Artikel vom 17.05.2025
Mehr Geld für Kitas gefordert – Runder TIsch
Hilferuf der Bürgermeister

Samstag, 17. Mai 2025, Erdinger Anzeiger / Erdinger Anzeiger
Mehr Geld für Kitas gefordert – Runder TIsch mit Ministerin
Taufkirchen – „Es ist eine Entwicklung, die uns an den Abgrund treibt“: Ferdinand Geisberger, Bürgermeister von Buch am Buchrain, fasste in diesem Satz zusammen, was die Gemeinde- und Stadtoberhäupter des Landkreises dazu veranlasst hatte, einen Hilferuf an die Staatsministerien für Unterricht und Kultur sowie für Familie, Arbeit und Soziales zu senden. Die Kommunen fordern, dass sich der Freistaat mit höheren Fördergeldern an den Kosten für Kindertagesstätten beteiligt. Gestern übergaben die Bürgermeister den zweiseitigen Appell, der auf eine Idee aus dem Wartenberger Marktrat zurückgeht, an Ulrike Scharf. Zuvor hatten sie bei einem Runden Tisch im Taufkirchener Rathaus der Sozialministerin ihre Nöte geklagt.
Staatliche Förderung deckt nur 38 Prozent
Dafür zu sorgen, dass jedes Kind einen Platz in einer Kindertagesstätte hat, gehört zu den Pflichtaufgaben einer Stadt oder einer Gemeinde. Die Kommunen sind für den Bau und den reibungslosen Betrieb zuständig. Für beides können sie Fördergelder beantragen, aber die sind nach Ansicht der Bürgermeister mittlerweile zu niedrig. Vor allem die Personalkosten seien eine enorme Belastung.
In einem Arbeitskreis haben die Bürgermeister des Landkreises herausgefunden, „dass die staatliche Förderung lediglich noch etwa 38 Prozent der Kosten für das im Aufstellungsschlüssel geführte pädagogische Personal der Kindertagesstätten abdeckt“. Und ab nächstes Jahr gibt es auch noch einen gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung.
Scharf zeigte zwar Verständnis, führte aber Beispiele für eine verhältnismäßig gute finanzielle Ausgangslage im Landkreis an. Und forderte zwei Dinge: mehr Bescheidenheit bei der Ausstattung der Kitas und mehr Eigenverantwortlichkeit der Bürger, in diesem Fall der Eltern. „Ich wundere mich schon, dass einer Kostensteigerung um 20 Euro gleich ein politischer Aufschrei folgt“, so Scharf zu den Reaktionen auf gestiegene Kita-Gebühren. Auch, wenn man oft in andere Länder schiele – als Beispiel nannte sie Mecklenburg-Vorpommern –, wo Kinder kostenlos betreut würden, machte sie klar: „Der Elternbeitrag wird bleiben“.
Sowohl Ullrich Gaigl, Bürgermeister von St. Wolfgang, als auch Geisberger aus Buch am Buchrain, sind sich in diesem Punkt mit der Ministerin einig: Der Bürger muss wieder mehr Eigenverantwortung übernehmen. „Wir können uns diese Vollkasko-Mentalität nicht leisten“, sagte Gaigl. Und Geisberger fände es wünschenswert, dass die Eltern „ein bisserl mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen“ und so die Arbeit des Kita-Personals erleichterten. Trotzdem forderte er auch die Hilfestellung des Staates, „damit wir die Kinderbetreuung hinbekommen, aber alle anderen Pflichtaufgaben auch.“
Einfachere Standards, weniger Bürokratie
Was Bau und Ausstattung der Kitas betrifft, will die Ministerin „von den Standards runter.“ „Wir müssen uns fragen, was wir uns noch leisten können.“ Ihr Ministerium gebe keine Standards vor, „aber wir entwickeln gerade eine Musterkita.“ Die solle den Gemeinden als Orientierungshilfe dienen. Fraunbergs Bürgermeister Hans Wiesmaier kritisierte, dass die Gemeinden zwischen den Zuständigkeiten des Sozial-, Kultur- und Finanzministeriums „zerrieben werden“ und am Ende auf höheren Kosten sitzen bleiben als die Förderung nach Kosten-Richtwerten vermuten ließe. Die seien aber angehoben worden, konterte Scharf.
Geisberger gab zu bedenken, dass höhere Baukosten, gestiegene Personalkosten – auch durch Tarifsteigerungen und zusätzliche Betreuungstage – den Druck auf die Gemeinden kontinuierlich erhöhen. Daraus formulierten die Bürgermeister einen gemeinsamen Aufruf: „Um die zukünftigen finanziellen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, appellieren wir eindringlich an die zuständigen Ministerien, die finanzielle Unterstützung erheblich auszuweiten.“
Eine konkrete Zusage machte die Ministerin jedoch nur bei einem Thema: Das 3. Modernisierungsgesetz trage zur bürokratischen Entrümpelung bei. Das ist es aber vermutlich nicht alleine, was die Bürgermeister von einer „langfristigen, verlässlichen und unbürokratischen Lösung“ erwarten.
KATHRIN KAPFER
Zahlen und Fakten
2024 erhielt der Landkreis 23,6 Millionen Euro, dazu rund 7,3 Millionen Euro an sonstigen Zuschüssen. Die öffentlichen Ausgaben für die Kindertagesbetreuung haben sich von 2010 bis 2023 mehr als verdreifacht. Investitionskosten für Kindertageseinrichtungen werden nach dem Bayerischen Finanzausgleichsgesetz gefördert. 2025 sollen die Kommunen im Freistaat rund 12 Milliarden Euro bekommen.