Ortsverband Vagen

Diskussionsrunde

bezahlbarer Wohnraum in der Gemeinde

Bezahlbarer Wohnraum in der Gemeinde

Zu Beginn begrüßte unser CSU-Ortsvorsitzender Rudi Haimerl alle Anwesenden und vor allem die Referentin Christiane Noisternig zum Thema bezahlbarer Wohnraum sowie Zukunft des Einheimischen-Modells. Die Bauingenieurin ist als selbstständige Sachverständige für Immobilienbewertung tätig und sitzt für die CSU im Gemeinderat Feldkirchen-Westerham.

Hintergrundinformationen

Christiane Noisternig stellte als erstes die Entwicklungen in der Gemeinde vor. Von 2008 bis 2018 habe es eine Bevölkerungssteigerung von 11 % gegeben. Im gleichen Zeitraum seien die Mieten um 48 % und der Bodenrichtwert gar um 86 % gestiegen. Im Speckgürtel von München, mitten in der Boom-Region München-Salzburg stelle sich nun die Frage: mieten – kaufen – bauen? Zum sozialen Wohnungsbau in der Gemeinde erläuterte die Referentin, die Kommune besitze derzeit 73 Sozialwohnungen. Dafür würden Nettokaltmieten von 7,50 €/qm verlangt und die Gemeinde habe eigenes Belegungsrecht.

Es folgte ein kurzer Überblick über die sehr unterschiedliche Erschwinglichkeit von Wohnraum für die Bevölkerung in den verschiedenen Regionen der Bundesrepublik. Hierauf kam Christiane Noisternig auf die Flurnummer 84 in Feldkirchen zu sprechen. Dies ist das Grundstück gegenüber dem Rathaus zwischen Feldkirchen und dem AWO-Altersheim. Zur innerörtlichen Nachverdichtung plante man auf dieser Fläche schon seit 2015 Geschosswohnungsbau, ursprünglich auch ein Mehrgenerationenprojekt. Der Gemeinderat habe schon beschlossen, 2/3 des Grundstücks durch einen Investor mit Eigentumswohnungen zu bebauen und 1/3 durch die Gemeinde. Die Kommune hätte dann weitere gemeindeeigene Wohnungen erhalten. Dann sei das Jahr 2018 gekommen und die staatseigene Bayernheim habe sich vorgestellt. Der Gemeinderat habe dann beschlossen mit dem staatlichen Bauträger über den vollständigen Verkauf des Grundstückes zu verhandeln. Das hieße sozialer Wohnungsbau auf der kompletten Fläche mit Vergabe der Wohnungen durch das Landratsamt. Die sich ergebenden Folgekosten für Kindergärten und Schule müsste die Gemeinde tragen. Noisternig bezeichnete das Projekt als Fehlentwicklung auf einem Filetgrundstück der Gemeinde.

Einheimischen-Modell in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham

Danach erläuterte sie, dass das Einheimischen-Modell über Jahrzehnte in Feldkirchen sehr erfolgreich gewesen sei. Nun funktioniere das Modell durch die neuen EU-Richtlinien und die Entwicklungen am Immobilienmarkt nicht mehr richtig. Ein Versuch der Gemeinde andere Wege zu gehen war der Modellversuch am Kapellenbach. Die Gemeinde habe im Geschosswohnungsbau 12 Wohnungen mit Tiefgarage in Eigenregie geschaffen. Es hätten sich jedoch so hohe Kostensteigerungen ergeben, dass nun die Wohnungen fast zu Marktpreisen im Einheimischen-Modell angeboten werden müssten. Für die eigentliche Zielgruppe seien solche Wohnungen leider kaum erschwinglich. Dazu kommt, dass die Banken seit der Finanzkrise strengere Richtlinien bei der Kreditvergabe anwenden.

Nun ging die Gemeinderätin auf die aktuelle Vergabepraxis der Gemeinde ein. Der Gemeinderat bestimme Zeitpunkt und Dauer der Ausschreibung. Danach erfolge die Auswahl nach einem Punktesystem, und die Vergabe werde den entsprechenden Bewerbern schriftlich mitgeteilt. Es folgten Auszüge zu den aktuellen Vergaberichtlinien und den Punkte-Bewertungen. Die „Richtlinien der Gemeinde Feldkirchen-Westerham zur Vergabe von Baugrundstücken und Wohnungen im Einheimischen- und Sozialmodell“ (Link: www.feldkirchen-westerham.de/fileadmin/Dateien/Dateien/Ortsrecht/NeuerlassEinheimischenrichtlinienGRBeschluss20.03.2018.pdf) sind auf der Website der Gemeinde zu finden. Nachdem Christiane Noisternig noch kurz über das Baugebiet „Am Kleinfeld“ berichtet hatte, stellte sie einige Gedanken und Ideen zur Zukunft des Einheimischen-Modells vor.

Zukunft für das Einheimischen-Modells?

Trotz des schwierigen Umfelds müsse das Ziel sein, Wohnungseigentum für junge Familien am Ort zu schaffen. Deutschland sei Schlusslicht bei der Eigentumsquote in Europa! Müsse man nun über eine Abkehr vom klassischen Einheimischen-Modell nachdenken?

Als neue Wege zu mehr Wohnungseigentum stellte die Referentin dann noch einige Ideen in den Raum. Ein neuer Ansatz könne die Reform der Grundsteuer mit Besteuerung von unbebauten, aber bebaubaren Grundstücken im Innenbereich sein. Dies würde Grundstücksbesitzer zum Wohnungsbau motivieren. Dazu werde man um eine verstärkte innerörtliche Nachverdichtung, Aufstockungen und Geschosswohnungsbau wohl nicht herumkommen. Weitere Ideen wären Wohnungen im Gewerbegebiet z. B. über Discountern, oder die Umnutzung leerstehender ländlicher Anwesen zu Wohnungen oder Reihenhäuser. In Österreich gäbe es erfolgreiche Miet-Kaufmodelle, also Mietwohnungen mit Kaufoption. Weiter könne man die Förderung von Betriebswohnungen überlegen oder Genossenschaftsprojekte.

Diskussion

Im Anschluss folgte eine angeregte Diskussion zu den vorgestellten Themenbereichen. Christiane Noisternig musste sich vielen Fragen zum missglücktem Projekt Kapellenbach und zum Thema des bezahlbaren Wohnraums für ortsansässige junge Leute stellen. Zum Schluss bedankte sich Ortsvorsitzender Rudi Haimerl bei den Anwesenden für die interessierte Diskussionsmitarbeit und bei Christiane Noisternig und beschloss die gut besuchte Veranstaltung.