Artikel vom 06.06.2025
Wartenberger Räte kritisieren Ministerin Scharf
Hilferuf nicht angekommen

Isabell Haindl (Kita-Leiterin/CSU)
Mehr Bescheidenheit bei der Ausstattung von Kitas: Da krieg‘ ich Schnappatmung.
Freitag, 06. Juni 2025, Erdinger Anzeiger / Nördlicher Landkreis
„Hilferuf nicht angekommen“
Mehr Fördermittel für Kitas: Wartenberger Räte kritisieren Ministerin Scharf
Wartenberg – Die Wartenberger Initiatoren waren schon ungeduldig, wollten es notfalls alleine durchziehen. Froh waren sie, als dann doch alle 26 Kreis-Kommunen nach längerem Anlauf einen zweiseitigen Appell formuliert hatten. Adressaten: die bayerischen Staatsministerien für Unterricht und Kultur sowie für Familie, Arbeit und Soziales. Das Ziel: höhere Fördermittel für die Kitas, in denen sich die Gemeinden immer höheren Kosten ausgesetzt sehen.
Die Kommunen und Eltern haben künftig keinerlei Hilfen zu erwarten.
Michael Paulini (SPD)
Nach einem Runden Tisch Mitte Mai, bei dem das Papier an Ulrike Scharf übergeben wurde, die zweitgenanntem Ministerium vorsteht, ist die Enttäuschung nun trotzdem groß. Scharfe Kritik an Scharf hagelte es am Mittwoch im Wartenberger Marktrat.
„Wir haben das der Frau Scharf übergeben, mit mäßigem Erfolg. Unser Hilferuf ist nicht angekommen“, sagte Bürgermeister Christian Pröbst (CSU). „Wir bekommen keinen einzigen Cent für Reinigungskräfte, Hausmeister, Strom“, listete er auf. Einfach die Gebühren „verdreifachen, vervierfachen, da werden uns die Eltern nicht unbedingt lieben“.
SPD-Rat Michael Paulini, der den Anstoß für den Brief gegeben und zwischenzeitlich immer wieder nachgehakt hatte, zeigte sich „maßlos enttäuscht“. Er zitierte aus der Presse Aussagen Scharfs, dass man von den Standards runter müsse, die Träger sich das schönste und tollste Haus wünschen, Eltern die Betreuung nicht wertschätzen würden.
Kostenlose Betreuung kommt nicht in Frage
Mehr Bescheidenheit bei der Ausstattung von Kitas: Da krieg‘ ich Schnappatmung.
Isabell Haindl (Kita-Leiterin/CSU)
Scharf wurde in unserer Zeitung so zitiert: „Ich wundere mich schon, dass einer Kostensteigerung um 20 Euro gleich ein politischer Aufschrei folgt.“ Auch das brachte Paulini auf die Palme, er hatte eine höhere Mehrbelastung für die Eltern von Jahr zu Jahr errechnet: „Frau Staatsministerin verweigert sich der Realität.“ Zudem seien immer mehr Kinder zu betreuen. Paulinis bitteres Fazit: „Die Kommunen und Eltern haben künftig keinerlei Hilfen zu erwarten.“ Mehrere Räte verwiesen auch darauf, dass in anderen Bundesländern die Kinder kostenlos betreut würden, wozu es laut Scharf in Bayern nicht kommen wird.
Auch CSU-Rätin Isabell Haindl, als langjährige Leiterin des Pfarrkinderhauses vom Fach, hatte Zeitung gelesen und „war mehr als schockiert. Mehr Bescheidenheit bei der Ausstattung von Kitas: Da krieg‘ ich Schnappatmung“. In der SZ habe sie gelesen, dass Scharf von durchschnittlich 80 Euro Elternbelastung im Monat für eine Betreuung von sechs Stunden am Tag gesprochen habe. Gerade mit Blick auf Krippengebühren von schnell mal 400 Euro sieht Haindl die Ministerin hier schlecht informiert. „Warum hat frühkindliche Bildung in Bayern keinen Stellenwert?“, fragte sie.
Dass Scharf, aber auch die Bürgermeister von St. Wolfgang und Buch, Ullrich Gaigl und Ferdinand Geisberger, beim Runden Tisch mehr Eigenverantwortung der Eltern gefordert hatten, um das Kita-Personal zu entlasten, stieß Martina Scheyhing (Grüne) sauer auf. Die Eltern müssten immer mehr arbeiten, sich aber noch mehr kümmern? Eine solche Forderung sei „die größte Watschn“ für die Eltern.
„Die Systemfinanzierung wird auf dem Rücken der kleinen Kinder ausgetragen“, wetterte Josef Sedlmaier (CSU). Und Vize-Bürgermeisterin Carla Marx (Neue Mitte) „konnte nicht glauben, was da steht“. Man müsse den Druck auf die Regierung erhöhen. „Die sollen mal vor Ort vorbeikommen – und nicht nur für eine Stunde.“ Pröbst verlieh hier seiner Ohnmacht Ausdruck. Er sei ja selbst schon im Ministerium gewesen. Überall heiße es: Problem bekannt.
Hieronymus: Aufgabe durchaus erkannt
Nina Hieronymus (CSU), persönliche Referentin Scharfs im Ministerium, versuchte zu beschwichtigen. Im Ministerrat und auch an den Aussagen von Ministerpräsident Markus Söder hatte sie ausgemacht, dass das Ganze „durchaus als Aufgabe erkannt“ worden sei. Eduard Ertl bilanzierte dagegen sarkastisch: „Da muss ich sagen: Danke, Frau Ministerin, dass Sie da waren!“ Kritische Worte fand auch Nikolaus Hintermaier (parteilos), er gab der Ministerin immerhin in einem Punkt recht: Kindergärten seien in erster Linie Zweckbauten.
MARKUS SCHWARZKUGLER