Beitrag von Generalsekretär Markus Blume

Schicksalsfrage Klimawandel

Warum die Bewahrung der Schöpfung unsere große Aufgabe ist

Schon seit Jahren ist der Klimawandel in eine neue Phase eingetreten: wissenschaftlich, wirtschaftlich und politisch. Er ist nicht mehr bloß eine abstrakte Gefahr der Zukunft, sondern eine konkrete Veränderung der Gegenwart – wie man auch in Bayern an den abschmelzenden Gletschern sehen kann. Der Klimawandel macht keine Pause, auch nicht wegen Corona. Wenn man ihn nicht bekämpft, werden die Folgen umso gravierender sein.

Aber wie soll man ihn richtig bekämpfen? Hier scheiden sich die politischen Geister. Die Einen bestreiten schon die Tatsache eines menschengemachten Klimawandels. Ihnen muss man zurufen: Wir können und dürfen es schlicht nicht auf das „Großexperiment Klimawandel“ mit seinen mutmaßlich irreversiblen Folgen ankommen lassen, auch wenn es keine abschließende Gewissheit für die Ursachen gibt. Die Anderen erkennen die wissenschaftliche Tatsache des Klimawandels an – und erheben seine Bekämpfung zum alleinigen Ziel politischen Handelns: Klimaschutz rigoros durchsetzen, ohne Rücksicht auf Verluste.

Im politischen Wettbewerb stellt sich die Frage: Sind die „vier V“, die Lieblingskonzepte linker Gruppierungen, nämlich Verbote, Verzicht, Vorschriften und Verstaatlichung, der richtige Weg für unsere Zukunft? Klimaschutz kann aber nur gelingen, wenn er Akzeptanz findet als gesamtgesellschaftliches Generationenprojekt. Er darf kein Projekt kosmopolitischer Eliten zu Lasten der Menschen mit kleinen Einkommen sein. Ob Stadt oder Land, Kurz- oder Langstrecken-Pendler, kleine oder mittlere Einkommen – niemand darf benachteiligt werden. Nur das sichert nachhaltige Unterstützung für die Jahrhundertaufgabe des Klimaschutzes.

Richtig kann deshalb nur der Weg der „goldenen Mitte“ sein: Ambitioniert und engagiert Maßnahmen für den Klimaschutz ergreifen und dabei jeden auch selbst zum Klimaschützer machen, ohne die Gesellschaft zu spalten. Das ist der Weg der Volkspartei, das ist der Weg der CSU.

Christlicher Auftrag: Der rote Faden

Klimaschutz ist ein urkonservatives Anliegen. Wer die Schöpfung gemäß dem christlichen Menschenbild bewahren will, muss das Klima, die Umwelt und die Artenvielfalt schützen. Klimaschutz ist weder Modethema noch Eintagsfliege, er zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der CSU. Die Einrichtung des weltweit ersten Umweltministeriums in Bayern 1970 war kein Zufall – ebenso wenig 1986 die des Gegenstücks auf Bundesebene durch die unionsgeführte Kohl-Regierung. Denn ebenfalls 1986 sagte Franz Josef Strauß, zugegeben bei einer Debatte zur Kernenergie: „Ein Zurück zu fossilen Energieträgern wäre ein Verbrechen an der Menschheit und an der Umwelt […]. Das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht, führt zu einer laufenden Veränderung der Atmosphäre mit einem Gefährdungspotenzial, das alle anderen Gefährdungspotenziale bei weitem übersteigt.“

Das 1973 erlassene Bayerische Naturschutzgesetz war das erste derartige und weitreichende Gesetz in ganz Europa. 1974 wurde im Landtag der Umweltausschuss konstituiert und im gleichen Jahr hat Bayern als erstes Bundesland im Bayerischen Wald einen Nationalpark eingerichtet, 1978 kam Berchtesgaden hinzu. Seit 1984 ist der Umweltschutz als Staatsziel in der Bayerischen Verfassung verankert. Der Klimaschutz wäre 2019 als Staatsziel hinzugekommen, wenn die Fraktion der (Doppelmoral-)Grünen ihren eigenen Ansprüchen gefolgt wäre.

Wir dagegen beweisen immer wieder, dass wir es ernst meinen. Anfang 2019 unterschrieben beinahe zwei Millionen Bayern das „Volksbegehren Artenvielfalt – Rettet die Bienen“, ein berechtigtes Anliegen. Ärgerlich war daran allein, dass wir den Artenschutz nicht früher wieder zu „unserem“ Thema gemacht hatten. Denn bereits 1982 wurde der Bayerische Naturschutzfonds gegründet, der als älteste und von den Fördermitteln her größte Ländernaturschutzstiftung bis heute Projekte unter anderem zum Schutz der Artenvielfalt fördert. Die von uns nach dem Bienen-Volksbegehren an einem Runden Tisch erarbeiteten sinnvollen Maßnahmen übertrafen teilweise sogar die Forderungen der Bürger. Aber – und das ist der entscheidende Unterschied – es war auch ein Akt der Versöhnung: „Rettet die Bienen“ hieß für uns auch: „Unterstützt unsere Landwirte“! Wir vereinen beide Seiten, Ökologie und Ökonomie, das ist unser roter Faden.

Unser Weg: Innovation und Klimaschutz verbinden

Dass wir die eigentliche Umweltschutzpartei sind, haben wir auch mit unserer Ende 2019 vom CSU-Landesvorstand einstimmig beschlossenen Klimastrategie einmal mehr bewiesen: Als erste Partei geben wir mit konkreten Maßnahmen und Vorschlägen Antworten. Die Abkehr von fossilen Energieträgern erfordert die weitere Erforschung alternativer Antriebstechnologien. Und mit der Bayerischen Wasserstoffstrategie setzt der Freistaat darauf, Innovation und Klimaschutz zu verbinden. Grüner – also mit Hilfe erneuerbarer Energien gewonnener – Wasserstoff kann der Schlüssel für energieintensive Unternehmen oder auch für den Schwerlast- und Personenverkehr werden. Wir brauchen für unterschiedliche Anwendungen und Bedürfnisse unterschiedliche technische Lösungen.

Wir wollen Bayern und Deutschland zur globalen Leitregion für intelligenten Fortschritt und smarten Klimaschutz machen – flexibel und nachhaltig. Dazu dient auch die Hightech-Agenda als Grundstein für neue Technologien in Bereichen wie CleanTech, Speichertechnik, Digitalisierung, Mobilität, synthetische Kraftstoffe. Technologieoffen bleiben, auch mit Brückentechnologien wie Gaskraftwerken in der Energieversorgung. Unsere Aufgabe als Volkspartei ist, Klimapolitik mit Maß und Mitte zu betreiben. Das ist der Unterschied zu den Grünen!

Wir setzen auf Strategie statt auf Ideologie, auf intelligente Lösungen durch technischen Fortschritt statt Utopien aus linken Ideologieseminaren. Wir lehnen Gängelung und einseitige Maßnahmen zu Lasten von Industrie oder einzelnen Gruppen wie unserer heimischen Landwirtschaft ab. Wir wollen weniger Bürokratie statt immer mehr. Wir wollen den Menschen ihre Entscheidungsfreiheit belassen, ihre Eigenverantwortung nicht dem Staat übertragen.

Klimaschutz als Konjunkturprogramm: Der Kurs der Mitte

Ökonomie und Ökologie müssen im 21. Jahrhundert zusammen gedacht werden. Gerade jetzt in Zeiten einer schwächeren Konjunktur dürfen Maßnahmen des Klimaschutzes nicht den Abschwung noch verstärken oder gar langfristig zu einer Deindustrialisierung des Landes führen. Bei der Erreichung der Klimaschutzziele muss auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen berücksichtigt werden. Umgekehrt darf Klimaschutz nicht nur ein Thema in Zeiten des wirtschaftlichen Erfolgs sein. Die Bekämpfung des Klimawandels ist immer auch eine wirtschaftliche Aufgabe. Also machen wir Klimaschutz zum Konjunkturprogramm. Denn nur die Innovationskraft und die Fähigkeiten unserer Unternehmen und Forschungseinrichtungen bringen effiziente Wirtschaftskreisläufe, effizientes Energiesparen, neue Antriebstechnologien und weitere Klimainnovationen hervor. Daraus entstehen auch neue Potenziale für den Export- und Technologiestandort Deutschland. Wir vertrauen auf die Kräfte der Marktwirtschaft und nicht der Planwirtschaft.

Wir wissen: Klimaschutz wird zu bezahlbaren Preisen nur gelingen, wenn er sich marktwirtschaftlicher Instrumente bedient. So hat die Vermeidung von CO₂ einen Preis. Deshalb wollen wir CO₂ dort anfangen zu vermeiden, wo die Vermeidungskosten möglichst gering sind bzw. umgekehrt der Gesamtnutzen möglichst hoch ist. Den größten Klimaschutzeffekt verbinden wir so mit der größtmöglichen Wirtschaftlichkeit. Aufgrund steigender CO₂-Preise wird Kohlenstoffintensität kurz- bis mittelfristig zu einem wirtschaftlichen Leitindikator.

Unsere Soziale Marktwirtschaft müssen wir um die ökologische Dimension und damit um ein nachhaltiges Wirtschaften erweitern, das Fortschritt und Ressourcenschonung intelligent verbindet. Wir wollen darum auch Bürgerinvestitionen in den Klimaschutz honorieren und prüfen, wie mit einer Klimaanleihe beiden Zielen Rechnung getragen und in Zeiten von Negativzinsen eine attraktive Anlagemöglichkeit geschaffen werden kann. Wir wollen Klimaschutz als Kreislauf-Konzept umsetzen, sodass Klimaeinnahmen Klimainvestitionen finanzieren und Anreize Klimainnovationen schaffen.

Generationengerechtigkeit ist mehr als Klimaschutz. Eigentum und Mobilität muss auch morgen noch möglich sein. Und finanzielle Nachhaltigkeit ist uns ebenso wichtig wie ökologische Nachhaltigkeit. Deshalb gibt es die schwarze Null und die grüne Null nur zusammen: Wir werden sowohl am Prinzip „keine neuen Schulden“ als auch am Ziel „Deutschland klimaneutral“ festhalten – alles andere wäre eine schwere Bürde für kommende Generationen.

Eine Welt: In globaler Verantwortung vereint

Wir handeln dabei lokal und denken global: Es gibt kein deutsches Klima und keine deutsche Atmosphäre. Klimaschutz geht deshalb alle an – weltweit. Er kann langfristig nur gemeinschaftlich auf internationaler Ebene gelingen. Der Wirtschaftsstandort Bayern bleibt nur dann international wettbewerbsfähig, wenn wir unsere bayerischen Unternehmen beim Umbau zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen und sie nicht aus Bayern verdrängen.

Als hochindustrialisiertes und wohlhabendes Land können und müssen wir vorangehen. Das Argument, dass unser regionales Handeln keine oder kaum Auswirkungen hat, wenn wir allein vorangehen, gilt nicht. Wenn wir erfolgreich Klimainnovationen entwickeln und exportieren bei gleichzeitiger Sicherung des Wohlstandes, werden wir zur Blaupause für die Welt.

 

Der vollständige Beitrag erschien 2021 im Sammelband der Hanns-Seidel-Stiftung „Bekenntnisse zur Verantwortung für die Umwelt“ von Markus Ferber und Henning Kaul (Hrsg.).

Link: Umwelt und Wirtschaft (hss.de)