Ortsverband Thalmässing

Plötzlich zwei Vollzeitjobs

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Plötzlich zwei Vollzeitjobs

Die Erkrankung von Bürgermeister Georg Küttinger zwingt Vize Michael Kreichauf in eine Doppelrolle

Von Jürgen Leykamm

Thalmässing – Als der Thalmässinger Bürgermeister Georg Küttinger (TL) bei der Kommunalwahl 2020 im Amt bestätigt worden ist, wusste er natürlich, was auf ihn als hauptamtlichen Gemeindechef zukommt. Hatte er den Posten doch schon zwölf Jahren inne. Anders derzeit die Lage für Michael Kreichauf (CSU): Als neuer ehrenamtlicher Bürgermeistervize musste er sich ab Mai 2020 erst noch einarbeiten. Und wurde doch alsbald ins kalte Wasser geworfen. Seit mehr als einem Jahr vertritt er – mit Pausen – den erkrankten Georg Küttinger. Der Bauunternehmer sieht sich, seit der Bürgermeister im Januar 2021 seine Tumorerkrankung öffentlich gemacht hat, mit weitaus mehr Aufgaben konfrontiert als mit Stellvertreterund Repräsentativfunktion. Die Erkrankung Küttingers mit langer Rehabilitationsphase zwingt Kreichauf in die Rolle des amtierenden Gemeindechefs. „Damit habe ich nicht gerechnet“, gibt er im Gespräch mit unserer Zeitung zu. Schließlich sei der erste Mann der Marktgemeinde in dessen bisherigen Amtszeit seit 2008 noch nie länger durch Krankheit außer Gefecht gesetzt gewesen.

Arbeitstag verlängert sich bis in die Nacht hinein

Nun aber heißt es für den Vize die Ärmel hochzukrempeln. „25 Stunden in der Woche Arbeit für die Marktgemeinde kommen da schon zustande“, sagt er rückblickend. An Wochenenden und in den Abend- und Nachtstunden widmet er sich den nicht selten liegen gebliebenen Aktenstapeln aus dem Rathaus. Und den Papierbergen aus der Firma. Schließlich agiert Michael Kreichauf als Geschäftsführer der Fritz Kreichauf GmbH & Co KG, dem Unternehmen, das einen guten Teil der Kanal- und Straßenbauarbeiten in der Region ausführt.Erleichtert wird die Bewältigung des hohen Aufgabenpensums aber durch eine „gute Zusammenarbeit und ein tolles Miteinander“ sowohl in der Firma, in der gemeindlichen Parteienlandschaft wie auch in der Verwaltung, zeigt sich der engagierte Politiker und Firmenchef froh. Nicht zu vergessen ist natürlich auch der Rückhalt und die Unterstützung durch seine Frau und seine Familie.

Und doch: Als Firmenchef mit Verantwortung für fast 40 Mitarbeiter braucht er sich über Langeweile nicht zu beklagen – als vorübergehender Gemeindechef ebenso wenig. Die Doppelbelastung muss irgendwie geschultert werden. „Wir haben uns die Aufgaben gut aufgeteilt“, erzählt Kreichauf aber zufrieden. An zwei Tagen sieht er im Rathaus nach dem Rechten, an einem Tag macht dies die dritte Bürgermeisterin Eva Dorner (TL), die sich unter anderem auch um die Jagdgenossenschaften kümmert – bei 38 Gemeindeteilen kein leichtes Unterfangen.

Die Gemeindearbeit selbst fordert dennoch ihren Tribut: „Da heißt es oft um 5 Uhr aufzustehen, um Viertel vor Sechs mit den Vorarbeitern sich abzustimmen – und dann sich um die Gemeinde zu kümmern.“ Oft muss der Eysöldener dazu das Rathausgebäude gar nicht aufsuchen, vieles lässt sich digital oder per Telefon vom Firmensitz im größten Dorf in der Marktgemeinde aus regeln. Auch so mancher Bürger macht sich mit seinem Anliegen auf den Weg dorthin.

Unterm Strich sei es natürlich „für alle eine Mehrbelastung“, räumt Kreichauf ein, der nicht nur für seine Vertreterin Eva Dorner, sondern auch fürs Team der Gemeindeverwaltung lobende Worte parat hält: „Es macht nicht nur Dienst nach Vorschrift, sondern weit darüber hinaus – worüber ich sehr dankbar bin. Bislang haben wir die Mehrbelastung mit einem großen Kraftakt als Team geschafft.“

Brückentag für das gesamteTeam der Verwaltung

Das muss auch mal belohnt werden: „Deswegen habe ich der Verwaltung am 7. Januar einen Brückentag genehmigt.“ Sei es doch zum Jahresende in puncto Abrechnungen gerade in der Bauverwaltung – Stichwort Dorner-Eck – besonders hoch hergegangen. Michael Kreichauf selbst hat für einige Tage im Bayerischen Wald aufgetankt.Bei großen Themen kommt ihm seine Erfahrung als Unternehmer zugute. Dann wird eben wie auf einer Baustelle auch bezüglich des Gemeindegeschehens zum Jour-Fix geladen. Regelmäßig mit dem Geschäftsleiter und Kämmerer Martin Obermeyer oder mit der Bauverwaltung. Manchmal zusätzlich mit Georg Küttinger selbst, sobald dessen Gesundheitszustand ein solches Zuschalten ermöglicht.

Insgesamt summiert sich die Zeit, in denen der Bürgermeister im Team ersetzt werden musste, auf bald acht Monate. Zum Jahresende wurde es übrigens nicht nur in der Verwaltung noch einmal richtig stressig, sondern auch im Baugeschäft. Zum Glück kann Kreichauf vieles an seine Mitarbeiter und seinen Bruder Christian delegieren. Auch in der Verwaltung wiederum „ist vieles gut vorbereitet“, bestätigt Michael. „Etliche Projekte laufen seit Jahren, da ist abarbeiten angesagt.“ Die zahlreichen laufenden Vorhaben haben deshalb Priorität vor neuen Projekten.

Doch manches muss im Dienste der Gemeindeentwicklung einfach sein. Wie etwa das Voranbringen eines neuen Baugebiets in Eysölden. Dass er für das Dorf auch Ortssprecher ist und über eine gute Menschenkenntnis verfügt, kommt Kreichauf dabei zugute. Die Sitzungen der Ausschüsse und des Marktrats zu leiten, erweisen sich aber rein zeitlich als recht aufwendig. Da muss auch mal etwas zeitlich verschoben werden. Aber liegenbleiben darf letztlich nichts. „Es sind alle bereit anzupacken, wenn es etwas zu kompensieren gibt. Es macht Spaß zu sehen, dass trotz der schweren Situation etwas vorangeht“, zeigt sich der Vizebürgermeister trotz aller Widrigkeiten noch gut gelaunt.

Gerade was die Arbeiten im Ausschuss zur Verwirklichung des Sportzentrums angeht, „beginnt jetzt die heiße Phase.“ Eine Erleichterung stellt dar, dass es aufgrund der CoronaKrise weniger Präsenz-Termine zu stemmen gilt: „Sonst wäre das Arbeitspensum nicht zu schaffen.“ Was Trauungen anbelangt – „das ist natürlich eine sehr schöne Aufgabe“ – haben sich Kreichauf und Dorner die Arbeit aufgeteilt.

Gefordert werde man als amtierender Bürgermeister zudem als „oberster Aufseher aller Feuerwehren“. Bei den Unwettern in Lohen oder Eysölden sei er etwa vom Feierabend „weggeklingelt“ worden.

Auf mehrere Schultern verteilen

Die Erfahrungen aber haben Kreichauf und den gesamten Marktrat in jedem Fall eines gelehrt, nämlich dass auch künftig die Aufgaben auf mehr Schultern verteilt werden sollten. Die Fraktionsvorsitzenden haben sich hierzu schon bereiterklärt. Doch egal ob im Marktrat, in einem Ausschuss oder in der Verwaltung: Überall wünscht und hofft man natürlich auf die Genesung von Georg Küttinger – und auf dessen Rückkehr auf den Chefsessel im Rathaus