Ortsverband Wartenberg

Gewerbegebietserweiterung in Wartenberg

Für ein Rechenzentrum fehlt der Strom

Da ist noch gut Platz: Für diese gestrichelt umrandete Erweiterungsfläche im Gewerbegebiet Thenn wird der Flächennutzungsplan erneut geändert. © Architekturbüro Pezold

Montag, 23. Juni 2025, Erdinger Anzeiger / Nördlicher Landkreis

Wartenberg – Nach der Erweiterung ist vor der Erweiterung: So denkt es sich die Marktgemeinde Wartenberg mit Blick auf ihr Gewerbegebiet in Thenn. Weitere Unternehmen sollen dauerhaft über die Gewerbesteuer und einmalig über Grundstücksveräußerungen Geld in die nicht gerade überlaufende Gemeindekasse spülen. Der Marktrat hat kürzlich die nächste Erweiterung vorangebracht, mit einer Ergänzung zur bereits vor gut zwei Jahren auf den Weg gebrachten Flächennutzungsplanänderung. Nach der Beratung gab es bei 13 Ja- aber auch fünf Nein-Stimmen.

Bürgermeister Christian Pröbst (CSU)

Zehn Jahre Lieferzeit für Strom. Da muss ich schon sagen: Gute Nacht, Bayern.

Wie Bürgermeister Christian Pröbst (CSU) berichtete, war für diese Erweiterung gen Osten auf über zwei Hektar zunächst ein „Großrechenzentrum“ im Gespräch gewesen. Doch: Den dafür nötigen Strom würde man nicht nach Thenn bekommen. Zumindest nicht rechtzeitig.

Pröbst berichtete von Gesprächen mit Tennet und Bayernwerk: „300 Megawatt bräuchten wir.“ Allerdings könne Bayernwerk diese Menge Strom erst in zehn Jahren liefern, Tennet sogar erst in zehn bis 16 Jahren. Die Umspannwerke, unter anderem in Neufinsing, müssten überarbeitet werden, so Pröbst. „Demnächst rüsten sie zwar um 700 Megawatt auf, aber das ist alles schon vergeben.“ Dass wirklich nichts zu machen ist, untermauerte er mit Blick auf besagte Besprechung: „Das war eine riesengroße Runde – mit lauter Dr. Dr. . . .“

Außerdem frotzelte Pröbst: „Zehn Jahre Lieferzeit für Strom. Da muss ich schon sagen: Gute Nacht, Bayern.“ Dazu meinte sein CSU-Kollege Thomas Furtner: „Da muss man sich nicht wundern, wenn wir sogar so Sachen machen wie ein Windrad abzulehnen.“

Bereits vor gut zwei Jahren hatte der Marktrat beschlossen, den Flächennutzungsplan zum achten Mal zu ändern, um ein „Sondergebiet großflächig produzierender Betrieb“ zu ermöglichen. Das Gewerbegebiet wird aber erst dann realisiert, wenn Verträge zwischen Grundeignern und Investoren geschlossen sind. Nach dem Aus für besagtes Rechenzentrum will man sich nun mehr Handlungsspielraum verschaffen, um auch mit kleineren Unternehmen verhandeln zu können. Deswegen die Ergänzung zur Planänderung: „Jetzt wird es ein ganz normales Gewerbegebiet, dann sind wir flexibler“, erklärte Pröbst dazu.

Von der Regierung von Oberbayern hat es laut Gemeindeverwaltung bereits grünes Licht gegeben, da bei der östlichen Erweiterung „die Zielvorgaben zur Anbindung von Siedlungsflächen eingehalten werden“. Ein naturschutzrechtliches Gutachten kann dem Bürgermeister zufolge aber erst im März 2026 durchgeführt werden, unter Rücksichtnahme auf die Feldlerche. Bis dahin könne man schon mal den Bebauungsplan voranbringen.

Nikolaus Hintermaier (parteilos) wollte allerdings wissen, ob nicht ein Industrie- sinnvoller als ein Gewerbegebiet wäre. „Nicht, dass wir da wieder 20 Wohnungen reinkriegen“, sagte er mit Blick auf Probleme in der Vergangenheit (wir berichteten mehrfach). Das will Pröbst nun prüfen lassen.

Und Michael Paulini (SPD) meinte sich erinnern zu können, dass man die Erweiterungsfläche doch speziell für das Rechenzentrum geplant habe. Dem widersprach Pröbst, man habe auch schon vorher produzierendes Gewerbe im Blick gehabt.

Die zuvor in die Wege geleitete südliche Erweiterung ist übrigens in vollem Gange. Dorthin siedeln bereits ortsansässige Unternehmen aus, die so mehr Platz bekommen. Es handelt sich um die vier Firmen Bayernglas, Gnadler (Sanitär/Heizung), Autoglas Heim und Gaseo (Industrieanlagen), berichtet Pröbst auf Nachfrage. Die Grundstücke seien verkauft, teils werde schon gebaut.

Wie berichtet, empfiehlt die Mehrheit des Finanzausschusses im Rahmen der Haushaltsberatungen dem Marktrat, die Gewerbesteuer von 450 – landkreisweiter Spitzenwert – auf 399 von Hundert zu senken. Hintergrund ist, dass man vergangenes Jahr rund 600 000 Euro mehr Gewerbesteuer eingenommen hat als kalkuliert und die Firmen nicht gerade glücklich sind mit dem hohen Satz. Doch dieses Thema könnte im Marktrat am 30. Juni noch einmal heiß diskutiert werden.MARKUS SCHWARZKUGLER