Kreisverband Straubing-Stadt

Straubinger Tagblatt

Festredner Theo Waigel beim CSU-Neujahrsempfang

Neujahrsempfang 2019 in der Fraunhofer-Halle

Theo Waigel hat vor den rund 500 Gästen des Neujahrsemfangs des CSU-Kreisverbands Straubing-Stadt und der Stadtratsfraktion einen symbolträchtigen Füllfederhalter in die Höhe gehalten. Mit ihm hatte er 1992 den Vertrag von Maastricht unterzeichnet, ein Meilenstein der Europäsichen Union. Und der würde so jederzeit wieder machen, schwor er das Publikum am Freitagabend im Foyer der Fraunhoferhalle auf Europa ein - die Europawahl diesen Mai und CSU-Spitzendkandidat Manfred Weber im Blick, der sich um das Amt des Kommissionspräsidenten bewirbt.

Mit einer halben Stunde Verspätung ist Waigel eingetroffen, den Witterungsverhältnissen geschuldet. Er reiste eigens aus dem Allgäu an. Die 300 Kilometer Fahrtstrecke nach Straubing hat er etwas unterschätzt, entschuldigte sich der CSU-Ehrenvorsitzende bester Laune. Die Zeit bis dahin hatten Holger Frischhut, Peter Ries und Hannelore Christ mit einer erfrischend unkonventionellen Begrüßung und die Formation "Major 7" jazzig überbrückt. Vor allem aber MdL Josef Zellmeier, dem der CSU-Kreisvorsitzende Markus Pannermayr nach eigenem Bekunden zugeflüstert hatte, so lange zu reden bis der Festredner da ist. Zellmeier räumte "Fehler der CSU auf Landes - und Bundesebene ein". Hans Ritt, der hervorragende Arbeit geleistet habe, sei trotz guten Stimmenergebnisses Opfer des schlechten Abschneidens der CSU geworden. Gleichzeitig versicherte er, die Grünen "wären nicht der richtige Partner für eine Koalition in Bayern" gewesen. Zum vieldiskutierten Stichwort "Polder" sagte Zellmeier, es dürfe nicht zu einem Nachteil für unsere Region kommen, die Unterlieger bräuchten Sicherheit. Die örtlichen Interessen seien ihm da näher als die überörtlichen.
Dann übergab er das Wort an Markus Pannermayr, der den eben eingetroffenen Theo Waigel willkommen hieß. Ein Mann, der politische Verantwortung in einer Zeit entscheidender Weichenstellungen der Bundesrepublik getragen, einen klingenden Namen als strategischer Denker über das Tagesgeschehen hinaus habe und vor allem "in seinen Ideen jung geblieben" sei.

"Manfred Weber ist ein feiner Mensch"
Eigentlich, sinnierte Pannermayr, "geht es uns so gut wie nie zuvor", dennoch seien Unzufriedenheit, Sorgen und Ängste der Bevölkerung selten größer gewesen. Die Machtverhältnisse in der Welt seien prekär und Digitalisierung wie überhaupt die Macht der Daten veränderten die Demokratie und den Umgang miteinander. Es sei viel Überzeugungsarbeit für die Bedeutung Europas nötig, gerade jetzt, wo die große Chance bestehen, dass ein Niederbayer an die Spitze der EU kommen könne. "Manfred Weber ist ein feiner Mensch".  

Deutschland trägt Riesenverantwortung
Theo Waigel zog das Publikum fast eineinhalb Stunden in Bann. Der 79-jährige ehemalige Bundesfinanzminister fand klare Worte in Sachen Flüchtlingspolitik ("Wir schaffen das", sei richtig gewesen, aber dazu hätte die Analyse gehört, wie und wieviel.) und erteilte "einer Kraft in Deutschland, die sehr weit rechts steht", eine deutliche Abfuhr. In einem große zeitgeschichtlichen Bogen blendete er zurück auf seine Amtszeit 1989 bis 1998, mit Wiedervereinigung und Euro-Einführung. Er plauderte, nur so gepickt mit facettenreichen Anekdoten, aus dem Nähkästchen vieler legendärer Politikerbegegnungen und unterstrich anhand von Zahlen die Leistung der Bundesrepublik für Wiedervereinigung, Europa und Ladenausgleich für das einst isolierte Berlin.
Sein Hauptanliegen galt aber der bevorstehenden Europawahl, bei der jede Stimme zähle. Manfred Weber ist in seinen Augen "ein großartiger Spitzenkandidat", hinter dem die CSU geschlossen stehe. Die Bedeutung Europas stellte Waigel an seiner eigenen Familiengeschichteheraus. Sein Vater sei angesichts zweier Weltkriegssteilnahmen Pazifist geworden, sein Bruder 18-jährig gefallen. Auch deshalb sei er ein Anhänger der gemeinsamen Währung Euro. Die so geeinten Länder führten nicht Krieg gegeneinander. 
Die EU sei eine Erfolgsgeschichte, die man nicht aufs Spiel setzen dürfe. Angesichts des heutigen Zustands Europas sagte er, Großbritannien habe immer ein ambivalentes Verhältnis gehabt, er bedauert, dass die dortige junge Generation nicht am Brexit-Referendum teilgenommen hat. Dann wäre es anders ausgefallen. Es sei richtig gewesen, Griechenland zu helfen. Und zu Italien sagte er, ihm gefielen zwar Sprüche nicht, die von dort kommen, aber das Land habe immerhin geschafft, halbwegs passable Haushaltszahlen vorzulegen. Für Russland hält Waigel die Doppelstrategie der EU für angemessen ,die aggressive Dominanz mit Sanktionen einzudämmen und gleichzeitig die Hand auszustrecken. Deutschland trage Riesenverantwortung wie lange nicht.
Waigels Rede wurde mit langem Applaus quittiert, ehe CSU-Fraktionsvorsitzender Peter Mittermeier ein Präsent überreichte - eine Wegzehrung für die Heimfahrt - und zu Brotzeit und Gesprächen einlud.