Bezirksverband Niederbayern

ASP-Niederbayern

Zivilschutz und Resilienz - Erfahrungen aus Israel

Resilienzstrategien erörtert - Sicherheitslage in Israel besprochen – Sicherheitsexpertin berichtete

Straubing: Julia Obermeier, langjährige Repräsentantin der Hanns-Seidel-Stiftung in Israel, berichtete im Rahmen des virtuellen Workshops des Außen- und Sicherheitspolitischen Arbeitskreises Niederbayern (27.6.23) von ihren Erfahrungen im Rahmen ihrer Tätigkeit im Heiligen Land und bei einem weltweit agierenden Sicherheitsunternehmen. Über fünf Jahre leitete Julia Obermeier die Stiftungsrepräsentanz in Jerusalem und war davor Bundestagsabgeordnete sowie Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags. Sie hat durch interessante berufliche Stationen vielfältige und umfangreiche Erfahrungen sammeln können. Bei dem mit hochkarätigen Gästen besetzten Dialogforum wurden brisante Themenfelder erörtert.

Terrorgefahr ist allgegenwärtig

Julia Obermeier stellte bei ihrem Vortrag zum Themenfeld „Zivilschutz und Resilienz“ dar, dass seit vielen Jahren die Lage im Nahen Osten und speziell in Israel sehr fragil ist. Der Umgang mit der alltäglichen Terrorgefahr ist dort etablierter Bestandteil der Gefahrenabwehr geworden und auch die Corona-Pandemie wurde vor allem zu Beginn professioneller gehandhabt als in anderen Staaten. Julia Obermeier stellte die augenblickliche Situation an den Brennpunkten im arabischen Raum dar.

Häufige Raketenangriffe auf Israel

Eindrücklich stellte sie das Gefährdungspotential in dem relativ kleinen Land vor. Sie stellte die aus dem Gaza-Streifen auf verschiedene israelische Städte häufig geschossenen Kassam-Raketen vor. Die sehr günstig herzustellenden Boden-Boden-Raketen führen dazu, dass die Bewohner, u.a. im Grenzgebiet zum Gazastreifen, häufig die Nacht in den Schutzräumen verbringen müssen. Die israelische Armee reagierte dann jeweils als Vergeltung mit intensiven Angriffen auf Terrorziele der Hamas oder des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) im Gazastreifen. Die hervorragend ausgestattete und intensiv trainierte israelische Armee begründet die Angriffe als Reaktion auf den Raketenbeschuss aus Gaza durch die Hamas- oder PIJ-Kämpfer. Die israelische Armee ist intensiv bemüht für die Sicherheit der israelischen Bürger zu sorgen.

Israels Armee ist immer in Bereitschaft

Die Armee ist immer in Alarmbereitschaft und auf unterschiedlichste Szenarien vorbereitet. Gerade die Cyber-Verteidigung der Israelis zur Prävention von Selbstmordanschlägen und zur Abwehr der Kassam-Raketen: Das Abwehrsystem "Iron Dome" könne so vieles abwehren und verhindern. Raketen die auf offenen Feldern landen ohne Schaden anzurichten werden nicht abgefangen, so Obermeier. Alle anderen werden vom "Iron Dome" erfasst und in der Luft zerstört, mit einer Abfangquote von 90 Prozent. Jedoch ist die Sicherheit sehr kostspielig, so kostet eine Abfangrakete etwa 80.000 Dollar und die Anzahl der Kassam-Raketen steige auch aufgrund der günstigen Herstellungskosten von nur wenigen Dollar.

Der Aufbau des Sprengkopfs entspricht ungefähr einer Splitterbombe und wird hier zur Terrorisierung der israelischen Bevölkerung eingesetzt. Die Streitkräfte Israels sind sehr durchsetzungsstarke Einheiten mit dienstpflichtigen Frauen und Männer, wobei der Anteil der Reservisten und der Staatsbürger, die Reservedienst leisten, recht hoch ist. Etwa alle sieben Jahre steht der Staat Israel seit seiner Gründung nach dem 2. Weltkrieg in einem bewaffneten Konflikt, sodass die Verteidigungsstreitkräfte in Israel sehr wichtig sind. Es kam und kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen, die aber, genauso wie die relativ hohe Zahl von jährlich gefallenen Angehörigen der israelischen Streitkräfte, zur Lebensrealität der Bevölkerung gehören. Obermeier berichtete, dass sie die Israelis als sehr glückliches Volk erfahren habe, wobei insbesondere zwischen den religiösen Familien und den eher weltlich geprägten Familienstrukturen zu unterscheiden sei. Bei den religiösen Familien seien sieben Kinder durchaus üblich, während bei den weltlichen Familien eher bei drei Kindern die Regel zu sehen sei, so Obermeier.

Alltagsleben in Jerusalem nicht ohne Stahltür in der eigenen Wohnung

Obermeier stellte hier einige historische, aber auch aktuelle Beispiele aus Israel vor. Sie ging insbesondere auf die Sicherheitslage am Jerusalemer Tempelberg ein und stellte auch ihre eigenen persönlichen Erfahrungen beim Alltagsleben in Jerusalem dar. Raketenangriffe seien schon ein Szenario, an das man sich nicht leicht gewöhnen könne.

Die gute Rednerin ging auch auf die zu erwartenden Konstellationen ein, die bei Eskalation bestimmter Konfliktszenarien entstehen werden. Es konnten einige Fragestellungen, insbesondere zur weiteren Entwicklung der Sicherheitslage, diskutiert werden. Julia Obermeier kommentierte einige weltweite Entwicklungen kenntnisreich und ging auf die bevorstehenden außenpolitischen Herausforderungen im Nahen Osten ein.

Zivilschutz hat eine enorme Bedeutung

Der Schwerpunkt des Workshops war, wie man sich als demokratisches System beim Leben unter ständiger Bedrohung aufstellt. Exemplarisch wurde insbesondere die Fragestellung „Wie meistert Israel die gesamtgesellschaftliche Aufgabe des Zivilschutzes?“ erörtert. Eng damit verbunden ist gerade die Begrifflichkeit „resiliente Gesellschaft“. Basierend auf den Veröffentlichungen der Vereinten Nationen, konstatierte Julia Obermeier, dass Resilienz "die Fähigkeit eines Systems, einer Gemeinschaft oder einer Gesellschaft ist, sich rechtzeitig und effizient den Auswirkungen einer Gefährdung zu widersetzen, diese zu absorbieren, sich an diese anzupassen, sie umzuwandeln und sich von ihnen erholen zu können. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Erhaltung und Wiederherstellung ihrer wesentlichen Grundstrukturen und Funktionen durch Risikomanagement".

Schutzsysteme für die Bevölkerung

Die Bundesregierung hat im Juli 2022 die Deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen (kurz: Resilienzstrategie) beschlossen. Die Resilienzstrategie hat das Ziel, Menschen und ihre Existenzgrundlagen besser zu schützen sowie die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit des Gemeinwesens gegenüber Katastrophen zu stärken.

Hierzu betrachtet die Resilienzstrategie im Sinne eines umfassenden Katastrophenrisikomanagements alle Phasen des Risiko- und Krisenmanagementzyklus, also Prävention, Vorsorge, Bewältigung sowie Nachbereitung inklusive des Ansatzes „Besser Wiederaufbauen“, konstatierte Obermeier. Dabei richtet die Strategie den Blick auf alle denkbaren Gefahren im Rahmen von Katastrophen und betrachtet diese auch über Zuständigkeiten von Fachbereichen und administrativen Grenzen hinweg. Diese erste Strategie in Deutschland, die einen ganzheitlichen Blick auf die Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen richtet, war unbedingt nötig, da die von der Natur und vom Menschen verursachten Gefahrenlagen gleichzeitig auftreten können, sich verstärken und sich gegenseitig bedingen.

Obermeier ging auf die nötigen Schutzsysteme ein, welche saubere, gefilterte und klimatisierte Luft für Personen und Ausrüstung sicherzustellen können. Für die Verwendung in kritischer Infrastruktur werden die Schutzsysteme mit eigens entwickelten Lösungsmöglichkeiten kombiniert.

Diskussion war vielschichtig

Im Rahmen der umfangreichen Diskussion wurde sowohl die Lage in Israel als auch generell im Hinblick auf Zivilschutz erörtert. Das Thema militärische Selbstverteidigungsfähigkeit ist zunehmend wichtig. Von den Bezirksverantwortlichen wurde herausgestellt, dass globale sicherheitspolitische Themen künftig auf der Prioritätenliste weiter nach oben rücken werden, wie man an den aktuellen Entwicklungen in Europa klar erkennen könne.