Ortsverband Baunach

Bürgerbeteiligung Bundesverkehrswegeplan

Schreiben unseres Ehrenvorsitzenden Georg Wild im Rahmen der Bürgerbeteilig

Artikel aus dem Fränkischen Tag vom 13.3.2002

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich verweise auf mein Statement vom 21. Februar 2013 mit der ausführlichen Erläuterung der bisher bereits durchgeführten Planungsschritte zur Verwirklichung obiger Ortsumfahrung.

Die nun im Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes 2016 erfolgte Einordnung in den Weiteren Bedarf ist nicht nur für mich, sondern für die gesamte Bürgerschaft von Baunach und wohl auch der Mehrheit der Bürgerschaft aus Reckendorf unverständlich.

Es kann nicht sein, dass diese Geißel für die hier wohnenden Menschen noch weitere Jahrzehnte ohne Hoffnungsschimmer auf Verbesserung ertragen werden muss.

Deshalb fordere ich im Namen aller betroffenen Mitbürger die Aufnahme dieser Ortsumfahrung in den vordringlichen Bedarf, damit von den zuständigen Behörden weiterführende konkrete Planungen baldigst in Angriff genommen werden können.

Stichpunktartig erläutere ich nachstehend die bisherigen Abschnitte zu den bereits durchgeführten Maßnahmen für die Realisierung einer Ortsumfahrung.

Mit der Öffnung der Grenzen des „Eisernen Vorhanges“ im Zuge der Wiedervereinigung Ende 1989 erhöhte sich binnen kurzer Zeit die ständige Verkehrsbelastung auf der B 279 um etwa 50 %, so dass die Verkehrszahlen erheblich den Durchschnittswert der Bundesstraßen überschritten. Deshalb erfolgte 1992 die Aufnahme der Ortsumfahrung in den „Bedarfsplan für Bundesfernstraßen mit vordringlichem Bedarf“ im Rahmen der Verkehrsprojekte nach der Wiedervereinigung.

Planungen für Durchführung des Raumordnungsverfahrens erstellt

In intensiven Gesprächen mit Vertretern des Straßenbauamtes Bamberg einigte man sich bereits am 7.11.94 auf eine in einem Raumordnungsverfahren anzustrebende Linienführung für eine Ortsumfahrung im Osten von Baunach und Reckendorf. Diese fand ihren Niederschlag in der Flächennutzungsplanfortschreibung der Stadt Baunach von 1995, wohl wissend, dass im ROV auch Alternativen zu prüfen sind. 

Durch zielführende Fortsetzung der Planungen seitens des Straßenbauamtes im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen war es möglich, die Varianten-Planungen für das vorgeschriebene Raumordnungsverfahren im Stadtrat Baunach am 03.07.2001 vorzustellen. Die Vertreter des Amtes versicherten bei dieser Sitzung, noch fehlende Unterlagen zu fertigen und die Durchführung des ROV in 2002 bei der Regierung von Oberfranken zu beantragen. Auf den FT-Pressebericht vom 13.3.2002 wird verwiesen. 

Eine besondere Bestätigung hinsichtlich der beabsichtigten Ostumfahrung von Reckendorf und Baunach ergibt sich aus der Tatsache, dass der Ausbau der B 279 von der Regierungsbezirksgrenze nördlich Laimbach bis zur ehemaligen Ziegelei vor Reckendorf (inclusive Brückenbauwerk über den Laimbach) im Jahre 1999 in der Weise erfolgte, dass die erforderlichen Radien für eine Fortführung der Straße nach Osten mit Überquerung der Baunach nördlich Reckendorf geplant und gebaut werden. (FT-Pressebericht vom 29.2.2000)

Dieser Bauabschnitt erforderte bereits 1999 ca. 4 Mill. DM Investitionen, die bei Errichtung einer Westumfahrung weitestgehend verschwendete Finanzmittel darstellen würden.

Alle Entwicklungsplanungen der Stadt Baunach erfolgten in den 1990-er Jahren unter Berücksichtigung einer Ortsumfahrung im Osten. Die Ausweisung neuer Wohnbaugebiete war deshalb nur auf den Haßberge-Ausläufern im Westen und Süden von Baunach möglich. Das Industriegebiet „Eichen“ liegt östlich der Bahnlinie Breitengüßbach – Ebern. Bei der Ansiedlung eines Flüssig-Gas-Abfüllbetriebes 1995 im Industriegebiet „Eichen“, der neben einem Gleisanschluss für die Anlieferung ein qualifiziertes Straßensystem für den Vertrieb in Tanklastkraftwagen (Gefahrguttransporte) benötigt, waren die zu diesem Zeitpunkt erkennbaren Straßenplanungen und der vorgesehene direkte Anschluss des Industriegebietes an die künftige Umgehung eine wesentliche Grundlage für die Standortentscheidung.

Die Festsetzung von FFH- und SPA-Gebieten blockiert die Planungen

Die Ausweisung von FFH- und SPA-Gebieten im Zuge der Nachmeldung der „Natura- 2000-Bayern“ im Baunach- und Itz-Tal führte schließlich zur „Vernichtung“ der im zurückliegenden Jahrzehnt aufgewendeten hohen Planungskosten (einschließlich Quell- und Zielverkehrsuntersuchungen), zumal das in 2003 vorgelegte ROV von der Regierung zurückgewiesen wurde wegen fehlender Rechtskraft der räumlichen Abgrenzung und Festsetzung der Schutzziele dieser neuen Gebietsausweisungen. 

Die FFH-Festsetzungen befinden sich jedoch nördlich von Baunach ausschließlich westlich der Bahnlinie, sodass der vorgesehene Straßenverlauf östlich der Bahnlinie diese Flächen nicht tangieren würde. Selbst die Querung des Baunachtales nördlich von Reckendorf müsste mit einem Brückenbauwerk erfolgen, sodass auch hier nach Abschluss der Baumaßnahmen sich der Eingriff minimiert.

Das im Bereich der Gemarkungsgrenze Reckenneusig/Baunach liegende Vogelschutzgebiet wird lediglich auf einer kurzen Strecke von einer östlich im Nahbereich der Bahngleise verlaufenden Umfahrung berührt. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Vogelwelt angesichts des ½-stündigen Linien-Verkehrs auf der Bahnstrecke auf diese Situation bereits eingestellt hat, zumal ausreichende Rückzugsmöglichkeiten in den umfangreichen östlich anschließenden Waldungen bestehen. 

Alle auf der gesamten Strecke einer Ostumfahrung der B 279 vom jetzigen Ausbauende nördlich Reckendorf bis zu einer Gleisquerung südlich Baunach betroffenen Grundstücke befinden sich in intensivster landwirtschaftlicher Bewirtschaftung, sodass ein naturschutzfachlicher Wert für diese Flächen nicht erkennbar ist und in keinem vertretbaren Verhältnis zu den vielfältigen Eingriffen in schützenswerten Bereichen auf einer möglichen West-Trasse stehen. Diese intensive landwirtschaftliche Nutzung kann vor Ort eingesehen und durch mehrjährige Foto-Dokumentationen nachgewiesen werden. 

Dass seitens der in der Siedlung Reckendorf-Ost wohnenden Bürger teilweise die Meinung vertreten wird, von einer Westumfahrung begünstigt zu werden, ist nachvollziehbar.

Für alle in den östlichen Randbereichen dieser Wohnlage angesiedelten Personen muss jedoch der Hinweis erlaubt sein, dass im Zuge der Bebauungsplanaufstellungen durch die Gemeinde Reckendorf in den 1990-er Jahren von den Trägern öffentlicher Belange, namentlich dem Straßenbauamt Bamberg und der Stadt Baunach, immer auf die hier geplante Umgehungs-straße hingewiesen und die Einhaltung eines ausreichenden Abstandes gefordert wurde.

Eine offizielle und umgehende Entscheidung des Gemeinderates Reckendorf für den künftigen Trassenverlauf ist schon deshalb geboten, damit nicht dieser „Vorwand“ gegen die Aufnahme dieser Maßnahme in den Vordringlichen Bedarf zum Tragen kommen kann.

Als verantwortlicher Bürgermeister von Baunach in den Jahren 1978 bis 2002 habe ich erhebliche Zweifel, dass die teilweise geforderte „Westumfahrung“ eine diskutable Alternative darstellt.

Dagegen sprechen folgende Fakten:

1. Die Westtrasse ist mindestens 25 % länger und benötigt deshalb und auch durch die vielfach erforderlichen Eintiefungen in die Landschaft wegen der zahlreichen Talquerungen erheblich mehr Fläche. Zusätzlicher Flächenbedarf ergibt sich für die geplanten Straßenanbindungen. Nicht erforderliche Flächenversiegelungen sollten im Interesse nachkommender Generationen unterbleiben.

2. Die zu überbrückenden Täler (von Norden kommend) des Laimbaches, des Sendelbaches und der Lauter sowie mehrere dazwischen aus den Haßberge-Ausläufern kommende Kleingewässer fordern etliche Großbrücken. Nur mit einer riesigen Hangbrücke kann im Süden von Baunach der Main überquert und die Anbindung an die bestehende B 279 westlich Breitengüßbach erfolgen. Dies würde zu erheblichen Verunstaltungen von schützenswerten Randbereichen des Naturparks Haßberge führen.

3. Entlang der Westtrasse werden im Streckenabschnitt Regierungsbezirksgrenze (nördlich Laimbach) bis zur Anbindung westlich Breitengüßbach umfangreiche Hecken-, Wald- und Auwald-Bereiche (wohl mehr als 2 km – darunter auch der Bannwald südlich Baunach) durchschnitten, deren naturschutzfachliche Bedeutung bisher offensichtlich noch nicht bewertet wurden. Es steht fest, dass bei konkreten Planungen einer Westtrasse „neue sehr schützenswerte Bereiche“ fest gestellt werden, die die tatsächlichen Eingriffe entlang der Osttrasse wesentlich übersteigen 

4. In früheren Untersuchungen wurde für den Raum Baunach (dies trifft auch für Reckendorf zu) ca. 85 % Wind aus West bzw Südwest attestiert. Dies bedeutet, dass in diesem Umfang die Abgase des Verkehrs einer künftigen Westtrasse und die damit verbundenen Lärmimmissionen die gesamte Bürgerschaft von Reckendorf, Reckenneusig und Baunach belasten würden. Eine „Ost-Trasse“ leitet diese Emissionen in nicht bewohnte Gebiete ab.

5. Die im Zuge der Westtrasse südlich von Baunach erforderliche Hangbrücke zur Querung des Maines und der anschließende Straßenabschnitt muss wegen der Geländehöhen auf kurzer Distanz ca. 50 m Unterschied überwinden. Die dadurch bestehende „Glättegefahr“ auf dieser Gefällstrecke wird in den Wintermonaten dazu führen, dass die alternativ mögliche Nutzung der bisherigen Ortsdurchfahrt den Vorrang bei den Verkehrsteilnehmern erhält. Meine Jahrzehnte langen Beobachtungen der Witterung im Winter bestätigen, dass die schneefreie Strecke von Breitengüßbach bis zum Main (230 m ü.NN) nach wenigen Metern vor Baunach (240 m ü.NN) sich in eine geschlossene Schneedecke verwandelt und auf den Hochflächen (ca. 290 m ü.NN) rings um Baunach „tiefer Winter“ herrscht.

6. Die Westtrasse tangiert auch das vor kurzem geschaffene Wasserschutzgebiet des Brunnen III der Stadt Baunach.

7. Es ist zu befürchten, dass die bisher prognostizierten Kosten von ca. 45 Millionen € für die Westtrasse unter Berücksichtigung der noch offenen Faktoren nicht ausreichen und zum gegebenen Zeitpunkt angesichts des großen Fehlbetrages im Verkehrshaushalt des Bundes zur Finanzierung vordringlicher Verkehrsprojekte eine zügige Realisierung dieser Maßnahme nicht möglich wird. Das Kosten-/Nutzenverhältnis einer Westtrasse ist wohl nur mit 50 % im Vergleich zur Ostumfahrung anzusetzen.

8. Die mit ca. 28 Millionen € prognostizierte Ostumfahrung tangiert nur in geringstem Umfange die 2003 gegen den Willen der Bevölkerung ausgewiesenen FFH- und SPA- Gebiete. Von Experten wird berichtet, dass der in der Talaue als besonders schützenswert bezeichnete „Ameisenbläuling“ sich inzwischen auch in den Hängen bei Daschendorf und weiter östlich befindet. Auf die intensive landwirtschaftliche Nutzung mit einer Osttrasse tangierter Flächen gemäß letztem Absatz auf Seite 2 wird hingewiesen. Die Straßenführung im Osten könnte überwiegend entsprechend dem Geländeverlauf errichtet werden, lediglich im Bereich der Siedlung „Reckendorf-Ost“ wäre eine Eintiefung aus Lärmschutzgründen und damit in kostengünstigster Form sinnvoll.

9. Ein Anschluss der Siedlung „Reckendorf-Ost“ an die Ostumfahrung würde eine dringend erforderliche Entlastung des innerörtlichen Verkehrs in Reckendorf ermöglichen, ebenso der seit Errichtung des „Industriegebietes Eichen“ der Stadt Baunach im Jahre 1978 geplante Anschluss zur Entlastung des innerörtlichen Straßensystems in Baunach.

Im Zuge der Osttrasse sollte auch die dringend erforderliche Sanierung bzw. Erneuerung der Brücken über - Flutbereich des Mains – Main – und Baunach - der bestehenden B 279 erfolgen. Die hier bestehende Lücke in der Radweg-Verbindung Baunach - Breitengüßbach auf ca. 1 km stellt seit mindestens 15 Jahren eine tägliche Gefährdung zahlreicher Radler dar. Es ist nicht nachvoll-ziehbar, dass auf einer nicht ausreichend dimensionierten vor mehr als 50 Jahren geschaffenen Bundesstraße mit derzeit mehr als 15.000 Fahrzeugen pro Tag die Radler ohne jegliche Alternative konkurrieren müssen. Die sofortige Beseitigung dieses Missstandes als Teilmaß-nahme einer Ostumfahrung ist dringend geboten. Der seitens der Politik stets propagierte umweltfreundliche Radverkehr wird hier in unverantwortlicher Weise kontraproduktiv beeinflusst und dadurch Tag für Tag Menschenleben gefährdet.

Sollte seitens der Gemeinde Reckendorf keine fristgerechte Entscheidung für eine Trassenvariante getroffen oder hier eine Westumfahrung favorisiert werden, fordere ich hiermit für den Bereich der Stadt Baunach die Aufnahme der Ostumfahrung mit einer Querung des Baunachtales nördlich Reckenneusig in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrs-Wegeplans. Diese unendliche Geschichte muss nunmehr zielstrebig einer Lösung zugeführt werden.

Als Zwischenlösung bis zur Verwirklichung dieses Projektes sollte die Höchstgeschwin-digkeit in der Ortsdurchfahrt auf der Bundesstraße 279 auf 30 km/h beschränkt werden, um die unzumutbare Situation für die Bürgerschaft etwas erträglicher zu gestalten. Der vor kurzem auf der Ortsdurchfahrt in Baunach eingebaute Flüsterasphalt hat zwar zu einer geringen Lärmreduzierung geführt, die jedoch durch stetig zunehmende Verkehrszahlen wieder aufgehoben wird. Die Gefährdung der Anwohner nimmt in gleichem Maße zu und führt zu langen Wartezeiten für Grundstücksausfahrten und hohen Risiken bei Straßenüberquerungen, bedingt durch nicht endende Autoschlangen zu den Hauptverkehrszeiten.

Inzwischen gibt es zahlreiche Ortsdurchfahrten auf Bundesstraßen mit dieser Geschwindigkeitsbeschränkung in unserem Lande.

Diesen Schriftsatz werde ich allen zuleiten, die nach meiner Information an der Entscheidung für die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes mitwirken, den zuständigen Mandats-Trägern, den Fachbehörden für die Planungen und den kommunalen Vertretern vor Ort.

Insbesondere die Ziff. 4 der vorstehenden Auflistung ist von großer und nachhaltiger Bedeutung für die Gesundheit aller Menschen in den Orten Reckendorf, Reckenneusig und Baunach und die Verschiebung dieser Maßnahme in den Weiteren Bedarf bedeutet zwangs-läufig die Gefährdung der Gesundheit aller Bürgerinnen und Bürger entlang der Ortsdurch-fahrten, was durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt wird.

Ich danke im Voraus allen für ihre Unterstützung.

Mit freundlichen Grüßen

Gez. Georg Wild