Ortsverband Wildflecken

Die rechte Rhetorik ist unsäglich

Asylzuzug kontrollieren,aber bitte im anderen verbalen Stil

Martin Wende,Kreisvorsitzender der JU-Bad Kissingen sagt: "Ich möchte in keinem Europa leben, in dem billigend in Kauf genommen wird, dass Menschen ertrinken ."

Der Ortverband der CSU in Wildflecken als Teil des CSU-Kreisverbands Bad Kissingen teilt voll und ganz die Kritik der CSU-Basis

CSU: Kissingens Parteibasis kritisiert Seehofer und Co.

Nach dem Parteiaustritt von Harald Leitherer: Die Kissinger Basis kritisiert die rechte Rhetorik der CSU-Spitze, Staatsministerin Dorothee Bär ebenfalls

Der Asylstreit zwischen der Kanzlerin und dem Innenminister, Horst Seehofers Masterplan Migration, verbale Entgleisungen a la Asyltourismus sowie ein Europa, das die Grenzen dichtmacht, private Rettungsschiffe behindert und Menschen im Mittelmeer sehenden Auges ertrinken lässt - all diese Themen haben in den vergangenen Wochen die Politik in Deutschland bestimmt. Die CSU-Spitze - verkörpert durch Seehofer, Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder - heizte den Streit mit rechter Rhetorik und Stammtischparolen an und sorgte dafür, dass die Auseinandersetzung verbal eskaliert ist. Nicht zuletzt deshalb ist Schweinfurts Ex-Landrat Harald Leitherer nach 49 Jahren bei den Christsozialen ausgetreten. Er könne diese Politik nicht mehr mittragen.

Über die Grenzen des Anstands

Auch die Parteibasis in Bad Kissingen hält nicht viel von dem Verhalten ihrer Führungsriege. "Die rechte Rhetorik ist unsäglich. Das heizt das Ganze nur noch mehr an", findet beispielsweise der stellvertretende Landrat Emil Müller. Er finde es zwar richtig, den Asylzuzug zu kontrollieren, aber die Debatte müsse anders geführt werden. Ohne Worte wie Asyltourismus und Asylindustrie. "Stammtischrhetorik steht diesem sensiblen Thema nicht gut zu Gesicht", findet er.

Siegfried Erhard ist ehemals langjähriger Bürgermeister von Oerlenbach und aktuell Vorsitzender der CSU-Fraktion im Kreistag. Er ist der Ansicht, dass die Parteispitze mit ihren Äußerungen im Asylstreit die Grenzen des Anstands überschritten hat. "Das ist keine Umgangsform", kritisiert er. Von Ankerzentren, über stärkere Sanktionen für straffällige Asylbewerber, einem besseren Schutz der europäischen Grenzen bis hin zu der Forderung, Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen, wenn sie in einem anderen EU-Staat bereits Asyl beantragt haben - Inhaltlich stehe die Mehrheit der Kissinger Christsozialen hinter Seehofers Masterplan. "So wie ich das wahrnehme, wird die Sache mitgetragen", berichtet Erhard.

Wichtige Themen kommen zu kurz.

Die Junge Union unterstütze ebenfalls die Positionen der Parteispitze, sagt JU-Kreisvorsitzender Martin Wende aus Hammelburg. Aber: "Die Eskalation war nicht nötig", stellt er klar. Er hält es für problematisch, dass seit Wochen nur über Asyl diskutiert werde, während andere Themen keine Beachtung finden. Nahverkehr, Infrastruktur, Bildung, Kinderbetreuung. "Gerade die Themen, die für die junge Generation wichtig sind, kommen zu kurz", sagt Wende. Für nicht tolerierbar hält er die strikte Abschottungspolitik an den europäischen Außengrenzen. "Ich möchte in keinem Europa leben, in dem billigend in Kauf genommen wird, dass Menschen ertrinken."

Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt, teilt die Einschätzung ihrer Kollegen aus Bad Kissingen. "Was ich ganz stark wahrnehme ist, dass es in der Sache wenig Widerstand gibt", fasst sie auf Nachfrage dieser Zeitung ihre Eindrücke aus dem Wahlkreis zusammen. Bär distanziert sich von der Wortwahl von Seehofer und Co. "Ich würde bestimmte Begriffe auch nicht verwenden", sagt das Regierungsmitglied. Die jüngsten Äußerungen Seehofers zu den Afghanen, die an seinem 69. Geburtstag abgeschoben wurden, seien unglücklich und ein Missgriff gewesen. Politiker müssten ihre Worte sorgfältig abwägen, gerade in Zeiten in denen Äußerungen sich über soziale Netzwerke im Internet rasend schnell verbreiten. "Die Menschen sind sensibler geworden." Bär ärgert es, dass die Politik derzeit kaum mit anderen Themen Beachtung findet. "Es wäre wünschenswert, wenn diese wieder in den Vordergrund rücken würden", sagt sie