pflege der historischen Bausubstanz als Bestandteil unserer kulturellen Identität wichtig ist.  Der JU-Vertreter Michael Hien bekräftigte als Mitveranstalter, dass gerade in Straubing gleichsam als einem „Kompetenzzentrum“ auch viele Einrichtungen von überregionaler Bedeutung beheimatet seien, welche die Stadt überregional früher und auch heute sichtbarer machen. Staatssekretär Bernd Sibler stellte bei seinen Ausführungen fest, dass im Rahmen von Fördermaßnahmen auch für die Krönungskapelle die Inanspruchnahme von öffentlichen Finanzierungsquellen denkbar ist. Für Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung von Denkmälern können Zuschüsse der öffentlichen Hand und von Stiftungen gewährt werden, welche er entsprechend nannte.