Kreisverband Schweinfurt-Land

Faktensammlung Steigerwaldbahn

Faktensammlung Steigerwaldbahn

Geschichte der Steigerwaldbahn

  • Der Steigerwald-Express ist eine fast 50 km lange Nebenbahnstrecke in Unterfranken, am Rande des Steigerwalds und verläuft vom Bahnhof Kitzingen-Etwashausen über Wiesentheid und Gerolzhofen nach Schweinfurt Hbf.
  • Das Gesetz zum Bau und Betrieb des Abschnitts von Kitzingen nach Gerolzhofen wurde 1888 verabschiedet und im Sommer 1891 wurde mit dem Bau begonnen.
  • Die planmäßige Eröffnung fand am 18.11.1893 statt.
  • Im Jahre 1900 wurde das Gesetz zum Weiterbau der Strecke bis nach Schweinfurt beschlossen und 1902 begannen die Arbeiten für diesen Abschnitt.
  • Der planmäßige Betrieb zwischen Gerolzhofen und Schweinfurt-Hbf wurde am 24.11.1903 aufgenommen.
  • Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in der Nacht vom 4. auf den 5. April 1945 die Eisenbahnbrücke in Kitzingen von der Deutschen Wehrmacht gesprengt.
  • Eine Woche später, am 11. April 1945, wurde auch die „Gerolzhöfer Eisenbahnbrücke“ in Schweinfurt beim Rückzug von der Wehrmacht gesprengt.
  • Bis zum Bau einer Behelfsbrücke bei Schweinfurt 1946 war nur ein Inselbetrieb zwischen Sennfeld und Etwashausen möglich.
  • 1984 wurde die Behelfsbrücke durch eine bei Kreuzwertheim demontierte Brücke ersetzt.
  • Die Brücke in Kitzingen wurde trotz jahrelanger Bemühungen der Städte Kitzingen und Gerolzhofen nie wieder aufgebaut.
  • Seither endet die Strecke im Bahnhof Kitzingen-Etwashausen.
  • Die Kilometrierung der Strecke wird von Kitzingen aus gezählt.

 

Die Verkehrsentwicklung der Steigerwaldbahn

  • Aufgrund der fehlenden Mainbrücke in Kitzingen war die zwei Kilometer lange Strecke zwischen Kitzingen und Kitzingen-Etwashausen der erste, welcher nur noch mit dem Bahnbus befahren werden konnte.
  • Am 29, Mai 1987 erfolgte die Umstellung auf Busverkehr zwischen Gerolzhofen und Schweinfurt.
  • Der Personenverkehr zwischen Kitzingen-Etwashausen und Gerolzhofen wurde am 31. Mai 1987 auf Busverkehr umgestellt.
  • Der Güterverkehr wurde bis in die 90er Jahre hinein mit täglich zwei Zugpaaren nach Etwashausen gefahren.
  • Der größte Kunde, die Firma Fehrer in Etwashausen und Großlangheim, gab im März 2001 den schienengebundenen Verkehr auf.
  • Zum 01. Januar 2002 wurden die verbliebenen Gütertarifpunkte Kitzingen-Etwashausen, Wiesentheid und Gerolzhofen für den Einzelwagenladungsverkehr aufgegeben.
  • Bis Mitte 2006 wurde die Strecke von der in Etwashausen stationierten US-Army gelegentlich für Militärtransporte genutzt.
  • Durch den Truppenabzug vom Kitzinger Standort erlebte die Strecke im Frühjahr 2006 letztmals eine kurze „Blütezeit“ in der mehrere Ganzzüge wöchentlich zum Flugplatz Kitzingen und von dort zurück nach Schweinfurt in das Hauptstreckennetz verkehrten.
  • 2007 wurde die Holzverladung im Bahnhof Gochsheim aufgegeben.

 

Aktueller Status der Steigerwaldbahn

  • Der Streckenabschnitt zwischen Großlangheim und Kitzingen-Etwashausen wurde im März 2007 wegen vermuteter Altlasten aus dem Zweiten Weltkrieg für den Zugverkehr gesperrt.
  • Im Mai 2009 wurde ein Befahrungsverbot des Streckenabschnitts zwischen Großlangheim und Kitzingen wieder aufgehoben.
  • Die Strecke ab Gochsheim bis zum Streckenende in Schweinfurt wurde im März 2010 wegen Oberbaumängeln gesperrt.
  • Daraufhin setzte die Regierung von Mittelfranken als zuständige Aufsichtsbehörde der DRE/BRE eine bereits verlängerte Frist bis Ende April 2011, um die Strecke in einen sicheren Zustand zu versetzen. Da diese nicht eingehalten wurde, verhängte die Bezirksregierung ein Zwangsgeld gegen den Streckenbetreiber.
  • Die BRE konnte die Befahrbarkeit erst Ende Mai 2011 wiederherstellen.
  • Im Mai 2013 schrieb die BRE den 12,5 Kilometer langen Abschnitt Kitzingen-Etwashausen – Wiesentheid Gewerbegebiet am südlichen Ende der Strecke wegen fehlender Einnahmen zur Übernahme durch andere Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) aus.
  •  Zum 10. Juli 2014 wurde der Abschnitt Kitzingen-Etwashausen – Bahn-km 5,37 nach Genehmigung durch das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr stillgelegt.
  • Aufgrund mangelnder Rentabilität und anstehender, vermeidbarer Investitionen wurde Anfang September 2014 der verbleibende Streckenabschnitt von km 5,37 bis Gochsheim (ausschließlich) von der BRE anderen EIU zur Übernahme angeboten.
  • Die betriebswirtschaftliche Begründung für den Verkauf lautete damals:

Der Personenverkehr auf der Strecke wurde 1981 eingestellt, der Güterverkehr Ende 2006. Den jährlichen Kosten für die Vorhaltung der Infrastruktur von rd. 150.000 EUR stehen keine Einnahmen aus der Infrastrukturnutzung gegenüber. Darüber hinaus sind erhebliche Investitionsaufwendungen zur Wiederinbetriebsetzung der technisch gesperrten Strecke erforderlich. 19 technisch gesicherte und mehrere ungesicherte Bahnübergänge sowie der Oberbau des gesamten Streckenabschnittes müssen saniert werden. Die Strecke kann von der Bayerischen Regionaleisenbahn GmbH nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden.

 

Original der Ausschreibung

  • Nach zwischenzeitlicher Unterbrechung der BRE-Ausschreibung wurde die Strecke Schweinfurt – Kitzingen-Etwashausen aufgrund des Scheiterns der Verhandlungen mit potentiellen Interessenten Anfang Januar 2016 vom bayerischen Innenministerium stillgelegt.
  • Die BRE gab daraufhin am 10. Februar ihren Streckenteil an DB Netz zurück.
  • Im April 2015 schrieb DB Netz auch den Streckenabschnitt von Schweinfurt-Sennfeld (Abzweig zum Schweinfurter Hafen) bis zum Bahnhof Gochsheim aus.
  • Obwohl es anfangs drei Interessenten gab, kam keine Einigung über den Kaufpreis zustande.
  • Das Eisenbahn-Bundesamt erteilte daraufhin am 25. April 2016 die Genehmigung, diesen Abschnitt bis Ende 2017 stillzulegen.
  • Der Projektentwickler des Kitzinger Technologieparks conneKT will jedoch weiterhin die Strecke von der DB zu einem akzeptablen Preis kaufen, um ihn an das Schienennetz anzuschließen.
  • Am 12. Mai 2016 hat die Regierung von Mittelfranken den Antrag der Stadt Kitzingen auf Freistellung eines drei Kilometer langen Streckenabschnitts (im Bereich von Kitzingen-Etwashausen, einschließlich Anschluss des Technologieparks) von Bahnbetriebszwecken genehmigt.
  • Entsprechende Anträge wurden auch von den  Gemeinden Großlangheim, Kleinlangheim, Wiesentheid, Prichsenstadt (im Lkr. Kitzingen) sowie Lülsfeld, Frankenwinheim, Sulzheim, Grettstadt, Gochsheim und Sennfeld (im Lkr. Schweinfurt) gestellt, , so dass nach einer  Entwidmung die ehemaligen Bahngrundstücke verkauft werden können.
  • Die Stadt Gerolzhofen nahm ihren Antrag im Januar 2019 zurück, um das Ergebnis einer Potentialanalyse abzuwarten.
  • Diese und diverse Petitionen waren auch für den Bayerischen Landtag Anlass, darauf hinzuwirken, dass die laufenden Verfahren zur Entwidmung und zum Verkauf der Strecke zunächst zurückgestellt werden.
  • Ende Juli 2019 wurde die Bahnstrecke an der Firma Meißner in Bad Mergentheim verkauft, die sich mit Abbau von Gleisanlagen beschäftigt und im Jahre 2016 die Sinntalbahn zurückgebaut hat.
  • Allerdings ist die Steigerwaldbahn noch nicht entwidmet und kann daher noch nicht abgebaut werden.

 

Bisherige Untersuchungsergebnisse

 

Bisher wurden erstellt, die Studie der Universität Würzburg (Schliephake) vom Dez. 2016 sowie ein Gutachten des Landkreises Schweinfurt zur Reaktivierung der Steigerwaldbahn vom Oktober 2018. Das Gutachten des Landkreises Schweinfurt untersucht die Investitionskosten für eine Reaktivierung der Strecke Schweinfurt - Gerolzhofen auf Grundlage einer im April 2018 durchgeführten Streckenbegehung und bewertet die Studie der Universität.

 

Es nennt folgende Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Reaktivierung:

  1. Mindestens Stundentakt
  2. Wichtige Anschlüsse müssen gewährleistet sein, so vor allem kurze Übergangszeiten in Richtung Bamberg/Nürnberg sowie in Richtung Würzburg.
  3. Das Reisezeitverhältnis Der ÖPNV darf auf der Schiene nur unwesentlich langsamer sein, als der Motorisierte Individualverkehr; was hier zählt, ist die Gesamtzeit der Reisekette von Tür-zu-Tür.
  4. Die Vermeidung von Schienenparallelverkehren
  5. Die Einrichtung von Zubringerverkehren: Bus und Bahn dürfen nicht in Konkurrenz zueinander stehen.
  6. Die Attraktivität der Strecke als Tourismusregion:
  7. Einsatz moderner Fahrzeuge mit hoher Beschleunigungsfähigkeit,
  8. Einrichtung von Bahnstationen mit Komfort, insbesondere ausreichendem Wetterschutz, mit dynamischer Fahrgastinformation Soll-Ist.
  9. Stationen mit barrierefreiem Einstieg, ansprechender Gestaltung und Park+Ride, Bike+Ride-Möglichkeiten sowie direktem Umstieg in den Busverkehr.
  10. Die Integration in einen Verkehrsverbund ist anzustreben:
  11. Vermarktung auf mehreren Ebenen über Fahrgastinformationen und direktes Marketing.

 

Das Gutachten des Landkreises bewertet die Schliephake-Studie der Universität Würzburg vom Oktober 2016 zurückhaltend kritisch und bezeichnet es als, Zitat: „wertvolle Informationen über die Strecke“ welches als, Zitat:„Einstieg in eine tiefergehende Betrachtung dienen“ könne.

 

Hinter dieser Formulierung verbergen sich Mängel der Studie, die an anderer Stelle deutlicher so beschrieben werden:

  1. Die Ermittlung der potentiellen Nachfrage für die Steigerwaldbahn basiert nicht auf der Abbildung des konkreten Verkehrsnetzes, sondern auf der Grundlage bundesweiter Kennzahlen.
  1. Auch für die Begründung der Fahrzwecke wurden bundesweite Kennzahlen herangezogen.
  1. Es fehlen Szenarien für die verkehrlichen Auswirkungen einer Reaktivierung im Gegensatz zu einem (optimierten) Netz ohne die Schienenstrecke.
  1. Die Verkehrsnachfrage im ÖPNV wurde nicht auf ein definiertes Fahrplanangebot umgelegt.

 

Das Gutachten des Landkreises stellt zusammenfassend fest:

 

Die Potentialermittlung der Universität Würzburg ist ein erster wichtiger Indikator für die Reaktivierungswürdigkeit der Strecke; sie erfüllt im strengen

Sinne aber nicht die die Kriterien einer standardisierten Bewertung.

 

Während das Gutachten des Landkreis die Chancen einer Reaktivierung unter den Gesichtspunkten der verkehrlichen Belange, der Siedlungsentwicklung, der Umweltaspekte, des regionalen Marketings, der Betriebsfinanzierung und der Finanzierung der Investitionskosten eher allgemein formuliert („bietet sich an,  kann dienen, wäre geeignet“ usw.), wird es konkreter bei der Beschreibung der

Risiken einer  Reaktivierung.

 

 

Risiken einer  Reaktivierung:

  1. Neuordnung des regionalen Busverkehrs notwendig, mit wahrscheinlich längeren Laufwegen für viele Fahrgäste, insbesondere für Schüler/innen.
  2. Bei einer Streckengeschwindigkeit von 60 km/h und höher müssen unter Berücksichtigung des § 11 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung viele technisch nicht gesicherte Bahnübergänge zusammengelegt und/oder technisch gesichert werden, was einen langwierigen und häufig problematischen Dialog mit den örtlichen Landwirten nach sich ziehen kann.
  1. Bei einer Streckengeschwindigkeit kleiner als 60 km/h erfolgt die Sicherung der technisch nicht gesicherten Bahnübergänge durch Pfeifsignale des Zuges. Damit sollte unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 11 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung zumindest bei innerörtlichen Bahnübergängen gerechnet werden, weil für diese Übergänge davon ausgegangen werden muss, dass innerhalb von 24 Stunden mehr als 100 Fahrzeuge die Schienen queren und die Sichtverhältnisse eingeschränkt sind. Dies wird von Anliegern mit hoher Wahrscheinlichkeit als massiv störend empfunden.
  1. Der Neubau von Stationen (inkl. P+R-, B+R-Anlagen usw.) kann zu Konflikten mit den gewerblichen und privaten Anliegern führen, da in einigen Fällen Grundstücke von Anliegern erworben werden müssten.
  1. Nach der Reaktivierung wird es – unabhängig von der Sicherungsart der Bahnübergänge – allein durch die Zugbewegungen im Stundentakt zu einer Lärmbelastung der Anwohnernkommen, die es heute nicht gibt.
  1. Die wünschenswerte Anbindung der Strecke an den stündlichen Schienen-Personen-Nahverkehr in Kitzingen zur Erreichung des Fernverkehrs in Richtung Würzburg-Nürnberg scheint nicht machbar.

Die Schiene zur Anbindung an den Bahnhof Kitzingen fehlt. Die Entwidmung der Strecke im Gebiet der Stadt Kitzingen kann nicht rückgängig gemacht werden. Selbst für den letzten Schienenabschnitt in privater Hand wurde die Entwidmung beantragt. Rechtlich, städteplanerisch und topografisch sind die Möglichkeiten erschöpft.

Bis zum praxistauglichen Einsatz effizienter, wasserstoffbetriebener Züge oder Akku-Hybrid-Triebwagen wird Zeit vergehen, in welcher der bis dahin gängige Dieselantrieb zunehmend kritisch gesehen würde.

  1. Der Zeitraum für eine kommunalpolitische Willensbildung sowie die Planung/Verhandlungen und den eigentlichen (Um-) Bau wird auf mindestens 5 Jahre geschätzt.
  2. Eine Nutzung der Strecke für den Güterverkehr könnte rein rechtlich, aufgrund der jetzigen Widmung der Strecke als öffentlicher Verkehrsweg ohne Nutzungsbeschränkung, juristisch nicht verhindert werden. Er könnte rund um die Uhr  für jede Art von Schienenverkehr genutzt werden.            

 

Argumente der Befürworter einer Reaktivierung

  • Verbesserung des ÖPNV
  • Verbesserung der CO2-Problematik
  • Verringerung des Autoverkehrs
  • Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur
  • Anstieg der Immobilienpreise
  • Verhältnismäßig geringe Kosten

 

Rechtliche Voraussetzungen einer Reaktivierung

  • Bis zum Gleisanschluss des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld bei Gochsheim wurde die Bahnstrecke von der bundeseigenen DB Netz AG betrieben.
  • Südlich davon war die Strecke zuletzt an die nicht bundeseigene Bayerische Regionaleisenbahn GmbH verpachtet.
  • Wegen der unterschiedlichen Betreiber leitet sich die Zuständigkeit für die Strecke für zwei Behörden ab: Das Eisenbahn-Bundesamt und die Regierung von Mittelfranken.
  • Für die Reaktivierung von Bahnlinien gelten bayernweit einheitliche Kriterien.
  • Der Reaktivierungsprozess durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft BEG würde mit einem klaren Votum der beteiligten Landkreise für eine Reaktivierung ausgelöst werden.
  • Während dieses Prüfprozesses würde über die Freistellungsanträge der Gemeinden nicht entschieden.
  • Das Freistellungsverfahren (Entwidmung) ist gesetzlich geregelt. Es wird nur auf Antrag eines Berechtigten eröffnet, nicht von Amts wegen.
  • Die Freistellung wird auf Antrag erteilt. (Rechtsanspruch)
  • Dieser Rechtsanspruch besteht nur unter der Voraussetzung, dass „kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht“ und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist.
  • Alle Anliegergemeinden der Strecke, bis auf Gerolzhofen, halten an ihren Anträgen auf Freistellung fest.
  • Die Landkreise Schweinfurt und Kitzingen sprechen sich aktuell nur abstrakt gegen eine Freistellung aus.
  • Die Staatsregierung steht Reaktivierungen stillgelegter Eisenbahnstrecken für den SPNV grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, wenn die Reaktivierung sinnvoll und möglich ist. Zur Beurteilung wurden vier bayernweit gültige Reaktivierungskriterien geschaffen, die zu beachten sind.
  • Erste Voraussetzung für den Beginn des Reaktivierungsprozesses ist das Vorliegen positiver, schriftlicher Gremienbeschlüsse zugunsten einer Reaktivierung der Strecke durch die kommunalen Aufgabenträger des ÖPNV.
  • Für eine sinnvolle Reaktivierung ist immer darzulegen, dass die Anpassung des ÖPNV-Konzepts an einen SPNV-Betrieb einen verkehrlichen Gesamtnutzen für die Region erzielen kann. Dies ist häufig innerhalb einer Region keineswegs unstrittig, da Anpassungsmaßnahmen im allgemeinen ÖPNV oft erhebliche Auswirkungen auf die bestehenden Verkehre und daher für Teile der Bevölkerung auch nachteilige Folgen haben können.
  • Deshalb besteht die Staatsregierung auf der Herstellung eines regionalen Konsens, belegt durch oben genannte Gremienbeschlüsse der ÖPNV-Aufgabenträger, die die Reaktivierungskriterien anerkennen und die notwendige Anpassung des Nahverkehrskonzepts im Falle einer Reaktivierung verbindlich zusichern.
  • Die Reaktivierungskriterien des Freistaats lauten:  
    • Eine Prognose, die vom Freistaat Bayern anerkannt wird, ergibt, dass eine Nachfrage von mehr als 1.000 Reisenden pro Werktag zu erwarten ist (1.000 Reisenden-Kilometer pro Kilometer betriebener Strecke).
    • Die Infrastruktur wird ohne Zuschuss des Freistaats in einen Zustand versetzt, der einen attraktiven Zugverkehr ermöglicht.
    • Ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist bereit, die Strecke und die Stationen dauerhaft zu betreiben und berechnet hierfür Infrastrukturkosten, die das Niveau vergleichbarer Infrastruktur der Deutschen Bahn nicht übersteigen.
    • Die ÖPNV-Aufgabenträger müssen sich vertraglich verpflichten, ein mit dem Freistaat Bayern abgestimmtes Buskonzept im Bereich der Reaktivierungsstrecke umzusetzen.
  • Beschlüsse der Landkreise Schweinfurt und Kitzingen für eine Reaktivierung der Steigerwaldbahn, die den Anforderungen des Freistaats Bayern entsprechen, liegen bisher nicht vor.
  • Stand heute fehlen klare Bekenntnisse der beiden Landkreise zu einer Reaktivierung der Bahnlinie.
  • Stand heute fehlen ebenfalls die Beschlüsse der beiden Landkreise über die Übernahme der, mit der Reaktivierung verbundenen Kosten und Pflichten.
  • Erst wenn diese Beschlüsse vorliegen und die bayernweit gültigen Voraussetzungen für eine Reaktivierung damit erfüllt sind, startet der Reaktivierungsprozess.
  • Im konkreten Fall fehlen alle erforderlichen Beschlüsse.

 

 Bewertung von Teilaspekten

 

Potentialabschätzung

 

Mit diesem Begriff wird die Untersuchung beschrieben, mit welchem Fahrgastaufkommen theoretisch zu rechnen sei. Im Fall der Steigerwaldbahn gibt es eine Potentialanalyse, die auf Anregung von Staatssekretär Gerhard Eck  durchgeführt wurde. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft hat dieser Studie einen tragfähigen Prognose-Ansatz bescheinigt.

 

Allerdings geht der Gutachter davon aus, dass in entscheidendem Umfang Fahrgäste mit Bussen zu den Bahnstationen befördert werden und sodann mit dem Zug weiterfahren. Diese Fahrgastpotentiale können nur angerechnet werden, wenn der Aufgabenträger für den ÖPNV eindeutig zusichert, seine Buslinien tatsächlich zu solchen Zubringern umzustrukturieren.

 

Das sollten die Kreistagsbeschlüsse widerspiegeln. Das fehlt im konkreten Fall bis heute.

 

Die Methodik der Untersuchung entspricht den Anforderungen der BEG, jedoch müssen die getroffenen Annahmen durch die BEG erst verifiziert werden, bevor von einer objektiven Feststellung eines ausreichenden Nachfragepotentials ausgegangen werden kann.

 

Ein Prüfauftrag für die BEG kann wiederum erst ausgelöst werden, wenn die erforderlichen Gremienbeschlüsse der ÖPNV-Aufgabenträger vorliegen.

 

Solange die aktuellen Konzessionen an die Busunternehmen fortbestehen, haben die Landkreise keine rechtliche Handhabe, die Unternehmen zur Einstellung von bahnparallelen Linien zu zwingen. Ggf. muss daher einige Jahre gewartet werden, bis die Konzessionen auslaufen.

 

Die von Professor Schliephake vorgelegten Zahlen zur Fahrgastprognose wurden nicht im Rahmen eines Gutachtens ermittelt, sondern sind Bestandteil einer Studie, die im strengen Sinne aber nicht die die Kriterien einer standardisierten Bewertung erfüllt. (Zitat: Gutachten des Landkreises Schweinfurt, Bewertung der Schliephake-Studie).

 

Investitionskosten

 

Eine Aussage über die Höhe der Investitionskosten zur Reaktivierung der Steigerwaldbahn ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Es fehlen die baufachlichen Untersuchungen der Eisenbahninfrastruktur, also der Bahnanlage auf der gesamten Strecke unter dem Gesichtspunkt des Neubaus oder der Instandsetzungsfähigkeit.

 

Diese Untersuchung müsste umfassen das Schienennetz im Gleisober und –unterbau unter Berücksichtigung der Größe, des Gewichtes und der angestrebten Geschwindigkeit neuer Zuggarnituren.  Ferner alle Gebäude und weitere technische Anlagen, wie Signale und Bahnübergänge, die zum Betrieb einer Eisenbahn nötig sind. Ferner existieren keine konkreten Vorstellungen über die Errichtung von park+ride-Parkplätzen, Bushaltestellen an den Bahnstationen oder Fahrradunterstellhallen.

Jede genannte Summe,  ohne konkrete Untersuchung und der darauf beruhenden Kostenschätzung, ist unseriös.

 

Für die Kreistage wären die Investitionskosten für die eigentliche Strecke nur dann interessant, wenn der Landkreis die Strecke selbst erwerben und betreiben wollte. Dann wären die Investitionskosten von den Landkreisen zu beleuchten.

 

Sollte sich kein Infrastrukturbetreiber finden und sich bereit erklären, die Strecke zu ertüchtigen und hinterher zu einem gedeckelten Infrastruktur-Nutzungsentgelt für den SPNV bereitzustellen, könnte ein Vorschlag lauten, dass die Landkreise eine Betreibergesellschaft gründen.

 

Dann gilt, dass die Landkreise als Betreiber eine Refinanzierung ihrer Investitionen über die zugebilligten Trassenentgelte zu Wege bringen müssen.

 

Verbesserung des ÖPNV-Angebotes

 

Aufgrund der erwarteten geringen Fahrgastzahlen  südlich von Gerolzhofen, wird nur eine Reaktivierung der Teilstrecke der Bahn zwischen Gerolzhofen und Schweinfurt gefordert. Diese Rumpfstrecke würde eine Erweiterung des ÖPNV-Angebotes für fünf Gemeinden des Landkreises Schweinfurt mit Bahnstationen bedeuten, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die bestehenden Buslinien in diesem Bereich zu Zubringerlinien zu den Bahnhöfen umstrukturiert werden.

 

Gemessen an den ÖPNV-Bedürfnissen des gesamten Landkreises Schweinfurt und des Landkreises Kitzingen kann dieser Ansatz für nur fünf privilegierte Gemeinden schwer als eine „Verbesserung des ÖPNV“ vermittelt werden.

 

Von einer Verbesserung des ÖPNV-Angebotes kann außerdem nicht gesprochen werden, solange die Strecke nicht in ihrer ganzen Länge reaktiviert wird, um in Kitzingen den unverzichtbaren Anschluss für Reisende und Pendler an den Stundentakt der Bundesbahn Richtung Würzburg-Nürnberg zur Erreichung des Fernverkehrs  zu ermöglichen.

 

Für einige Reisende, insbesondere für Schüler, ergibt sich eine Verschlechterung. Anstelle der aktuellen direkten Busverbindungen müsste künftig zwischen Zubringerbussen und Bahn umgestiegen werden. Unter Umständen muss sogar zweimal umgestiegen werden: Einmal vom Bus, der den Fahrgast zur Bahn bringt, und einmal in Schweinfurt Hbf, wenn das Fahrziel in der Innenstadt oder im Osten Schweinfurts liegt.

 

Antriebstechnik und Ökologie

 

Nach heutigem Stand käme für den Betrieb der Bahn die konventionelle Dieseltechnik in Frage. Bei einem Verbrauch von 80 bis 100 Litern Diesel pro 100 Kilometern für eine moderne Zuggarnitur und einer Streckenlänge von 20 Kilometern würden bei 18 Hin- und Rückfahrten im Stundentakt an 30 Tagen im Monat eine Gesamtfahrstrecke von 21.600 Kilometern erreicht, mit einem Verbrauch von 21.600 Litern Diesel monatlich oder rund 260.000 Litern Diesel pro Jahr.

 

Der Verbrauch liegt etwa viermal so hoch wie bei einem Bus, der nach Angaben des VDV mit rund 25 l pro 100 km auskommt. Zusätzlich zu diesen Überlegungen ist der Energieverbrauch für die Instandhaltung und den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur zu berücksichtigen, wie Schienen wechseln, Schneeräumen, Bahnsteige beleuchten usw.

 

Selbst unter Berücksichtigung, dass moderne Zuggarnituren über geeignete Filtertechnik verfügen, stellt dies eine erhebliche Belastung schon dann dar, wenn täglich alle Züge im Stundentakt von 5.oo Uhr morgens bis 22.oo Uhr abends voll besetzt wären. Angesichts realistisch zu erwartender geringerer Fahrgastzahlen in den  „Nicht-Stoß-Zeiten“ muss der  prüfungslos unterstellte ökologische Vorteil dieser Bahnlinie deshalb kritisch bewertet werden.

 

Die wohl auch aus diesem Grund von Befürwortern immer wieder ins Gespräch gebrachte Wasserstoff-Technologie ist nicht weniger kritisch zu betrachten. Im Rahmen einer seriösen Bilanzierung muss beim Einsatz dieser Technologie die Co2-Belastung der Umwelt im Rahmen des Herstellungsprozesses einfließen, weil nur theoretisch aber nicht physikalisch nur „grüner Strom“ Verwendung finden würde. Ferner muss der bei der Rückverstromung von Wasserstoff zu beklagende geringe Wirkungsgrad der Technologie mit Verlustquoten von 40 bis 60 Prozent als Energieverschwendung einbezogen werden. Bezieht man zusätzlich den Wirkungsgrad bei der Herstellung des Wasserstoffs ein, gehen sogar 60-80% der Energie verloren. Ebenso ist die zusätzliche CO2-Belastung durch den Bau und den Betrieb der für die Verwendung der Wasserstoff-technologie benötigten Tankanlagen und Lagermöglichkeiten zu berück-sichtigen.

 

Wenn aber Wasserstoff-Technologie für Zugpaare zum Einsatz kommen soll, muss sich diese einem Vergleich mit Wasserstoff betriebenen Bussen in Verbrauch, Effizienz und CO2-Belastung je gefahrenem Kilometer und Person stellen.

 

 

Umweltschutz

 

Nach dem heutigen Stand setzen die DB und andere Bahn-Betreiber zur technisch bedingten Freihaltung der Gleiskörper  von Unkraut und Bewuchs das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ein. Die Beibehaltung dieser Maßnahme würde in geschlossenen Wohngebieten zu erheblichen Irritationen führen.

 

Akzeptanz

 

Sollte der Reaktivierungsprozess eingeleitet werden, müsste bei der theoretischen und rechnerischen Erhebung der künftigen Fahrgastzahlen die zu erwartende tatsächliche Akzeptanz der potentiellen Nutzer der Bahn hinterfragt werden. Je zeitaufwändiger die Benutzung des ÖPNV im Tür-zu-Tür-Vergleich ausfällt, desto geringer ist die zu erwartende tatsächliche Nutzung.

 

Vor allem müsste die Akzeptanz von Schülern und deren Eltern hinterfragt werden, wenn nach Neuausrichtung der Busverkehre als zwingende Voraussetzung der Reaktivierung der Bahn, die Schülerinnen und Schüler statt von ihrem Wohnort zum Eingang der Schule gefahren zu werden,  künftig mit dem Bus zur nächste Bahnstation gefahren werden und eventuell mit Umsteigen am Bahnhof des Zielortes noch den Fußweg zur Schule nehmen müssten.

 

 

Unbelegte Behauptungen

  • Die Investitionskosten sind niedrig
  • Die Fahrgastzahlen sind ausreichend
  • Die Finanzierung ist gesichert
  • Die Lärmbelästigung der Anwohner ist gering
  • Ein Wertverlust für Häuser an der Strecke wird es nicht geben
  • Die Anbindung an den Bahnhof in Kitzingen ist einfach möglich
  • Es werden Wasserstoff betriebene Züge eingesetzt
  • Die Gemeinden ordnen sich den Interessen der Gesellschaft unter
  • Junge Menschen wollen keinen Führerschein und keine Autos
  • Sammelbusse fahren aus umliegenden Gemeinden ständig zu den Bahnhöfen, dafür werden „unnötige“ Buslinien gestrichen
  • Gegnern einer Reaktivierung „haben die Zeichen der Zeit nicht verstanden“