Ortsverband Kleinostheim

Brief aus Berlin

Bundeskanzler Scholz hat in seiner Regierungserklärung am Sonntag, den 6. März 2022 von einer „Zeitenwende“ gesprochen und gesagt, dass Putin eine neue Realität geschaffen habe.

Künftig muss ein neuer deutscher Realismus unsere Politik leiten. Außenpolitisch hat der Bundeskanzler den Wandel bereits eingeleitet. Mit seinem Kurswechsel, der v.a. in der SPD und bei den Grünen nicht unumstritten ist, hat sich der Kanzler in dieser historischen Krise die Unterstützung der Unionsfraktion verdient. Scholz hat den Blockadekurs seiner Bundesregierung gegen den Ausschluss Russlands vom SWIFT-System korrigiert. Das monatelange Nein der Ampel zu den Waffenlieferungen an die Ukraine wurde zum Ja. Richtig so, denn die mutigen Menschen in der Ukraine verteidigen nicht nur ihre Freiheit, sonder das Selbstbestimmungsrecht aller Völker - vom Baltikum bis nach Taiwan. Das verdient nicht nur allerhöchsten Respekt, sondern echte handfeste Unterstützung.


Auch der Versuch der SPD-Führungsebene, Nord Stream 2 als rein privatwirtschaftliches Unternehmen zu deklarieren, wurde aufgegeben. Die Stimmen in der SPD, die sogar noch nach der russischen Invasion gegen das 2 Prozent Ziel der NATO und die Stärkung der Bundeswehr argumentiert
hatten, wurden eines Besseren belehrt. Mit 100 Milliarden Euro will die Bundesregierung die Bundeswehr modernisieren und stärken. Dieser Schritt war lange überfällig. Spätestens seit 2014 als Putin völkerrechtswidrig die Krim annektiert hatte, war uns in der Union klar, dass ein fundamentales Umdenken bei der Bundeswehr nötig ist: Weg vom Fokus auf
Auslandsmissionen, zurück zum Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung.
Wir als Union hatten im Gegensatz zu SPD und Grünen das 2-Prozent Ziel der NATO bzw. die Aufstockung des Wehretats in unseren Wahlprogrammen 2017 und auch 2021. Solche Forderungen sind nicht populär, aber sicherheits- und staatspolitisch einfach richtig. Wir haben den Wehretat von 32 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf immerhin 47 Milliarden Euro im Jahr 2021 gesteigert. Das haben wir nicht mit, sondern trotz der SPD durchgesetzt, die sich bis zuletzt einer noch stärkeren Aufstockung
verweigert hatte. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, wie sich manche Sozialdemokraten und Grüne heute hinstellen und so tun, als ob eine bessere Ausstattung der Bundeswehr an der Union gescheitert sei.

Entscheidend ist aber nicht die Vergangenheit, sondern wie sich Deutschland in Zukunft aufstellt. Die 180-Grad-Wende der Ampel und der neue deutsche Realismus in der Außen- und Sicherheitspolitik sind richtig. Nur so können wir Freiheit und Sicherheit in Europa langfristig verteidigen. Deswegen unterstützt die Unionsfraktion den Bundeskanzler dabei auch gegen die Widerstände aus seiner eigenen Koalition.

Dieser neue deutsche Realismus ist auch in der Innenpolitik nötig,
Denn äußere und innere Sicherheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Unsere außenpolitischen Reaktionen auf den Überfall auf die Ukraine bergen erhebliche innenpolitische Risiken. Die denkbaren Szenarien reichen über hybride Bedrohungen mittels Desinformationskampagnen in Medien und sozialen Netzwerken, das Aufhetzen bestimmter Bevölkerungsgruppen, bis hin zu komplexen Cyberangriffen auf die kritische Infrastruktur in Metropolregionen und längerfristigen Stromausfälle.

Quelle: Andrea Lindholz