Bezirksverband Oberfranken

CSU BV Oberfranken

Strategiepapier Oberfranken Digital 2025

Virtueller Bezirksparteitag CSU Oberfranken

14.07.2020

 

Einleitung

Der CSU-Bezirksverband Oberfranken will die Region Oberfranken als Gewinner der Digitalisierung sehen. Voraussetzung ist, dass wir mit Hilfe der Digitalisierung die Stärken des ländlichen Raumes nutzen und seine Schwächen überwinden. Wir wollen durch die kluge Nutzung digitaler Technik Leben und Arbeiten, Wertschöpfung und Umwelt, individuelle Entfaltung und soziale Verantwortung, Freiheit und Sicherheit in Einklang bringen und dadurch Wohlstand und Lebensqualität unserer Heimat für die nächsten Generationen sichern. Dazu muss jetzt unsere digitale Infrastruktur lückenlos ausgebaut werden (B), in digitale Bildung und Kompetenz investiert werden (C), die Nutzung smarter digitaler Technik in der lokalen und regionalen Politik, den Verwaltungen, den Unternehmen, sozialen und kulturellen Organisationen und auch zuhause angestoßen und gefördert werden (D).

 

Infrastruktur

Über 95 % der oberfränkischen Haushalte in den Oberzentren und 70 % in den Landkreisen sind  mit schnellem Internet versorgt. Allerdings: Nur etwa die Hälfte aller öffentlichen Gebäude wie Rathäuser, Kliniken und Schulen sind bzw. werden gerade an das Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden.

Wir wollen erreichen, dass bis Ende 2022 alle Haushalte und Organisationen in Oberfranken über Internetanschlüsse mit mehr als 50 Mbit/s verfügen. 

Beim Mobilfunk weisen insbesondere die Mittelgebirge zu viele weiße Flecken auf. Vom 5G Standard ist unsere gesamte Region noch so gut wie unberührt. Wir werden uns dafür einsetzen,

  • dass die Genehmigungsverfahren für neue Mobilfunk-Antennen auf Bundesebene gestrafft und beschleunigt werden,
  • dass die bayerische Staatsregierung den zügigen Netz-Ausbau forciert und
  • Oberfranken als Pilot-Region für den ländlichen Raum in Bayern fördert.

Dabei darf der Ausbau nicht auf die Oberzentren und die Hauptverkehrswege beschränkt bleiben. Wir wollen in Oberfranken eine flächendeckende 5G-Versorgung, gerade auch in den ländlichen Räumen.

Die CSU Oberfranken wird im kommenden Frühjahr mit einer Konferenz Digitale Infrastruktur eine Bestandsaufnahme der Internet- und Mobilfunk-Versorgung in Oberfranken vornehmen und die Perspektiven und Möglichkeiten sowie Zeitpläne des Netzausbaus diskutieren.

Wirtschaft und Forschungseinrichtungen sind zunehmend auf die schnelle Verarbeitung immer größer werdender Datenmengen angewiesen. Wir setzen uns deshalb für mehr Rechenleistung in Oberfranken ein. Angesichts seiner hohen Industriedichte wäre Oberfranken ein geeigneter Standort für ein kommerzielles bayerisches HPC (High- Performance-Computing)-Rechenzentrum mit deutschen Datenschutzstandards.

 

Digitale Bildung und Kompetenz

Digitale Bildungsregion

Die Nutzung der Digitalisierung setzt in allen Lebensbereichen Menschen voraus, die die digitalen Technologien verstehen, planen, anwenden und weiterentwickeln können. Oberfranken ist mit seinen vier staatlichen Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und seiner ausdifferenzierten Schullandschaft und den Bildungszentren der Kammern geeignet, digitale Bildungsregion zu werden.

Die Corona-Pandemie hat es uns deutlich vor Augen geführt: unsere Schulen müssen in der Lage sein, notfalls auch Unterricht via Internet anzubieten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass alle notwendigen technischen Voraussetzungen für den IT-gestützten Unterricht in den Schulen und bei jedem einzelnen Schüler vorhanden sind und den Lehrenden genügend Freiräume gegeben werden. Lehrer müssen für den digitalen Unterricht aus- und fortgebildet werden. Zu diesem Zweck fordern wir den Aufbau eines zentralen Instituts für digitale Lehrerbildung, dazu sollen die beiden vorhandenen digitalen Lernlabore vernetzt und vergrößert werden. Die Server der Schulen sollen nicht durch ehrenamtlich tätige Lehrer, sondern durch die Sachaufwandsträger betreut werden. Die durch das verbesserte Supportangebot freiwerdenden Kapazitäten sollen für die Mediendidaktik eingesetzt werden.

 Wir wollen, dass berufliche und akademische Bildungseinrichtungen kooperieren und gemeinsam Unterrichtsräume, Labore und Ausbildungsmittel nutzen. In Reallaboren wird es möglich, praxisnah an Hochtechnologie zu lehren und auszubilden. Potential dazu bietet etwa der Neubau des Campus Kulmbach. Durch mediale Verfügbarkeit soll Ausbildung und Lehre unabhängig von Zeit und Ort möglich werden. Neue und bestehende Ausbildungsberufe die für die Digitalisierung existenziell sind, müssen in Oberfranken ausgebildet werden. Der Grundstein ist gelegt, es muss jetzt weiter gebaut werden.

Wir fordern die Förderung für den Ausbau des“ Kompetenzzentrums Digitales Handwerk“ zu einem „Digitalen Innovations- und Anwenderzentrum für Handwerk und KMU“ an der Handwerkskammer für Oberfranken als best practice Fall.

 

Effizienter Wissenstransfer

Oberfranken hat mit der Technologieallianz Oberfranken (TAO) eine starke wissenschaftliche Kompetenz in der Gestaltung und Nutzung der Digitalisierung. Durch die High-Tech Agenda sowie die im Mai 2020 im Rahmen des KI-Wettbewerbs genehmigten 13 KI-Professuren werden die oberfränkischen Hochschulen im Bereich KI und Informatik künftig noch stärker aufgestellt sein.In vielen kooperativen Projekten haben unter anderem die an den Hochschulstandorten ansässigen Forschungsinstitute und Fraunhofer-Einrichtungen umfangreiches Wissen zur digitalen Transformation aufgebaut. Dieses Wissen muss allen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe und Finanzkraft zur Verfügung gestellt werden.

Die CSU Oberfranken wird in Workshops weitere Möglichkeiten des Wissenstransfers von den Hochschulen in die Wirtschaft erörtern. Ebenso sollen mit Wissenschaft und Wirtschaft die Digitalisierung von Prozessen in Industrie, Handel und bei Dienstleistern diskutiert werden. Megatrends und Trends der Digitalisierung sollen den oberfränkischen Unternehmen frühzeitig erschlossen und zugänglich gemacht werden.

 

Digitalisierung im öffentlichen und privaten Bereich

Digitalisierung von Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger
und von politischen Prozessen

Die Digitalisierung nimmt die räumliche Distanz zwischen Bürgern und Verwaltung. Schon jetzt können in den Rathäusern und Landratsämtern bereits zahlreiche Anträge online gestellt werden. Dadurch werden Verwaltungsabläufe und Verfahren beschleunigt sowie Personalkosten reduziert. Das derzeit bestehende Angebot ist aber noch erheblich ausbaufähig. Auf dem Weg Oberfrankens zu einer e-Government-Vorzeige-Region wollen wir die Erarbeitung einer digitalen Agenda für jede kreisfeie Stadt und jeden Landkreis und deren straffe Umsetzung. Dies hebt die Attraktivität unseres Raumes für Menschen aller Generationen, wie auch die Standortqualität für Unternehmen jeder Art.

Durch die Nutzung digitaler Technik entstehen niedrigschwellige Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Dies wird auf lange Sicht die Akzeptanz auch schwieriger politischer Entscheidungen erhöhen.  Wir wollen in Oberfranken Verfahren und Techniken zur Stärkung der digitalen Bürgerbeteiligung entwickeln und erproben. Dazu soll die Staatsregierung den Aufbau einer Online-Plattform unterstützen, auf der sich alle versammeln, die an dem Thema mitarbeiten können und möchten. Der Dialogprozess soll vollständig digital abgewickelt werden.

 

Digitalisierung in der Wirtschaft und Landwirtschaft

Die oberfränkischen Unternehmen müssen rasch auf einen höheren Digitalisierungsstand gebracht werden. Dabei setzen wir auf eine engeKooperation der Bezirksregierung mit den beiden Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammer, der Technologieallianz Oberfranken und unseren Fraunhofer-Einheiten. 3-D-Druck, Simulation, Blockchain-Technologie, Künstliche Intelligenz, Virtual und Augmented Reality oder Automatisierung bieten unendliche Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. Förderprogramme wie z.B. go-digital, der Digitalbonus, Industrielle Gemeinschaftsforschung oder ZIM-Projekte sind für den Wirtschaftsstandort Oberfranken von großer Bedeutung und müssen weiter finanziert und ausgebaut werden.

Im Rahmen einer Umfrage des Projektes „Digital Regions“ hat das Institut für Informationssysteme der Hochschule Hof Anfang d. J. ermittelt, dass gerade einmal ein Drittel der Unternehmen in Oberfranken die Einrichtungen und Institutionen zur Förderung der Digitalisierung kennt. Das Marketing für die staatlichen Angebote zur Unterstützung des Digitalisierungsprozesses muss massiv verbessert werden.

Die landwirtschaftlichen Betriebe bieten großes Potenzial für Digitalisierung und Automatisierung. Hier kommen vermehrt autonom arbeitende und elektrisch angetriebene Maschinen zum Einsatz. Auch in der Tierhaltung hält die Automatisierung rasant Einzug. Sensoren und Überwachungssysteme erfassen schnell Anomalien oder Krankheiten. Fütterungsautomaten, Melkroboter usw. vereinfachen die schwere Arbeit. Diese technische Entwicklung setzt jedoch den flächendeckenden Ausbau von Glasfasernetzen und 5G voraus.

Auch insoweit muss Wissen gebündelt und niederschwellig transferiert werden. Wir wollen die Landwirtschaftlichen Lehranstalten des Bezirks in Bayreuth zur zentralen landwirtschaftlichen Ausbildungsstelle für digitale Technik und Verfahren in Bayern machen.

Digitalisierung in der Medizin und Pflege

Die Digitalisierung ist ein wichtiger Baustein für die verbesserte Gesundheitsversorgung auf dem Land wie erfolgreiche Modellprojekte in Oberfranken zeigen. Dazu ist neben einer guten technischen Ausrüstung auch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal erforderlich. Dem muss in Ausbildung und Studium ebenso Rechnung getragen werden wie bei passgenauen Fort- und Weiterbildungen. Konkret werden wir uns für eine explizite Aufnahme dieser digitalen Kompetenz in die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe einsetzen.

Entscheidend für eine funktionierende Struktur ist letztlich das Lösen der Schnittstellenproblematik. Nur wenn alle Beteiligten gemeinsam an einem Strang ziehen, kann eine digitale Kommunikation zum Wohle der Patienten in die Regelversorgung überführt werden. Hierfür werden wir das Projekt „Gesundheitsversorgung 4.1“ oberfrankenweit ausweiten. Was als Pilotversuch in Wallenfels und im Landkreis Wunsiedel i.F. begann, ist inzwischen ein starkes Netzwerk, das sich über mehrere Landkreise erstreckt. Haus- und Fachärzte sowie Pflegeheime und Pflegedienste arbeiten im Bereich der Telemedizin zusammen, künftig sollen auch Krankenhäuser eingebunden werden. Die Patienten profitieren durch einen niedrigschwelligen und schnellen Zugang zu einer ärztlichen Untersuchung in digitaler Form. Videosprechstunden und elektronischer Datenaustausch, aber bspw. auch digitale Mobilitätskonzepte für Patientenbusse können gerade in ländlichen Regionen maßgeblich zur Verbesserung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung beitragen. Besonders wichtig ist uns dabei: Die Technik soll unsere Ärzte unterstützen und entlasten, sie aber nicht ersetzen.

Ein Großteil der Bevölkerung wünscht sich, möglichst lange selbstständig im eigenen Zuhause bleiben zu können. Helfen können technische und digitale Assistenzsysteme. Dabei ist jedoch eine individuelle und passgenaue Beratung notwendig/sinnvoll, wie das Pilotprojekt „9x selbstbestimmt Wohnen in Oberfranken“ zeigt. Unser Ziel ist, ein Modell für altersgerechtes Wohnen bzw. ein „vorbildliches Wohnumfeld für Pflegebedürftige“ zu entwickeln. Im ersten Schritt konnte das Leuchtturmprojekt „DeinHaus 4.0.“ im Masterplan „Bayern Digital II“ verankert werden.

Mobilität im ländlichen Raum

Mit Hilfe der Digitalisierung können die individuelle Mobilität sowie der öffentliche Personennahverkehr nachhaltig verbessert werden. Durch die intelligente Kombination von ÖPNV und Individual-Verkehr, sowie selbstfahrenden Fahrzeugen wird es möglich, bisher nicht wirtschaftliche Streckenverläufe und Querverbindungen zwischen den ländlichen Kommunen zu erschließen.

Die zukunftsweisenden Pilotprojekte zum autonomen Fahren in Kronach, Rehau und Hof müssen fortgeführt und ausgebaut werden. Oberfranken muss auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle für den ländlichen Raum einnehmen und zukunftsfähige, alternative ÖPNV-Angebote entwickeln.

Standort- und Regionalmarketing

Die in den Teilregionen bereits vorhandenen digitalen Plattformen müssen genutzt werden, um mit einem modernen und effizienten Standortmarketing Fachkräften Chancen aufzuzeigen und interessante berufliche Perspektiven zu bieten. Dazu müssen sie besser vernetzt und strategisch gemanagt werden. Wir sehen hier eine wichtige koordinierende Aufgabe für den Oberfranken offensiv e.V.. Zusammen mit den regionalen Medien, Tourismusverbänden und Wirtschaftskammern wollen wir die Dachmarke Oberfranken kraftvoll weiter entwickeln. Über innovative eine digitale Landkarte Oberfrankens, die alle Unternehmen, sozialen Einrichtungen, Behörden und Vereine beinhaltet, sollen Bewohner und Zuzugswillige alles Wichtige über unsere Region erfahren.  

Digitalisierung und Energie

Energiepolitik muss sektorübergreifend und gemeinsam mit der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik gedacht werden, wie dies der „WUNsiedler Weg“ seit langem erfolgreich praktiziert. Die durch die Energiewende angestoßene Dezentralisierung der Energieerzeugung erfordert den Umbau des gesamten Energiesystems. Die Stromnetze lassen sich nicht in der nötigen Geschwindigkeit ausbauen. Durch die Digitalisierung der Orts- und Verteilernetze wird es möglich, Netzdaten bereitzustellen, Kundenanlagen mit intelligenter Messtechnik auszustatten und eine intelligente Energiesteuerung umzusetzen. Für den Kunden bieten sich dadurch neue Möglichkeiten, durch Eigenenergieerzeugung und Bereitstellung von Flexibilität aktiv auf die Netz- und Energiekosten Einfluss zu nehmen und selbst am regionalen Energiemarkt teilzunehmen.

Oberfranken ist eine gute Region für eine oder mehrere LECs (Local Energy Community), die Teil des „Green Deal“ der Europäischen Union werden können. In dem gemeinsamen Einkauf sauberer Energie und deren intelligenter Verteilung erschließen sich KMUS Kosten- und Wettbewerbsvorteile und geht Oberfranken bei der Energiewende voran.

Oberfranken beheimatet wichtige Akteure, wie die TenneT TSO GmbH, E.ON Energie Deutschland und E.ON Netz GmbH,  Bayernwerk AG, die Energieagentur, das Bayerische Batteriezentrum (BayBatt) und die kommunalen Stadtwerke. Durch die Bündelung der Kompetenzen, durch Energie- und Lastmanagementsysteme, künstliche Intelligenz und Batterie- und Wasserstoffspeicher können wir die Defizite im Netzausbau kompensieren. Gemeinsam mit der Technologieallianz Oberfranken, dem Zentrum Energietechnik und den Akteuren aus Kommunen, Wirtschaft und Handwerk ist es möglich, im Bereich Energieforschung eine Vorreiterrolle einzunehmen und durch die regionale Umsetzung Wertschöpfung und moderne Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen.

Zur Initiierung der notwendigen Vernetzung aller Akteure  streben wir die Einrichtung eines staatlich geförderten Pilotprojektes ENERGIEregional in Oberfranken an.