Bundeswahlkreis Weilheim

Mittelstands-Union (MU) Kreisverband

Erhellender Vortrag über die Eurokrise: Haben wir sie schon bewältigt?

Franz Josef Benedikt beim Vortrag im Autohaus der MedeleSchäfer GmbH in Weilheim

Auf Einladung des MU-Kreisvorsitzenden Hans Medele sprach Franz Josef Benedikt, Diplom-Volkswirt und Leiter der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Bayern, zu rund 70 Interessierten in Weilheim. Benedikt blickte in seinem auch für ökonomische Laien verständlichen Lichtbildvortrag auf die Finanzkrise vor zehn Jahren zurück, stellte den Verlauf bis zur Gegenwart dar und gab einen Ausblick auf die anstehenden Herausforderungen in Finanzpolitik und Euro-Währungsraum. Seine Kernbotschaften: Das vielgescholtene Niedrigzinsniveau sei alles in allem immer noch angemessen. Einzelne Maßnahmen der Geldpolitik von Mario Draghi würden aufgrund ihrer Risiken und Nebenwirkungen von der Bundesbank jedoch abgelehnt. Viele aktuelle Vorschläge zur Europapolitik, etwa von Frankreichs Staatspräsident Macron, gingen zu sehr in Richtung Transferunion.  

Benedikt stellte den Zusammenhang wie folgt dar: Die geplatzte Immobilienkrise in den USA führte auch in Europa zu einer Bankenkrise, die aufgrund staatlicher Bankenrettungen und eines weltweiten Einbruchs der Wirtschaftsleistung viele Staaten in finanzielle Schieflage brachte. Zur Stabilisierung dieser Situation hätten alle großen Zentralbanken der Welt die Geschäftsbanken mit langfristigen Krediten zu sehr niedrigen Zinsen versorgt. Diese gemeinsame Zinssenkungspolitik sei notwendig und eine „Erfolgsstory“ gewesen.  

Die niedrigen Zinsen im Euro-Raum seien bis heute angemessen, weil das Produktionspotential in den letzten Jahren zu wenig gewachsen sei. Anders gesagt: Es wurde mangels Vertrauen der Unternehmer insgesamt zu wenig in den gesamten Maschinenpark investiert. Auch die niedrige  Inflationsrate, die immer noch deutlich unter 2% liegt, deute darauf hin, dass die gute Konjunktur noch nicht stabil genug ist. Anders gesagt: Sie hängt bisher zu stark vom niedrigen Zins ab. Aktuell ändere sich die Situation jedoch. Wie aus dem steigenden Kurs des Euro zum Dollar zu ersehen sei, schöpften die Marktteilnehmer neues Vertrauen in einen tragfähigen Aufschwung in Europa. Für 2019 seien allmählich steigende Zinsen zu erwarten und wohl auch sinnvoll und verkraftbar.   

Nicht die Niedrigzinspolitik als solche werde von der Bundesbank abgelehnt, sondern einzelne Maßnahmen der EZB  unter Mario Draghi, insbesondere die „quantitative Lockerung“, also das Aufkaufen von Staats- und Unternehmensanleihen aus dem Besitz von Banken in Höhe von bald 2,5 Billionen Euro. Dadurch würden Fiskal- und Geldpolitik vermischt und enorme Risiken in den Bilanzen der EZB aufgetürmt. Die künstliche Senkung von Staatsschuld-Zinsen sei zu nah an monetärer Staatsfinanzierung ("durch Gelddrucken") und führe dazu, dass Staaten die notwendige Haushaltskonsolidierung verschleppten.   

Wenn zum Jahresende 2018 dieses Ankaufprogramm hoffentlich beendet worden sei, könnten und sollten „nach einer gewissen Zeit die Leitzinsen nach und nach behutsam erhöht werden“. Parallel dazu müsse die Finanzpolitik die Kraft finden für Strukturreformen, etwa steuerliche Anreize für mehr Investitionen, Unternehmensgründungen etc., und zur Stabilisierung des Bankensektors. Das wichtigste sei, dass sich die Staaten in der EU wieder an die gemeinsam beschlossenen Regeln einschließlich der Schuldenbremse hielten. Hingegen eine gemeinsame Einlagensicherung und neue Krisentöpfe hätten noch mehr Umverteilung und Schuldenvergemeinschaftung zum Ziel. Dies lehnt Benedikt seitens der Bundesbank ab. „Wir dürfen nicht immer nur die Brandmauer erhöhen, sondern wir müssen die Brandursachen bekämpfen; dazu brauchen wir Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und weniger Staatsverschuldung.“   

Im Fragen- und Diskussionsteil der Veranstaltung wurden einige Aspekte des Vortrags vertieft. Benedikt zeigte sich sehr skeptisch gegenüber Kryptowährungen wie Bitcoin und bekannte sich zum Bargeld als dauerhaften und unverzichtbaren Bestandteil des Geldwesens. 75 % aller Geschäftsvorfälle und 47% des Handelsvolumens würden mit Bargeld bezahlt. Euro-Bargeld sei heute weltweit ein hochangesehenes Zahlungsmittel und verbreiteter als US-Dollarnoten.