Ortsverband Rückersdorf

Wolfgang Bosbach in Rückersdorf

Vollblut Politiker informiert und unterhält

Bosbach sprach Klartext

CSU Rückersdorf hatte politischen Hochkaräter zu Gast

Ein Dienstag Abend im September und der Schmidtbauernhof in Rückersdorf füllte sich zügig, die Erwartungen an den Redner waren gespannt: Wolfgang Bosbach, der sich als heimlicher CSU-Anhänger outete, enttäuschte nicht. In 100 kurzweiligen Minuten spann er pointiert, prägnant, informativ und unterhaltsam in freier Rede einen Bogen über Bürger, Bund und Innen- wie Außenpolitik.

Zunächst ging der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Innenausschusses auf die Politikverdrossenheit ein: Die Menschen seien nicht politik- sondern politikerverdrossen, man sehe das auch daran, dass nur 1,6% aller Deutschen Mitglied einer Partei sind.

Bosbach rezitierte die Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik, seit deren Bestehen es 65 Jahre Wachstum gegeben und nur 7 Jahre Rezession geherrscht haben. Dafür spreche auch Kontinuität: So habe Deutschland in den letzten 39 Jahren drei Kanzler, Italien 16 und Griechenland 15 erlebt. Daraus kam auch wirtschaftliche Stabilität. Eine Phase die jetzt angesichts des Ukrainekrieges droht?

Ausgehend davon, dass es nach dem Ende des zweiten Weltkrieges immer wieder Kriege weltweit gab, in welchen in Summe sogar mehr Menschen gestorben seien als im 2. Weltkrieg, näherte er sich dem jüngsten Krieg diesmal in Europa. Er sezierte dabei den Werdegang des russischen Machtverständnisses in der Vergangenheit und die beiden Phasen Putins vor und nach 2007: Dieser habe auf der im Jahr 2007 stattfindenden Sicherheitskonferenz reklamiert, dass Russland überall dort sei, wo Russen leben – und nahezu niemand habe das wörtlich genommen. Wenn man sähe, dass seit 1991 mit einem Schlag 23 Millionen Russen nicht mehr auf russischem Territorium leben würden, lasse das erahnen, welches Geisteshaltung dort herrsche.

Die Ukraine habe kein atomares Abschreckungsszenario mehr, sei bis 1994 noch Atommacht gewesen, hatte diese dann aber der russischen Staatsmacht zurückgegeben – und sich damit unwissend der ihr drohenden Zukunft in eine verletzbare Situation begeben. Neben anderen Ländern der Nato war auch Deutschland gegen die Aufnahme der Ukraine in die Nato. Was haben wir zu erwarten?: „Hört Russland auf zu kämpfen, ist der Krieg vorüber; hört die Ukraine auf zu kämpfen, ist es mit der freien Ukraine vorüber“.

Der Krieg treibt die Preise und damit die Inflation so Bosbach angesichts explodierender Energie- und Rohstoffkosten: Preise für Metalle, Strom und Gas haben sich verzehnfacht. Ein Unternehmen, das "nur" 2% des Umsatzes für Energie ausgebe, könne diese Verzehnfachung der Energiekosten auf 20% nicht kompensieren. Die derzeit beginnende Deindustrialisierung bedeute final das Ende von Wohlstand, Sozialstaat, freier Bildung in der bisher bekannten Form.

Deutschland deckt seinen Gesamtenergiebedarf zu 21% mit elektrischer Energie, hier findet derzeit ein Paradigmenwechsel statt, denn mit Gas produzierte elektrische Energie ist derzeit die teuerste Energiequelle. Unverständlich sei, dass diese Energie derzeit auch noch zu Niedrigstpreisen nach Frankreich exportiert werde, nur weil dort AKW wg. Kühlwassermangel oder Wartung nicht oder nicht mit voller Leistung betrieben werden. Insofern seien regenerative Energiequellen wie Wind- und Solaranlagen zwar sehr lukrative Energiequellen – aber nur wenn die Sonne scheine, in der Lage den inländischen Bedarf zu decken, und das sei in den wenigsten Wochen dauerhaft der Fall – und in großem Maße speichern lasse sich der Strom derzeit eben nicht.

Zudem weise das engmaschig verwebte europäische Stromnetz auch seine Tücken auf, die man nicht übersehen dürfe: So habe eine prophylaktische Abschaltung einer Höchstspannungsleitung während der Emspassage des Kreuzfahrtriesen „Norwegian Pearl“ im Jahr 2006 zu einem partiellen Blackout von Deutschland bis Spanien geführt.

Hier kritisierte er die aktuelle Bundespolitik, die nur auf sich und ihre Ideologien aber nicht auf die Bürger sehe und andere Wähler, weshalb es dringend angeraten sei, über die Ampelkoalition hinaus Konsens herbeizuführen.

Innenpolitisch thematisierte er auch die Flüchtlingswelle von 2015 und deren Auswirkungen, wobei man zwischen Zuwanderung aus der Ukraine und Flüchtlingen, die das Asylrecht in Anspruch nähmen, strikt differenzieren müsse. Zuwanderung haben nichts mit Asylrecht zu tun, geht nur für 1 Jahr und bedarf der Vorlage von Ausweisdokumenten. Das Asylrecht erfordere dagegen nur, dass sich jemand darauf berufe und am Ende festgestellt werden kann, dass die Person im Herkunftsland verfolgt ist. Bei letzteren zeige sich das Problem, dass vielfach Asylanten überhaupt keine Papiere dabei hatten, weil Sie dann riskieren abgeschoben zu werden, schlicht sei bei Flüchtlinge ohne Papiere die Identitätsfeststellung ungleich aufgrund der oft auch unrichtigen Angaben schwieriger.

Auch hier mahnte er dringend Beschleunigung der Verfahren im europäischen und im inländischen Interesse an, siehe auch den herrschenden Fachkräftemangel.

Mit einigen Fragen schloss sich dann ein sehr unterhaltsamer wie lehrreicher Abend.

 

tp / JoRo