Artikel vom 05.04.2020
Interview im Erdinger Anzeiger
U30 Generation im Marktrat

Kommunalwahl 2020 Interview mit einem frischgewählten Wartenberger Trio
Generation U 30 erobert den Marktrat
Erdinger Anzeiger vom 4. April 2020, Markus Schwarzkugler
Sie sind jung, und sie sorgen ab Mai für frischen Wind im Wartenberger Marktrat. Melanie Falzetta (23/Grüne), Nina Hieronymus (27/CSU) und Simon Grandinger (28/CSU) sind das U30-Trio im neuen Gremium. Im Interview sprechen sie über ihre Ziele und darüber, wie sie es anstellen wollen, sich nicht von den alten Hasen im Rat unterbuttern zu lassen.
Wartenberg – Als der frischgewählte Wartenberger Marktrat vor sechs Jahren seine Arbeit aufnahm, betrug sein Durchschnittsalter 49,1 Jahre. Der Jüngste im Gremium war damals Markus Straßberger mit 36. Nach den jüngsten Wahlen ist die Hälfte des Rats noch immer in Amt und Würden, dennoch ist das Durchschnittsalter auf 47,5 Jahre gesunken. Grund dafür ist nicht zuletzt ein Nachwuchs-Trio, das frischen Wind ins Gremium bringt. Drei neue Räte sind nämlich unter 30 Jahre alt.
Im großen Interview mit unserer Zeitung sprechen Melanie Falzetta (23/Grüne), Nina Hieronymus (27/CSU) und Simon Grandinger (28/CSU) unter anderem darüber, wie sie es anstellen wollen, sich nicht von den alten Hasen im Marktrat unterbuttern zu lassen. Sie werden schnell merken, liebe Leser: Dieses Youngster-Trio wird im neuen Gremium alles andere als eine Statistenrolle einnehmen, sondern selbstbewusst mitgestalten.
Erst mal Respekt, dass Sie sich erstens haben aufstellen lassen und zweitens auch noch gewählt worden sind. Wie war es, als Sie von Ihrer Wahl erfahren haben?
Melanie Falzetta: Ich war als Wahlhelferin tätig und habe von Josef Sedlmaier (CSU-Marktrat, Anm. d. Red.)von meiner Wahl erfahren. Ich war absolut sprachlos und konnte es zunächst nicht ganz glauben. Es stand ja auch die Frage im Raum, ob die älteren Wähler ihr Kreuzchen auch bei den jungen Kandidaten machen würden. Ich bin sehr dankbar, dass mir die Wähler ihr Vertrauen geschenkt haben.
Nina Hieronymus:Ich hatte gerade die Stimmzettel der Kreistagswahl ausgezählt, als mir unser neuer Bürgermeister Christian Pröbst gesagt hat, dass wir neun Sitze im neuen Marktgemeinderat haben. Diesen Moment werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen – das war unglaublich. Ich habe mich einfach wahnsinnig gefreut und bin immer noch überglücklich.
Simon Grandinger: Ich hab’s auch beim Auszählen vom Kreistag erfahren. Nämlich von meinem besten Freund, der schrieb es mir per WhatsApp. „Simon, du bist sechststärkste Kraft in der CSU mit fast 1000 Stimmen.“ Da hat es mir die Sprache verschlagen. Weil damit habe ich echt nicht gerechnet, ich dachte eher an 500 Stimmen. Ein anderer Freund hat mir geschrieben: „Falls du es in den Marktrat schaffst, komme ich zu jeder Sitzung ins Rathaus.“ Auf das komme ich gerne zurück (schmunzelt).
Was glauben Sie: Warum wurden Sie gewählt?
Hieronymus: Diese Frage kann nur der Wähler beantworten. Im Vorfeld der Wahl haben mir viele Menschen gesagt, dass sie es wichtig finden, dass im neuen Marktgemeinderat mehr junge Menschen und vor allem Frauen vertreten sind.
Grandinger: Ich denke, durch meine Vereinsaktivitäten und auch durch meine Arbeit als Landwirt bin ich im Markt bekannt.
Falzetta: Einerseits kann mein Alter von Relevanz gewesen sein, eventuell der Wunsch nach einer gewissen Veränderung. Andererseits haben die Wartenberger Grünen mit Dominik Rutz und mir eine Doppelspitze – das sorgt für eine gewisse Präsenz. Wir hatten viele Veranstaltungen zum Kennenlernen.
Im Marktrat sitzen einige alte Hasen, die schon mal laut werden können. Haben Sie davor Respekt, oder wollen Sie frei von der Schnauze weg loslegen? Im Rat fliegen ja verbal schon mal die Fetzen.
Grandinger:Zuerst etwas zurückhaltend und alles auf mich einwirken lassen, aber wenn mir etwas nicht passt, werde ich sicher meine Meinung kundtun.
Falzetta: Dass in Wartenberg gelegentlich die Fetzen fliegen, ist mir bekannt, aber das stellte bei meiner Entscheidung zur Kandidatur kein Hindernis dar. Wenn’s mal laut wird, kann es gerne laut werden – wobei in meinen Augen die Lautstärke nicht der Schlüssel zum Erfolg oder Kompromiss ist. Am Thema bleiben, Respekt voreinander haben und sachlich diskutieren – das ist zumindest meine Herangehensweise für die kommenden Jahre.
Hieronymus:Diskussionen gehören zu unserer Demokratie. Es muss aber ein respektvoller und fairer Umgang miteinander gewahrt werden.
Vielleicht ist es gerade in hitzigen Debatten ein Vorteil, wenn man schon politische Erfahrung hat. Frau Hieronymus, Sie erleben die Politik ja tagtäglich als wissenschaftliche Mitarbeiterin von Ulrike Scharf. Sicher hilfreich für Sie.
Hieronymus: Ich habe das große Glück, seit fast zwei Jahren täglich einen tiefen Einblick in die politische Arbeit der Abgeordneten des Landtags zu bekommen. Das Verständnis für die unterschiedlichen politischen Strukturen, die Funktionsweisen von Behörden und Verwaltungen und das Wissen um die Komplexität der unterschiedlichen Themen werden mir sicher eine große Hilfe sein.
Sie sind mit ein paar Jahren Abstand die Jüngste im Rat, Frau Falzetta. Wie wollen Sie es anstellen, damit Sie sich bei angesprochenen alten Hasen Gehör und auch Respekt verschaffen?
Falzetta: Viele der alten Hasen waren auch mal junge Hasen. Auch sie standen vor Jahren in meiner Position als Jüngste im Gremium. Ich bin mir sehr sicher, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt Gehör und Respekt gewünscht haben – so wie ich es jetzt tue. Ich werde sehr gerne daran erinnern, wenn ich merken sollte, dass meine Aussagen, Meinungen und Forderungen aufgrund meines Alters milde belächelt oder gar nicht ernst genommen werden. Wovon ich aber nicht ausgehe.
Kennen Sie drei sich eigentlich untereinander?
Hieronymus: Simon und ich kennen uns schon seit unserer Jugend und haben uns jetzt während des Wahlkampfes oft gesehen. Melanie kenne ich nur vom Sehen. Am Wahlabend haben wir uns aber natürlich gegenseitig gratuliert und uns gemeinsam gefreut.
Grandinger: Wir kannten uns vor allem vom Sehen her, jetzt durch die Partei kenne ich die Nina etwas besser.
Falzetta: Ich kenne sowohl Nina als auch Simon nicht wirklich – wobei ich mit Nina beispielsweise auf Facebook befreundet bin (schmunzelt).
Sehen Sie drei sich wegen Ihres Alters vielleicht sogar als kleines Team?
Grandinger: In Bezug auf die Jugend sehe ich uns schon ein wenig als Team. Der Rest wird sich noch zeigen.
Falzetta: Auch wenn es mit großer Sicherheit in den kommenden Jahren verschiedene politische Ansichten geben wird, empfinde ich es als Vorteil, dass es drei Räte gibt, die zur Generation U 30 gehören – zumal die Jüngeren anders ticken als die Älteren.
Hieronymus: Melanie, Simon und mich verbindet unser Alter natürlich in gewisser Weise. Simons und meine politische Heimat ist die CSU. Melanie ist bei den Grünen. Inwieweit wir einer Meinung sind, wird sich zeigen.
Als junge Bürger haben Sie das Ohr am Nachwuchs im Markt. Was könnte für ihn verbessert werden im Markt Wartenberg?
Hieronymus: Für junge Leute ist insbesondere die Freizeitgestaltung wichtig. Der Thenner See ist für uns alle ein Ort der Erholung. Zusammen mit dem Landkreis müssen wir ihn weiter aufwerten. Die jüngeren Menschen möchte ich für die Politik begeistern und insbesondere auch junge Frauen dazu ermutigen, sich zu engagieren
Falzetta: Die Jugend muss mehr ins Geschehen miteinbezogen werden. Ganz wichtig: Mann muss sie mitreden lassen. Zum Beispiel bei der Gestaltung des Ferienprogramms. Das erste Jugendforum im vergangenen Jahr war eine großartige Idee. An diesen Erfolg sollten wir anknüpfen und das Forum fortsetzen – auch mit Bürgern, die über 16 Jahre alt sind. Nun haben wir einen von den Jugendlichen gewünschten Kondomautomaten – aber es geht noch mehr. Beispielsweise eine dichtere Taktung des ÖPNV, damit die Jugendlichen selbstständig und bequem von Wartenberg nach zum Beispiel Erding oder Moosburg fahren können.
Grandinger:Ich sehe mich als Sprachrohr für die Jugendlichen, habe noch einen sehr guten Draht zur Jugendgemeinschaft. Es müssten mehr Großveranstaltungen gefördert werden. Durch meine Erfahrung als Beisitzer in der Jugendgemeinschaft kann ich hier schon unterstützen.
Hand aufs Herz: Spüren Sie jetzt auch einen großen Druck auf sich lasten?
Grandinger: Durch meinen Beruf als Landwirtschaftsmeister bin ich es schon gewohnt, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen.
Falzetta: Ich habe vor der Aufgabe großen Respekt, aber verspüre keinen Druck. Ich habe mir vor meiner Kandidatur ausreichend Zeit genommen, um mir Gedanken zu machen, was mich bei einer Wahl erwartet. Das nimmt den Druck weg.
Hieronymus: Es ist eine Ehre und gleichzeitig auch eine große Verantwortung, zukünftig an den Entscheidungen, die die Menschen in Wartenberg betreffen, maßgeblich beteiligt zu sein. Ich bin aber bereit dafür.
Den ersten Schritt haben Sie jetzt getan. Zum Abschluss möchte ich nun aber wissen, ob der Bürgermeisterposten vielleicht auch irgendwann mal was für Sie wäre.
Grandinger: In dieser Hinsicht habe ich als Bauer zuhause erst mal genug zu tun. Mal schauen, was die Zeit mit sich bringt.
Hieronymus:Das Leben geht Wege und nimmt Wendungen, die man nicht planen und voraussehen kann. Deshalb: Sag niemals nie!
Falzetta:So würde ich es auch formulieren, da sich die persönlichen Ansichten über die Jahre verändern können. Allerdings ist meine Antwort bislang ein klares Nein. Mein Studium und mein Nebenjob an der Marie-Pettenbeck-Schule zeigen nämlich, dass ich sehr gerne eine Lehrerin bin. Ich kann mir gerade nicht vorstellen, ein Klassenzimmer mit dem Bürgermeisterbüro zu tauschen.
- Das sind die drei Wartenberger U30-Räte:
Melanie Falzetta von den mit drei Sitzen erstmals im Rat vertretenen Grünen ist mit ihren gerade mal 23 Jahren mit Abstand die Jüngste und durfte die Gemeinderatsliste ihrer Partei sogar anführen. Sie liest gerne, sammelt – für ihr Alter ähnlich ungewöhnlich wie ihr politisches Engagement – Schallplatten und besucht Kunst- sowie Geschichtsmuseen. Die Wartenbergerin studiert Deutsch, Geschichte und Sozialkunde auf Gymnasiallehramt. Gerade arbeitet sie an ihrer Zulassungsarbeit.
Trotz ihrer erst 27 Jahre schon viel Erfahrung in der Politik gesammelt hat Nina Hieronymus von der CSU. Sie ist nämlich als wissenschaftliche Mitarbeiterin die rechte Hand von Ex-Umweltministerin und Landtagsabgeordneter Ulrike Scharf. Die große Leidenschaft der Wartenbergerin ist das Laufen und die Bewegung an der frischen Luft – Wandern, Radeln, Schwimmen zum Beispiel. Das Reisen, das Kennenlernen anderer Kulturen liebt sie seit ihrer Kindheit. „Und Lesen ist für mich die pure Entspannung“, sagt sie.
Das U 30-Marktratstrio vervollständigt Simon Grandinger, ebenfalls von der CSU. Der 28-Jährige ist ein echter Vereinsmeier im positiven Sinne. Er ist Mitglied beim TSV Wartenberg, förderndes Mitglied der Jugendgemeinschaft, Schütze bei St. Ulrich Pesenlern und auch beim FC Fraunberg dabei. Die Hobbys des Landwirtschaftsmeisters: Skifahren, Schafkopfen, Schießen, Wandern, Radeln, was mit Freunden unternehmen.