Bezirksverband Niederbayern

Praxisexkursion des Arbeitskreises Hochschule und Kultur (AKH)

Straubing ist seit Jahrhunderten kulturelles Zentrum

Gruppenbild am Portal der Synagoge: Buchautor Guido Scharrer (3.v.li.), AKH-Bezirksvorsitzender MdL Prof. Dr. Gerhard Waschler (1.v.re.), Kreisrat Andreas Aichinger (1.v.li.) und Organisator Christian Hirtreiter (2.v.li).

Straubing. Im Rahmen der diesjährigen Praxisexkursion konnte der niederbayerische Kulturarbeitskreis die Kunstschätze der Straubinger Synagoge besichtigen. Buchautor und Historiker Guido Scharrer zeigte sich erfreut, dass sich das Gebäude nach langjähriger und kostenintensiver Renovierung und Erweiterung in der bestehenden vorbildlichen Form zeigt.
 
Neben einem Einblick über die historische und derzeitige Nutzung des umfangreichen Gebäudekomplexes, standen vor allem die detaillierte Betrachtung der kunsthistorisch und religiös bedeutsamen Gegenstände im Fokus. Die Sonderführung in der Straubinger Synagoge war auch ein Einstieg in die vielfältige Geschichte des Judentums in Niederbayern. Bei den Ausführungen wurde dabei besonders auf die geschichtliche Entwicklung und das Leben der Juden in Niederbayern eingegangen. Autor Guido Scharrer beschäftigt sich seit rund 40 Jahren mit der israelitischen Kultusgemeinde und der Synagoge in Straubing, die erst im Jahr 1907 erbaut wurde. Sie ist mit vielen Elementen aus dem 19. Jahrhundert ergänzt worden. "Der Jugendstil dominiert bei der Architektur", so Scharrer. Der Historiker erläuterte den Teilnehmern die jüdischen Bräuche, Symbole und Feiertage. "Viele christliche Feiertage haben ihre Wurzeln in den jüdischen Festen. Das Judentum hatte einen entscheidenden Einfluss auf die christliche Glaubensentwicklung".

Scharrer stellte auch die schlimmen Ereignisse für die Straubinger Juden im "Dritten Reich" dar. Die Schändung der Synagoge in der Reichspogromnacht, die Arisierung von jüdischen Immobilien und systematischer Terror durch die Nationalsozialisten waren wesentliche Teile der Ausführungen zur Geschichte der Straubinger Juden im 20. Jahrhundert. Er erläuterte, dass nach Kriegsende nur einzelne Mitglieder der ehemaligen jüdischen Gemeinde nach Straubing zurückkehrten. Im Februar 1946 gründeten Überlebende der Konzentrationslager, die sich in Straubing zusammengefunden hatten, eine neue jüdische Gemeinde. Nach Gründung des Staates Israel 1948 verließ ein Teil Straubing, dennoch blieb die Gemeinde bestehen. 1976 lebten 126 jüdische Personen in Straubing. Durch Zuwanderung von Emigranten aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, waren es zwanzig Jahre später bereits etwa tausend jüdische Personen. Straubing bildet damit das Zentrum der in Niederbayern lebenden Juden, deshalb war die Erweiterung des Gebäudekomplexes mit einem Veranstaltungssaal vor einigen Jahren nötig geworden. Der teilnehmende Rabbiner Mendel Muraiti konnte zum Abschluss noch einen Einblick in die in Straubing vorhandenen kostbaren Thorarollen im Thoraschrein geben.

"Über Jahrhunderte hinweg haben religiöse Institutionen die niederbayerische Kulturlandschaft entscheidend geprägt und erfüllen auch heute mit den vielschichtiger werdenden Herausforderungen entscheidende Funktionen", so AKH-Bezirksvorsitzender MdL Prof. Dr. Gerhard Waschler. Er stellte außerdem heraus, dass die Pflege der historischen Bausubstanz als Bestandteil unserer kulturellen Identität wichtig ist. Der JU-Vorsitzende Andreas Aichinger (Kreisverband Straubing-Bogen) bekräftigte, dass gerade in Straubing gleichsam als einem "Kompetenzzentrum" auch viele Einrichtungen von überregionaler Bedeutung beheimatet seien, welche die Stadt überregional früher und auch heute sichtbarer machen. Der Organisator und stellv. niederbayerische Kulturkreisvorsitzende Christian Hirtreiter freute sich, dass bereits zum dreizehnten Mal eine derartige Exkursion in Straubing stattfinden konnte.