Ortsverband Straßkirchen

ASP Niederbayern

Entwicklungen in der Ukraine sind für Europa wichtig

Die Verantwortlichen des niederbayerischen aussen- und sicherheitspolitischen Arbeitskreises diskutierten die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine: von rechts: Frederike Schäfer-Bonnet (Landshut), Horst-Falko Billek (Oberschneiding), Baron Anton von Cetto (Oberlauterbach), Hauptreferent Dr. Oleksiy Semeniy (Institut für Globale Transformation, Kiew, Ukraine) und Bürgermeister Christian Hirtreiter (Straßkirchen).

Straßkirchen/Straubing-Bogen: Der niederbayerische aussen- und sicherheitspolitische Arbeitskreis veranstaltete einen öffentlichen Informationsabend (20.5.2019) zur aktuellen Lage in der Ukraine. Der Leiter des Kiewer Instituts für Globale Transformation, Dr. Oleksiy Semeniy, konnte den interessierten Teilnehmern des Informationsabends von den aktuellsten Entwicklungen bis hin zur Vereidigung des neuen ukrainischen Präsidenten Selenski am 20. Mai 2019 berichten.

Neuer Präsident löst Parlament auf

Der neue ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat das Parlament aufgelöst. In seiner Antrittsrede vor den Abgeordneten am Montag kündigte er zudem Neuwahlen an, was laut Dr. Semeniy die von den Wählern erwartete erste Einlösung eines Wahlversprechens bedeutete. Der 41-jährige Schauspieler hat als Quereinsteiger in die Politik und nun neuer Präsident viele Herausforderungen in den kommenden Monaten zu meistern, so Dr. Semeniy. Eingangs stellte der begeisternde Redner Dr. Semeniy anhand von Lichtbildern zu den Landschaften auch die Entwicklung hin zum jetzigen Staat „Ukraine“ kenntnisreich vor. Der Referent Dr. Oleksiy Semeniy studierte am Institut für Internationale Beziehungen der Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew sowie am Carl Friedrich Goerdeler-Kolleg für Good Governance in Berlin. Er arbeitete unter anderem in der Abteilung für Außenpolitik der Präsidialverwaltung des ukrainischen Präsidenten sowie als stellvertretender Leiter der „United World Foundation“. Seit Januar 2013 leitet Semeniy das Institut für Globale Transformation.

Aussen- und Sicherheitspolitik sichert positive Weiterentwicklung der Demokratie

Die Außen- und Sicherheitspolitik in Europa ist eine Grundlage für die Weiterentwicklung der Demokratie und hat in den vergangenen Jahren einen starken Wandel erfahren, so der Referent. Der BREXIT sowie eine wahrzunehmende Uneinigkeit innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten und der anhaltende Bürgerkrieg in der Ukraine, haben unter anderem dazu beigetragen. Das Land Ukraine ist aufgrund seiner Lage und seiner historischen Bedeutung auch für die Europäische Union von enormer Wichtigkeit. Russland hatte vor fünf Jahren die ukrainische Halbinsel annektiert. Semeniy rechnet damit, dass die Lösung des Konfliktes ein langer Weg werden wird. Die Ukraine werde die Herausforderung gemeinsam mit den Krimtataren angehen, wurde erklärt. Die Ukraine hat als benachbartes und mit Russland eng verflochtenes Land eine Schlüsselrolle im Kontext der geopolitischen Neuorientierung der tonangebenden russischen Eliten.

Verbindungen Ukraine-Russland sind historisch begründet

Diese herausgehobene Rolle ist durch objektive und subjektive Faktoren bedingt. Zu den objektiven Faktoren gehört die große Zahl von Netzwerken zwischen der Ukraine und Russland auf vielen Ebenen, neben den familiären sind vor allem im Bereich der Wirtschaft, Energie, Militär und in der Gesellschaft viele Segmente verfestigt, die seit Sowjetzeiten lebendig geblieben sind. Hinzu kommt in letzter Zeit der immer offener artikulierte Anspruch Russlands auf eine eigene Einflusssphäre, die Russland auch mit Gewalt zu "verteidigen" bereit sei. Das ist der Hintergrund für die in Russland herrschende Beurteilung der ukrainischen Ereignisse im Winter 2013/2014. Aus Angst vor dem "totalen Verlust der Ukraine" sah sich Moskau – so die Wahrnehmung – gezwungen, schnell und entschlossen zu handeln. Doch liegt der letztlich ausschlaggebende Grund dafür, dass die russische Führung seinen außenpolitischen Kurs gegenüber dem Westen so dramatisch verändert hat, in der russischen Innenpolitik. Dort wurde die Neigung zur Beschneidung und Deformation von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit seit den 1990er Jahren immer offenkundiger. Der Westen wird verdächtigt, die liberale politische Opposition und die kritische Zivilgesellschaft zu unterstützen. In der russischen Führungsschicht grassiert die Angst vor "farbigen Revolutionen" im eigenen Land und in den Nachbarstaaten. Um dieser Entwicklung vorzubeugen, hätte der Westen sich viel früher mit dem innenpolitischen Richtungswechsel in Russland befassen und entsprechende Anzeichen und Warnungen sensibler zur Kenntnis nehmen und darauf reagieren müssen. Ein zentraler Baustein wäre ein gemeinsames Verständnis darüber, welchen politischen, völkerrechtlichen und Sicherheitsstatus diejenigen Staaten haben, die weder zum russischen Machtbereich noch zur NATO und der Europäischen Union gehören. Dies wäre auch ein Schritt hin zur Lösung der derzeitigen Konflikte.

Krim, Donbass und Meerenge von Kertsch sind Konfliktgebiete

Neben der Halbinsel Krim, der Donbass-Region sind vor allem die Meerenge von Kertsch kritische Zonen für das Verhältnis der Staaten. Die Ukraine ist für Russland und die Europäische Union nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch von großem Interesse. Bei der ausführlichen Diskussion wurden auch die landwirtschaftlich sehr gut nutzbaren Schwarzböden und deren Ertragreichtum in der Zentralukraine erörtert. Einige anwesende Landwirte berichteten von ihren Erfahrungen in der Ukraine. Dr. Semeniy ging fundiert auf die Fragestellungen der anwesenden teils hochrangigen ehemaligen Stabsoffiziere ein und klärte Sachverhalte auf.

Wahlrecht nutzen

Abschließend rief Christian Hirtreiter dazu auf das Wahlrecht bei der bevorstehenden Europawahl zu nutzen. Der Niederbayern Manfred Weber ist nicht nur einer der einflussreichsten Europapolitiker, sondern vertritt die Interessen der Menschen unserer Region hervorragend, daher verdient Weber eine massive Unterstützung aus seiner Heimat, so Bürgermeister Hirtreiter.