AKH Niederbayern

Straubing ist seit Jahrhunderten kulturelles Zentrum

Im Rahmen der diesjährigen Praxisexkursion konnten der niederbayerische Kulturarbeitskreis und der bayerische Arbeitskreis Hochschule und Kultur die Kunstschätze der Straubinger Synagoge besichtigen. Buchautor Guido Scharrer zeigte sich erfreut, dass sich die Gebäudlichkeiten nach langjähriger und kostenintensiver Renovierung und Erweiterung in der bestehenden vorbildlichen Form zeigen. 

Nach der Begrüßung vor dem Portal wurden die Teilnehmer von Guido Scharrer einführend informiert. Neben einem Einblick in die Stadtgeschichte, die historischen und augenblicklichen Nutzungen des umfangreichen Gebäudekomplexes, sowie des Hauptbaus, standen vor allem die detaillierte Betrachtung der kunsthistorisch und religiös bedeutsamen Gegenstände im Focus. Die Sonderführung in der Straubinger Synagoge war auch ein Einstieg in die vielfältige Geschichte des Judentums in Niederbayern. Bei den Ausführungen wurde dabei besonders auf die geschichtliche Entwicklung der Juden und deren Lebens in Niederbayern eingegangen. Erläuterungen zum derzeitigen Stand der Israelitischen Kultusgemeinde und deren etwa 900 Mitglieder waren wichtige Bestandteile der Führung. Autor Guido Scharrer beschäftigt sich seit rund 40 Jahren mit der Israelitischen Kultusgemeinde und der Synagoge in Straubing, die erst im Jahr 1907 erbaut wurde. Sie ist seinen Worten zufolge dem damaligen Zeitgeist geschuldet und mit vielen Elementen aus dem 19. Jahrhundert ergänzt worden: "Der Jugendstil dominiert bei der Architektur", so Scharrer. Der Historiker erläuterte den Teilnehmern die jüdischen Bräuche und Symbole und jüdische Feiertage: "Viele christliche Feiertage haben ihre Wurzeln in den jüdischen Festen. Das Judentum hatte einen entscheidenden Einfluss auf die christliche Glaubensentwicklung“. Geschichtsinteressierte seien immer wieder überrascht, wie viele Gemeinsamkeiten Christen- und Judentum haben, da vieles später übernommen wurde. Ein Schwerpunkt der  historischen Arbeiten in der Stadtgeschichte von Guido Scharrer liegt hier natürlich auf der Synagoge, der

einzig erhaltenen in Niederbayern. "Ein sehr gelungenes Bauwerk. Eine Mischung aus Romanik im byzantinischen Stil mit vielen freien Formen um 1900." Scharrer stellte auch die schlimmen Ereignisse für die Straubinger Juden im „Dritten Reich“ dar. Die Schändung, aber keine Zerstörung der Synagoge in der Reichspogromnacht, die Arisierung von jüdischen Immobilien und systematischer Terror durch die Nationalsozialisten waren wesentliche Teile der Ausführungen zur Geschichte der Straubinger Juden im 20. Jahrhundert. Er erläuterte, dass nach Kriegsende nur einzelne Mitglieder der ehemaligen jüdischen Gemeinde nach Straubing zurückkehrten. Im Februar 1946 gründeten Überlebende von Konzentrationslager, die sich in Straubing zusammengefunden hatten, eine neue jüdische Gemeinde. Nach Gründung des Staates Israel 1948 verließ ein Teil Straubing. Dennoch blieb die Gemeinde bestehen. 1976 lebten 126 jüdische Personen in Straubing. Zwanzig Jahre später lebten etwa Tausend jüdische Personen in der Stadt als Folge der Zuwanderung von Emigranten aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Straubing bildet das Zentrum der in Niederbayern lebenden jüdischen Personen und vor allem durch die hohe Zahl ihrer Mitglieder war die Erweiterung des Gebäudekomplexes mit einem Veranstaltungssaal vor einigen Jahren nötig geworden. Den Teilnehmern wurden der Baukörper und die Ausstattung im Innenraum detailliert erläutert. Der Rabbiner Mendel Muraiti war bei der Führung anwesend und konnte einen Einblick in die in Straubing vorhandenen kostbaren Thorarollen im Thoraschrein geben.  

Der Organisator und stellv. niederbayerische Kulturkreisvorsitzende Christian Hirtreiter freute sich, dass die bayernweit angereisten Mitglieder bereits zum dreizehnten Mal eine derartige Exkursion nach Straubing durchführten. 

Über Jahrhunderte hinweg haben religiöse Institutionen die niederbayerische Kulturlandschaft entscheidend geprägt und erfüllen auch heute mit den vielschichtiger werdenden Herausforderungen entscheidende Funktionen, so der niederbayerische Kulturkreisvorsitzende MdL Prof. Dr. Gerhard Waschler aus Passau. Gerhard Waschler stellte heraus, dass die Pflege der historischen Bausubstanz als Bestandteil unserer kulturellen Identität wichtig ist. 

 

Der JU-Führungsvertreter Andreas Aichinger (JU-Kreisvorsitzender Straubing-Bogen) bekräftigte, dass gerade in Straubing gleichsam als einem „Kompetenzzentrum“ auch viele Einrichtungen von überregionaler Bedeutung beheimatet seien, welche die Stadt überregional früher und auch heute sichtbarer machen.