KPV-Landesverband

Kolumne des KPV-Landesvorsitzenden Stefan Rößle vom 2. November 2017

„Deutschland hat sich durch den Ausgang der Bundestagswahl verändert“. Mit dieser schon nahezu hochtrabend wirkenden Aussage kommentierte so mancher mehr oder weniger fachkundige Politexperte bereits nach wenigen Minuten das Ergebnis des bundesweiten Urnenganges vom 24. September. Doch ist das wirklich so? So ganz teilen kann ich diese plakative Aussage nicht.

Der Wandel der Parteienlandschaft, der sich schon vorher aus verschiedenen Gründen unverkennbar abzeichnete, hat sich letztendlich nur dokumentiert. Ob diese Entwicklung von Dauer ist, wird sich zeigen. Bemerkenswert und für mich neu ist auch, dass sich eine große (Volks)Partei unter dem Schock des Wahlausgangs abrupt aus der Verantwortung zur Regierungsbildung verabschiedet hat und damit in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich ein neues Dreierbündnis unter jamaikanischer Flagge den Meereskreuzer Deutschland durch die derzeit unruhige See steuern wird.

Das war es dann im Grunde schon mit den Neuerungen, oder? Denn die Union stellt auch weiterhin die Kanzlerin und die vielen Herausforderungen, denen unser Land gegenübersteht, sind ebenso noch immer die gleichen:  Sicherheit, Digitalisierung, Migration, Energiewende, Demografie, gleichwertige Lebensbedingungen, soziale Absicherung inklusive Gesundheitsversorgung und Pflege. Übrigens: Als Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) darf ich mit Fingerzeig auf die neue Bundesregierung feststellen, dass alle diese Aufgaben letztendlich nur mit starken Kommunen erfolgreich abzuarbeiten sind. 

So auch der zuletzt genannte Punkt, die Situation in der Pflege. Sie gehört in mehrfacher Hinsicht zu den hochaktuellen Handlungsfeldern und brennt uns als KPV politisch schon lange unter den Nägeln. Es erreichen uns dahingehend aus den kommunal getragenen Einrichtungen teilweise alarmierende Meldungen. Es geht unter anderem immer wieder um die gleichen Schlagworte: Fachkräftemangel, Arbeitsbedingungen, Überstunden, Wertschätzung, Qualität, Wirtschaftlichkeit, Finanzierung.

Fest steht: Rund um die Uhr und an allen Tagen des Jahres stehen hochengagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kliniken und Pflegeeinrichtungen den Patienten zur Verfügung. Sie gewährleisten eine flächendeckende Grundversorgung für stationäre medizinische und pflegerische Leistungen. Als Kommunalpolitische Vereinigung stehen wir zu unseren Pflegekräften und setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass es auch in Zukunft möglich ist, eine wohnortnahe, flächendeckende, stationäre Patientenversorgung auf dem gewohnt hohen Niveau sicherzustellen.  

Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir uns beim Kommunalen Finanzausgleich in Bayern mit aller Vehemenz dafür eingesetzt, dass 2018 die 503 Mio. EUR nach Art. 12 FAG, die der Freistaat derzeit für den Bau und die Ausstattung von Krankenhäusern jährlich zur Verfügung stehen, deutlich um 140 Mio. EUR angehoben werden. Dies unterstützt die entsprechenden Einrichtungen bei Investitionen, hilft aber unseren Pflegekräfte leider nur indirekt, denn die großen Stellschrauben befinden sich hier vorwiegend auf Bundesebene. Die neue Bundesregierung wird sich deshalb daran messen lassen müssen, ob es gelingt die Herausforderungen in der Pflege in den Griff zu bekommen. Dazu zählen auch die zu verbessernden gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine attraktive Kurzzeitpflege - ein wichtiges Angebot, das gerade pflegende Angehörige wirkungsvoll entlastet (z. B. in Urlaubzeiten). 

Also bleibt nichts anderes übrig, als auf die Entscheidungen aus Berlin zu warten?

Ja zum Teil schon, aber auch direkt vor Ort kann, wenn die Konstellationen passen, unter Umständen einiges bewirkt werden. In meinem Heimatlandkreis Donau-Ries hat der Verwaltungsrat des örtlichen Klinikums ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, dass eine deutliche Entlastung für den kommunalen Pflegesektor darstellt.

Im Einzelnen wurde beschlossen, dass 2017 und 2018 eine Millionen Euro für neues Pflegepersonal im gemeinsamen Kommunalunternehmen zur Verfügung gestellt wird, was 20 neue Stellen schafft. Zusätzlich wurden zum 1. Oktober elf Absolventinnen der Krankenpflegeschule fest im Kommunalunternehmen angestellt. Eine weitere Maßnahme wird die Anpassung der Zahl der aufzunehmenden Patienten an die Verfügbarkeit der Mitarbeiter auf den Stationen sein. Dabei soll die medizinisch notwendige Versorgung in keinem Fall auf der Strecke bleiben. Denn es werden lediglich die sogenannten Wahlleistungen aufgeschoben.  Mit dem Einsatz von Honorarkräften im Pflegebereich soll außerdem der Abbau von Überstunden vorangetrieben werden.  

In Summe ist festzuhalten, dass die Situation in der Pflege weiterhin zu den großen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben der kommenden Jahre gehört. Vieles hängt dabei von der Wirtschaftlichkeit ab, aber nicht alles. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass es in erster Linie immer um den Menschen geht - zum einen als Patient, der Hilfe benötigt, zum anderen als Mitarbeiter, der gute Arbeitsbedingungen braucht, um seine Aufgaben motiviert und fachkundig erfüllen zu können.

Unter diesem Vorzeichen ist es unerlässlich, dass Bund, Länder und Kommunen in Zukunft noch stärker zusammenarbeiten. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und das zugehörige Personal brauchen Perspektiven für eine langfristig gesicherte Zukunft. Als Kommunen sind wir dazu bereit im Rahmen unserer Leistungsfähigkeit mitzuhelfen, werden aber auch gezielte Forderungen an die übergeordneten Ebenen stellen. Bei ihrer nächsten Landesvorstands- und Hauptausschusssitzung wird sich die KPV ebenfalls mit Thema Pflege befassen und dahingehend ein klares Zeichen setzen.

Ihr Stefan Rößle