virtuelles FMmB Gespräch

Expertengespräch mit Hubert Hüppe, MdB zum Thema Pränataldiagnostik

Am 12.09.2022 startete unsere Reihe der Expertengespräche nach der Sommerpause mit Hubert Hüppe, MdB zum Thema Pränataldiagnostik. Anlass war die Konstituierung der überfraktionellen Arbeitsgruppe „Pränataldiagnostik“ im Deutschen Bundestag.

In seinem Impulsreferat ging Hubert Hüppe auf die historische Entwicklung der Pränataldiagnostik und deren verschiedenen (medizintechnischen) Entwicklungen ein. Der technische Fortschritt von der Fruchtwasseruntersuchung über die PID bis zuletzt die NIPD zeigen deutlich eine Entwicklung: Ziel ist kein therapeutischer Nutzen, sondern ausschließlich die Selektion von Menschen, die nicht der vermeintlichen Norm der Gesellschaft entsprechen. „Der Wert eines Menschen darf nicht vom Urteil eines anderen Menschen abhängig gemacht werden - dann wird es gefährlich!“, so Hubert Hüppe.

Die UN- Behindertenkonvention deklariert ein Recht auf Leben - im Originaltext als „inharent right of life“. Die deutsche Übersetzung bleibt hierbei etwas schwach, indem sie nur von einem „angeborenen Lebensrecht“ spricht. Die Pränataldiagnostik in ihrer heutigen Form steht in diametralem Gegensatz dazu, da sie genau dieses Lebensrecht von der Norm abhängig macht und damit negiert. Dies war auch der Grund für die Gründung der interfraktionellen Arbeitsgruppe. Denn Entscheidungen, ob und wie solche Untersuchungen Kassenleistung werden sollen, und damit zu einem allgemeinen medizinischen, gynäkologischen Untersuchungsstandard werden, gehört in den Diskurs und die Entscheidung des Deutschen Bundestags und nicht in die Befugnis eines gemeinsamen Bundesausschusses, der ausschließlich von Ärzten und Pharmazeutikern besetzt ist!

Die daran anschließende, durchaus kontroverse Diskussion kam zu dem Ergebnis, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden muss, welches unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderung vorangetrieben werden muss. Die Beratungsangebote für Eltern müssen erhöht werden, um Ihnen vor und nach der Geburt des Kindes zu helfen und mit guten Tipps und Ratschlägen beizustehen. Inklusion ist schwer, wenn der gegenseitige Umgang nicht erlernt wird. Als Solidargesellschaft sollte man Rücksicht auf das „schwächste“ Glied nehmen und humanitär sein, indem man dem aktuell stattfindenden „Perfektionismus“ entgegenwirkt.  Gegen Ende der Sitzung wurde das Thema der Triage, die erneut im diskursiven Raum steht, angerissen. Es war ausschließlich der CDU/CSU Bundestagsfraktion zu verdanken, dass bei der Anhörung im Deutschen Bundestag mit Nancy Poser ein Mensch mit Behinderung zu Wort kam. Über das bisherige Schweigen des Bundesbeauftragten Jürgen Dusel besteht Verwunderung.