Geschichte der Frauen-Union

Bild: Stephan Heller
Anfänge

Der Gründungsbeschluss für eine eigenständige Vertretung der Frauen in der CSU fiel am 29. August 1947 in Eichstätt. CSU-Frauen aus allen Teilen Bayerns waren beteiligt. Sie betonten den Anspruch der Mehrheit der Wähler der CSU, nämlich den Frauen, ihre Vorstellungen in die CSU einzubringen. So formulierte es Thusnelda Lang- Brumann, die neugewählte Landesvorsitzende der Frauenarbeitsgemeinschaft am Tag darauf bei der außerordentlichen Landesversammlung der Union. Dr. Josef Müller, der Parteivorsitzende, stellte fest, „es ist Aufgabe der Frauen der Union, das ausgleichende Element zu sein und die Liebe in die Union hineinzutragen“.

Sieht man nur dieses Zitat, so ergibt sich ein falscher Eindruck. Bereits in ihren „10 Punkte der CSU“ von 1945 rief die CSU die Frauen zur Mitarbeit auf, ermutigte sie, Bayern wiederaufzubauen. Ihr Wirken sei unverzichtbar. Dies waren keine leeren Worte, die CSU wollte die Frauen. Ein Ausschuss Frau und Familie wurde gebildet, der zusammen mit anderen Ausschüssen den Aufbau der Organisation der CSU leisten sollte. Er wurde von zwei Frauen geleitet. Im März 1946 wurde Maria Deku als Vertreterin der CSU der Oberpfalz in das bayrische Vorparlament zur Erarbeitung einer Verfassung entsandt und dem dann gewählten neuen bayerischen Landtag gehörten vier Frauen an, alle vier von der CSU. Auch innerparteilich wirkten die Frauen mit, bereits drei im Landesvorstand. Für damalige Verhältnisse war dies beachtlich. Die erste Satzung legte die zahlenmäßige Beteiligung der Frauen fest. Dem Berufsständigen Rat mussten zwei Hausfrauen angehören. Man förderte die Frauen (und die Jugend).

Viele Frauen aus allen Regionen Bayerns fühlten sich ermutigt, über konfessionelle und soziale Unterschiede hinweg, mitzuwirken. Sie waren überzeugt, dass auf den Frauen eine besondere Verantwortung ruhte und sahen die Ausschaltung des weiblichen Einflusses in der Politik im 3. Reich als eine der Ursachen der Katastrophe und des Zusammenbruchs. Heute kennen nur noch wenige die Namen dieser mutigen Frauen: Thusnelda Lang-Brumann, Zita Zehner, Gräfin Bothmer, Else Dahm, Maria Deku, Elisabeth Hahn, Dr. Elisabeth Mayer-Sprenkels, Rosine Speicher, Franziska Wittmann, Franziska Gröber, Dr. Maria Probst. Letztere ist vielleicht noch in der Erinnerung. Einig waren sich all diese Frauen, dass sie innerhalb der CSU und den Gremien, in die sie gesandt wurden, einiges beeinflussen können, sie aber in einer eigenen Frauenorganisation mehr erreichen. Viele kamen aus Frauenorganisationen, aber eine eigene Frauengruppe in der CSU versprach ein mehr an Möglichkeiten.

Themen im Wandel der Zeit

Auch nach der Gründung der Frauenarbeitsgemeinschaft sahen die CSU Frauen ihre Hauptaufgabe darin, Frauen für die CSU zu gewinnen und bei Wahlen zum Erfolg zu verhelfen. Dabei packten sie zunächst praktisch an, die Not der Bevölkerung zu lindern und die überlebenswichtigen Fragen gerade der Frauen und Kinder in das Programm der CSU und in die Arbeit der Parlamente einzubringen. Hierin waren sie nicht zuletzt durch den internen Austausch und die gegenseitige Unterstützung sehr erfolgreich, ihre Arbeit anerkannt. Thusnelda Lang-Brumann, in der Weimarer Republik bereits Stadträtin in München und Reichstagsabgeordnete der Bayerischen Volkspartei, konnte an ihre politischen und internationalen Erfahrungen anknüpfen. Sie war unermüdlich in der Suche nach weiteren Mitstreiterinnen.

Schwerkrank wusste sie, dass sie nicht viel Zeit und Kraft mehr hatte, eine eigenständige politische Vertretung der Frauen aufzubauen. Überall hatten sich Frauenarbeitsgemeinschaften gebildet, die sich als Sammlung der in den Parteien CDU/CSU aufgenommenen Frauen verstanden und die sich 1948 in den Westzonen (also über Bayern hinaus) zusammenschlossen. Helene Weber, die für die CDU im Parlamentarischen Rat saß und als eine der vier Mütter des Grundgesetzes gilt, war die erste Vorsitzende. Das Bündnis hielt nur 3 Jahre, nämlich bis zur Gründung der CDU als Bundespartei. Die Vereinigung der Frauen der C-Parteien trennte sich wieder. Der Grund ist bis heute unklar, da eine derartige Trennung in der Jungen Union nicht erfolgte. Die Frauenarbeitsgemeinschaft der CSU blieb seitdem auf Bayern begrenzt.

Im Unterschied zur Frauenvereinigung der CDU, der automatisch alle weiblichen Parteimitglieder angehören, mussten CSU-Frauen in Bayern eigens der Frauenarbeitsgemeinschaft beitreten. Diese warb besonders auch parteiungebundene Frauen. Lediglich Vorstandsmitglieder sollten der CSU angehören. So wurde der Einfluss in den vorpolitischen Raum systematisch verstärkt. Festgeschrieben wurde dies in einer Geschäftsordnung 1953. Mit dieser konstituierte sich die Frauenarbeitsgemeinschaft neu. Sie sollte sich frei entwickeln können und dennoch ihre Arbeit im Rahmen der Partei entwickeln. Thusnelda Lang-Brumann hatte die Geschäftsordnung zusammen mit der Juristin und Bundestagsabgeordneten Dr. Edeltraud Kuchtner vorbereitet. Auf der Landesversammlung, die diese Struktur billigte, wurde die Landtagsabgeordnete Zita Zehner gewählt. Sie übte dieses Amt bis 1969 aus.

Vorrangig in der Arbeit der Frauenarbeitsgemeinschaft, blieb die Beseitigung der Probleme der Nachkriegszeit und die Bewältigung der Kriegsfolgen. Zita Zehner stellte in den Mittelpunkt Fragen, die Frauen und Familie unmittelbar berührten, seien es kulturpolitische, soziale oder wirtschaftliche. Die „große Politik“ sei weniger die Aufgabe der Frauen. Dies wurde jedoch nicht von allen Mitgliedern, wohl aber von den Männern, geteilt. In den Parlamenten waren die Frauen zunächst Einzelkämpferinnen. In den ersten Bundestag zog im Direktkreis Hammelburg zunächst Maria Probst ein. Ihr sozialpolitisches Wirken war beispielhaft. Nicht umsonst sahen Politiker in ihr die „teuerste Frau des Bundestages“ wegen ihres Engagements für die Kriegsopferversorgung. Bürgerinnen und Bürger nannten sie hierfür „Maria Hilf“. Von 1953 bis 1972 folgten über die Liste Ingeborg Geisendörfer, die interessanterweise im Atomausschuss wirkte und Dr. Edeltraud Kuchtner. Sie gestaltete als Juristin z.B. die Anpassung der Gesetze an den Gleichberechtigungsgrundsatz mit. Eine schwierige Aufgabe. Diese drei übernahmen es in ganz Bayern, die Politik der Bundesregierung den Frauen zu erläutern und nahezubringen. Im bayerischen Landtag war die Arbeit ebenfalls auf nur wenige Personen verteilt. Dem ersten Landtag gehörten zwar vier Frauen an. Von ihnen blieb zunächst lediglich Zita Zehner, dann folgte Elisabeth Nägelsbach, weitere vier Jahre später Maria Balk, darauf 1962 Waltraud Bundschuh und Marilies Schleicher. Von 1950 bis 1965 verteilte sich in der CSU-Fraktion die gesamte Arbeit insgesamt auf lediglich 5 Frauen. Im Mittelpunkt standen bildungspolitische Fragen, Mädchenbildung und Entwicklung der sozialen Berufe. Dies waren auch die Themen der Frauenarbeitsgemeinschaft.

Betrachtet man die geringe Repräsentanz, so erfordert es großen Respekt vor der Leistung und Durchsetzungsfähigkeit dieser Minderheit von Frauen. Neben der parlamentarischen Tätigkeit übernahmen sie wichtige Funktionen innerhalb der Frauenarbeitsgemeinschaft, einige sogar als Bezirksvorsitzende oder Stellvertretende Landesvorsitzende. So wurde die Aufgabe der Frauenarbeitsgemeinschaft, nämlich Durchsetzung der Interessen der Frauen im politischen Entscheidungsprozess, beispielhaft umgesetzt.

Die Entwicklung der Themen, denen sich die Frauen widmeten, war stark von der wirtschaftlichen Entwicklung geprägt. Die Berufstätigkeit von Frauen änderte sich , Frauen besetzten nicht nur, wie in der Nachkriegszeit, als Platzhalterinnen für die Männer die Positionen, vielmehr wurden sie für die Entwicklung der Volkswirtschaft benötigt. Das Verständnis über die Rolle der Frauen in der Gesellschaft änderte sich dadurch. Dies nahm auch die CSU zur Kenntnis. In den Grundsatzprogrammen der Partei, bei deren Formulierung die Frauen mitwirkten, passte sich das Frauenbild zunehmend der gesellschaftlichen Realität an, auch wenn in den Köpfen die alte Rollenverteilung noch stark präsent war. Beispielhaft ist der zweitägige Frauenkongress der CSU 1965 in München. Unter dem Titel „Die berufstätige Frau in der modernen Gesellschaft“ diskutierten die Mitglieder der CSU und Mitglieder der Frauenarbeitsgemeinschaft mit Vertretungen von 34 Frauen- und Sozialverbänden. Die Referentinnen kamen mehrheitlich von außerhalb Bayerns. Dieser Kongress unterstützte den Umdenkungsprozess in der CSU und beflügelte die Frauenarbeitsgemeinschaft zu verstärktem Engagement.

Aufbruch in den 60er bis 80er Jahren

1968 veränderte die Frauenarbeitsgemeinschaft auf einer Landesversammlung ihren Namen in Frauen-Union. Ein Zeichen für gewachsenes Selbstbewusstsein. Ein Jahr später wurde die Münchner Stadträtin Centa Haas als Nachfolgerin für Zita Zehner gewählt. Sie stellte den Übergang in eine neue Frauengeneration dar. Die 68er Bewegung und der Regierungswechsel in Bonn blieben nicht ohne Einfluss auf die Frauen-Union. Zwangsläufig schaltete sie sich in die große Politik ein. Notstandsgesetze, Vietnamkrieg, Neue Rechte und vor allem die Ostpolitik waren auch bestimmende Themen für die Frauen-Union. Frauenpolitisch von Bedeutung wurde die Reform des Ehe- und Familienrechts. Neue Impulse setzte 1970 die erste Weltfrauenkonferenz in Mexiko oder die Einsetzung der Enquetekommission des Deutschen Bundestags „Frau und Gesellschaft“. Sie wurde von Ursula Schleicher, die 1972 neu in den Bundestag einzog, geführt. Die Analysen und die Vorschläge sorgten für ausführliche Diskussionen in der Frauen-Union. Die vielfältigen Defizite drangen in das öffentliche Bewusstsein und die Frauen reagierten. Nach erst vierjähriger Amtszeit wurde innerhalb der Frauen-Union der Generationenwechsel vollzogen. Mit Ursula Krone-Appuhn als neuer Landesvorsitzenden, erweiterten sich die Themen noch stärker. Neben der Änderung des § 218, vor allem kontrovers diskutiert durch die Aktivistinnen der neuen Frauenbewegung, wurden Außen-und Sicherheitspolitik aufgenommen. Mit dem Einzug der Landesvorsitzenden 1976 in den Deutschen Bundestag wurde diese Orientierung noch verstärkt. Sie wurde noch unterstrichen durch die erste Direktwahl von Abgeordneten in das Europäische Parlament. Ursula Schleicher wurde nun Europaabgeordnete der CSU. Die Mitarbeit der Frauen-Union in der Europäischen Frauen-Union gewann an Bedeutung.

Die Frauen-Union stellte sich den gesellschaftlichen Fragestellungen und machte für alle deutlich, dass die CSU-Frauen in allen Bereichen der Politik mitsprechen wollten und auch konnten. Aber es kam dadurch auch zu Kontroversen. Die amtierende Landesvorsitzende wurde 1981 von Ursula Männle abgelöst. Ihr lagen die Unabhängigkeit der Frauen-Union bei gleichzeitigem stärkeren Einfluss auf die Politik der CSU besonders am Herzen. Dies gelang inhaltlich durch ihren Einzug in den Bundestag, wo es aufgrund der neuen schwarz-gelben Koalition zu vielen Gesetzesinitiativen auch hinsichtlich der Familien-, aber auch Frauenpolitik kam. Erziehungsgeld, Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung, aber auch Menschenrechtsverletzungen an Frauen sind nur einige Stichworte, die von der Frauen-Union aufgegriffen wurden. Wichtig war auch die flächendeckende Vertretung und die Erhöhung der Repräsentanz der Frauen auf allen politischen Ebenen von der Kommune bis Europa. Die Gesetzesänderungen in Bund und Land, die Schaffung eines Frauenministeriums in Bonn, zeigten die Ablösung der Gleichsetzung von „Familienpolitik ist Frauenpolitik“ hin zu einer eigenständigen Politik für Frauen. Dies war nur möglich durch die verstärkte Zusammenarbeit der Frauen. Die Auseinandersetzung mit den Ideen der Neuen Frauenbewegung und den Grünen auf öffentlichen Veranstaltungen und Seminaren bedeutete eine Auseinandersetzung und Identifikation mit den eigenen Vorstellungen.

Politik nach der Wiedervereinigung

Die Wiedervereinigung bedeutete auch für die Frauen-Union eine Zäsur. Es galt, den Frauen in der ehemaligen DDR, das Staats- und Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland verständlich zu machen. Die unterschiedlichen Vorstellungen auch über die Rolle der Frauen erforderten eine intensive Diskussion. Vor allem Fragen der Abtreibung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf standen im Vordergrund. Die Frauen-Union beteiligte sich aktiv am Aufbau einer eigenständigen Frauenorganisation der DSU, einer Partnerpartei der CSU in den neuen Bundesländern. Viele Patenschaften auf allen Ebenen entstanden Verbindungen. Diese bestanden auch nach der Auflösung der DSU fort. Seit 1991 amtierte Gerda Hasselfeldt, damals Bundesministerin für Gesundheit. Aus ihrer Position heraus verstärkte sie den politischen Einfluss und die Wirksamkeit der Frauen-Union. Bedeutsam wurde dies bei den Diskussionen um die Ergänzung des Artikel 3 des Grundgesetzes, der die konkrete Umsetzung des Gleichberechtigungsanspruchs einforderte. Fortgesetzt wurde dies in der Amtszeit von Maria Eichhorn ab 1995. Die Wahlfreiheit von Männern und Frauen musste durch Verbesserung der Rahmenbedingungen ermöglicht werden. Heikle Themen wie z.B. die Fragen der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe, standen auf der politischen Tagesordnung. Geprägt wurde die Agenda auch durch die europäische Entwicklung, die Auswirkungen des Balkankrieges beeinflussten auch Deutschland durch die Bewältigung der Flüchtlingsfrage, auch die Diskussion über die Einführung des Euro beschäftigte die Frauen-Union.

Ein Ausdruck des gestiegenen Einflusses der Frauen in der Politik bedeutete die Wahl von Angela Merkel zur Kanzlerin. Nach und nach hatten sich Frauen höhere Plätze in den politischen Gremien erkämpft. Sichtbar wurde dies selbst in der CSU: seit 1986 Ministerämter – Mathilde Berghofer-Weichner als Justizministerin in Bayern, Gerda Hasselfeldt 1989 als Bundesbauministerin. In den Kommunen und Landkreisen bekamen Frauen eine Chance. 2005 wurde Emilia Müller zur Vorsitzenden der Frauen-Union gewählt. Ihr besonders am Herzen lag die Nachwuchsförderung im Rahmen eines landesweiten Mentoringprogramms und die Errichtung eines Frauennetzwerkes, des sog. Alphaclubs. In ihm trafen sich Frauen der Frauen-Union mit Führungsfrauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Medien. Klar war, ohne Verstärkung des Frauenanteils auf allen Ebenen waren Wahlen für die CSU schwerer zu gewinnen.

Die Herausforderungen waren groß, die Hindernisse für Frauen bestanden immer noch, vornehmlich im politischen Bereich. Nicht ohne Grund gewannen Ideen wie Quotierung von Ämtern in der Partei auch innerhalb der Frauen-Union an Boden. Seit den 80er Jahren diskutiert, aber mehrheitlich abgelehnt, zeigten die verbalen Beteuerungen der Parteigrößen nur geringe Erfolge. So war einer der ersten Kämpfe für die seit 2009 gewählte Landesvorsitzende Dr. Angelika Niebler die Durchsetzung eines Antrags zur Einführung einer innerparteilichen Quote auf dem Parteitag 2010. Eine stundenlange Diskussion führte zum Erfolg. Natürlich setzte sich eine Maximalforderung nicht durch, die 40%ige Quote galt nur für die Vorstände auf Landes- und Bezirksebene. Deshalb blieb das Thema auf der Tagesordnung. Programmatisch war die Frauen-Union ebenfalls erfolgreich. Die Einführung der Mütterrente, die Änderung des Prostitutionsgesetzes sind nur zwei Beispiele. Aktiv brachte sich die Frauen-Union auch in der Flüchtlingsfrage ein. Bei der Integration sah sie in den Frauen den Schlüssel. Sie zu erreichen und einzubeziehen erwies sich als herausfordernd.

Eine neue Parteispitze war angetreten, die Partei weiblicher und jünger zu machen. Nicht erfolgreich war bisher der Anspruch, die Anzahl der Mandatsträgerinnen dauerhaft zu verstärken. Der überdurchschnittliche Erfolg bei den Wahlen wäre hierfür Voraussetzung, da die Direktmandate für Frauen sowohl im Bund wie im Land, immer noch schwer zu erreichen waren und Frauen auf Listenkandidaturen verwiesen wurden. Eine Zukunftskommission der Partei sollte neue Vorschläge erarbeiten. Sie entwickelte Ideen, die der Frauen-Union nicht weit genug, den Parteigremien aber zu weit gingen. Insbesondere die jungen Delegierten und Vertreter der Basis kämpften sehr emotional gegen die verschiedenen Anträge. Ulrike Scharf, seit 2019 neugewählte Vorsitzende der Frauen-Union konnte eine Niederlage nur abwenden, indem sie entscheidende Passagen in den Beschlussvorlagen zurückzog. Die zum Teil sehr giftige Diskussion machte deutlich, dass die Frauen inzwischen als echte Konkurrenz gesehen werden und daher ihr Einfluss von vorneherein begrenzt werden müsse: übersehen wird dabei, dass Frauen für die CSU als Volkspartei existentiell sind. Dieser Rückschlag ermunterte die Frauen-Union noch mehr als bisher inhaltlich zu arbeiten. Ein Rollback, wie er sich auch in der Gesellschaft, z.B. durch die Coronakrise, insbesondere bei den Auswirkungen auf die Rolle der Frauen in Beruf und Familie, andeutet, muss verhindert werden. Zwar erschweren die Beschränkungen die Diskussionen in öffentlichen Veranstaltungen oder auf Kongressen. Aber gerade jetzt zeigt sich der Vorteil, dass die Frauen-Union sich seit langem mit Fragen der Informationsgesellschaft und der Digitalisierung auseinandergesetzt hat. Die inhaltliche Arbeit wird mit neuen Formaten digital fortgesetzt, die Vernetzung umfangreich genutzt.

 

Die Geschichte der Frauen-Union zeigt, dass sie geprägt war von den Problemen, die in den jeweiligen Zeitspannen anstanden. Die außenpolitischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fragen, prägten die Arbeitsschwerpunkte. Interessant ist die Entwicklung von einer Arbeitsgemeinschaft, die in der Unterstützung und Werbung für die Partei zunächst ihren Schwerpunkt sah, die Probleme von Frauen in die politische Arbeit einbringen wollten, aber dann verstärkt auch selbst Verantwortung übernahmen. Sie entwickelte sich zunehmend zu einer Interessengruppe, die für sich gleichberechtigte Teilhabe einforderte. Die jeweiligen Vorsitzenden stellten sich den gesellschaftlichen Herausforderungen ihrer Zeit, den Erwartungen der Partei und prägten sie mit. Jede Zeit erforderte andere Talente, die Frauen-Union hatte sie. Noch ist die Frauen-Union jedoch nicht überflüssig geworden!

Organisationsentwicklung der Frauen-Union

Die Frauenarbeitsgemeinschaft der CSU entwickelte sich von oben nach unten. Sie war eine Gründung nur weniger Frauen und in ihr vereinigten sich Frauen aus ganz Bayern. Sie waren zunächst ausschließlich Mitglieder der CSU. Ihre Zahl war gering: sie wird für 1953 mit 203 angegeben. In diesem Jahr organisierte sich die Frauenarbeitsgemeinschaft um. Eine eigene Geschäftsordnung wurde verabschiedet und die neue Landesvorsitzende Zita Zehner beauftragte ihre Stellvertreterin Elisabeth Wunsch als Geschäftsführerin ehrenamtlich zu fungieren. Sie warb Frauen auch außerhalb der CSU als Mitglieder der Frauenarbeitsgemeinschaft, sie mussten nicht der CSU beitreten, durften jedoch keiner anderen Partei angehören, reiste quer durch Bayern und organisierte Veranstaltungen, überzeugte Pfarrer beider Konfessionen, Vorsitzende von Frauenorganisationen (vorwiegend des katholischen Frauenbundes) oder auch Ehefrauen von Abgeordneten und Bürgermeistern von der Notwendigkeit einer politischen Mitarbeit von Frauen. Auch politische Bildungsseminare und Rednerschulungen organisierte sie landesweit. Innerhalb von zwei Jahren verdreifachte sich die Mitgliederzahl. Es bildeten sich eigenständige Frauenarbeitsgemeinschaften in Gemeinden und Landkreisen. Die ersten Bezirksverbände entstanden 1955 in Ober- und Unterfranken, vier Jahre später in der Oberpfalz und Schwaben. Als letzter Bezirksverband konstituierte sich Augsburg. Erst in den beginnenden 90er Jahren wurde die letzte Lücke in den Landkreisen geschlossen. Leider verhinderten etliche CSU-Kreisvorsitzende die Gründung einer Frauen-Union ihres Kreises, obwohl bereits einige Ortsverbände existierten und die Frauen dies forderten. Es bedurfte des Drucks der Landesspitze, um endlich flächendeckend zumindest auf Kreisebene eine Frauen-Union zu etablieren.

1965 war ein Wendepunkt. Die CSU richtete in der Landesleitung die Stelle einer Frauenreferentin ein, die gleichzeitig auch als Referentin für die Frauen-Union zuständig war. Bestimmte zunächst die CSU, wer diese Position einnehmen soll, so wurde später die Frauenreferentin auf Vorschlag der Frauen-Union berufen. Die erste hauptamtliche Frauenreferentin wurde Ursula Schleicher mit einem Büro in der CSU-Landesleitung. Die Arbeit der Frauen-Union professionalisierte sich zusehends.

Der allmähliche Aufbau einer funktionsfähigen Organisation zeigte sich in steigenden Mitgliederzahlen, so konnte die Frauen-Union 1970 bereits 9580 Mitglieder nachweisen. 15 Jahre später waren es bereits knapp 18 500 Frauen. Inzwischen stieg die Mitgliederzahl auf mehr als 23 600 an. Erstmals nach mehr als 50 Jahren überholte sie die Junge Union und ist damit die größte Arbeitsgemeinschaft der CSU.

Der Anteil der Mitglieder der Frauen-Union, die gleichzeitig der CSU angehören, blieb über die Jahrzehnte durchgängig bei einem Drittel. Dies ist unbefriedigend, sieht es doch die Frauen-Union als ihre Aufgabe an, Frauen für die CSU zu gewinnen. Ärgerlich für den Einfluss und den Erfolg von Frauen ist zudem, dass diese Zweidrittel bei parteiinternen Wahlen, bei Aufstellungsversammlungen oder Parteitagen fehlen. Natürlich gilt für Funktionsträgerinnen, wie beispielsweise Vorsitzende, die Forderung, Mitglied der CSU zu sein. 

Allmählich stieg - unabhängig davon - der Frauenanteil innerhalb der CSU an. Betrug er 1965 nur 5 %, zehn Jahre später das Doppelte, so liegt er heute bei etwas mehr als 21 %. Dies ist immer noch sehr gering. Die Parteispitze sieht in einer Änderung der Satzung eine Möglichkeit, den Frauenanteil auf einen Schlag zu erhöhen. Alle Mitglieder der Frauen-Union sollen – wie bei der CDU - automatisch Mitglieder der CSU werden. Ob dies eine erfolgreiche Aktion oder nicht vielmehr eine Schwächung der Frauen-Union bedeuten würde, ist offen. Jedenfalls wäre innerhalb der CSU die Frauen-Union die einzige Organisation, für die diese Bestimmung gelten würde.

Für die Frauen-Union war es von Anfang an entscheidend, ihre Mandatsträgerinnen der verschiedenen Parlamente und Kommunalvertretungen in die Vorstandsarbeit einzubeziehen. Sofern sie nicht ohnehin für eine Vorstandsposition gewählt wurden, gehörten sie qua Amt den Vorständen an. So war die gegenseitige Information und Unterstützung gewährleistet. Zunächst galt die für alle Mandatsträgerinnen, da inzwischen deren Anteil sich merklich erhöht hat, entsenden die weiblichen Abgeordneten jeweils eine Vertreterin. Die gegenseitige Information, gemeinsame Planungen aber auch das Verständnis füreinander, leiden jedoch dadurch.

Die Frauen-Union sieht es als ihr Recht an, Vorschläge für Kandidaturen von Frauen bei öffentlichen Wahlen zu machen. Dies wurde inzwischen auch in die Satzung der CSU aufgenommen. Für Frauen, die Unterstützung wollen, ein Signal, aber vielleicht auch eine „Entlastung für die CSU und deren Arbeitsgemeinschaften. Da die Kandidatinnen jedoch nach der Geschäftsordnung der Frauen-Union von den Gremien vorgeschlagen werden müssen, ist Flexibilität, insbesondere bei vorgezogenen Neuwahlen gefordert. Eigene Kandidatinnennominierungsversammlungen müssen organisiert werden. Die Legitimation der Kandidatinnen steigt jedoch erheblich, wenn sie dieses interne Verfahren durchlaufen haben und nicht in Hinterzimmern oder durch Selbstbewerbung nominiert werden.

Nicht gelöst und kontrovers diskutiert wird die Frage, ob Kandidatinnen, die nicht in der Frauen-Union sind, oder von anderen Gremien der Partei vorgeschlagen werden, die offizielle Unterstützung der Frauen-Union erhalten sollen, konkret auf dem Werbeprospekt der Frauen-Union für die Parteivorstandswahlen aufgeführt werde. Grundsätzlich ist die Frauen-Union über zusätzliche Vorschläge erfreut. Jedoch werden nicht selten Frauen zusätzlich aufgestellt, um die Kandidatinnen der Frauen-Union zu schwächen. Es gibt leider immer noch sog. „Frauenfrauen“ und „Männerfrauen“ und Frauen werden gegen andere instrumentalisiert. Grundsätzlich hat sich die Zusammenarbeit jedoch verbessert, vor allem, seit es nicht mehr begrenzte „Frauenreservate“ gibt und mehr Positionen zur Verfügung besetzt werden können.

Die Frauen-Union in der Satzung der CSU

Für die Frauen-Union als Arbeitsgemeinsaft der CSU war und ist die Verankerung in der Partei von großer Bedeutung. In den Anfangsjahren und in der Satzung der CSU von 1946 festgeschrieben, gab es nur allgemeine Regelungen. Sie beinhalteten Hinweise, dass Ausschüsse und Beiräte der verschiedenen Ebenen „Frauen und Jugend“ zu berücksichtigen sollen. Ab der Ebene Bezirk werden sie zahlenmäßig benannt. In einem sog. Berufsständischen Rat auf Landesebene wurde sogar die Vertretung von zwei Hausfrauen gefordert. Erst mit der Satzung von 1952 wurden Arbeitsgemeinschaften  erstmals als feste Organisationen innerhalb der CSU benannt. Ihre tatsächliche Existenz hatten sie nachzuweisen. Dafür konnten sie in die jeweiligen Vertreterversammlungen von ihnen gewählte eigene Vertreter delegieren. Dies stärkte den Einfluss der Arbeitsgemeinschaften. Formelhaft wiederholte sich für Vorstände die Formulierung „darunter eine Frau“. Dies wurde 1959 für Vertreterversammlungen erweitert um „mindestens“ eine Frau. Bei entsandten Vertretern „sollen“ Frauen berücksichtigt werden.

Die Satzung von 1968 brachte eine große Veränderung. Erstmals wurde bestimmt, dass der Vorsitzende der Jungen Union, qua Amt den Vorständen angehört. Dies galt nicht für andere Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaften. § 26 nannte insgesamt 7 Arbeitsgemeinschaften, sah jedoch keine eigenen Delegationsrechte der Arbeitsgemeinschaften in die jeweiligen Versammlungen der Partei vor. Damit schwächte sie die Bedeutung der Arbeitsgemeinschaften. Neu aufgenommen wurde das Wort „mindestens“ eine Frau nun auch für die Vorstände und das Präsidium, sowie bei je vier Delegierten ebenfalls mindestens eine Frau. Langsame Fortschritte.

Überraschend und kontrovers diskutiert war die neue Regelung, dass drei Stellvertretende Landesvorsitzende zu wählen seien, „unter ihnen eine Frau“. Zu erwähnen ist, dass hierfür die Position eines dritten Stellvertreters neu geschaffen wurde. Verzichten musste niemand. Die Wahl entschied Dr. Mathilde Berghofer-Weichner für sich. Diese Formulierung entfällt erst 1993, inzwischen war die Wahl einer Frau selbstverständlich. Neu kam neben dem Vorsitzenden der Jungen Union nun auch die jeweilige Vorsitzende der Frauen-Union qua Amt in alle Vorstände. Dies stärkte die Frauen-Union und ermöglichte die Kandidaturen weiterer Frauen für Vorstandspositionen. Andererseits forderten daraufhin auch weitere Arbeitsgemeinschaften den automatischen Sitz, was lediglich der Senioren-Union viele Jahre später gelang.

Im Laufe der Jahre verbesserte sich der Status der Frauen durch den Einsatz der Frauen-Union. Weiche Formulierungen wie „sollen“ wurden durch konkretere Formulierungen wie „bei allen Wahlen „sind“ Frauen zu berücksichtigen. Statt „eine“ Frau der Plural „Frauen“. In der Praxis vollzog sich die Umsetzung nur langsam, besonders bei den unteren Ebenen. Da half es auch nicht, dass es inzwischen hieß bestehen aus Männern und Frauen in folgenden Positionen. Die erste weibliche CSU-Kreisvorsitzende war eine Sensation. Sie wurde auf dem Parteitag in den Wahlvorstand entsandt und „durfte“ Wahlergebnisse bekannt geben.

Die Revolution kam 2010. Nach stundenlanger Diskussion wurde eine parteiinterne Quote von 40 % beschlossen. Sie galt für Bezirks- und Landesvorstände, nicht für die unteren Ebenen und Aufstellungsgremien oder öffentliche Wahlen. Aber sie wurde ohne Probleme umgesetzt zum Teil durch die Art der Durchführung der Wahlen. Zusätzlich wurde in die Satzung ein neuer § 8 eingeführt. Die Absicht war mit der Überschrift „Gleiche Teilhabe von Männern und Frauen“ Bewusstsein zu ändern. Wahrgenommen wurde diese plakative Formulierung kaum. Auch die Formulierung einer Sonderrolle für die Frauen-Union bei der Aufzählung der Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften ist ein Fortschritt. Ihr wurde als besondere Aufgabe das Recht zugesprochen, der Partei auf allen Ebenen und für öffentliche Ämter Frauen vorzuschlagen.

2019 sollte die Quotendiskussion auf dem Parteitag fortgeführt werden. Eine Zukunftskommission entwickelte Vorschläge. Die Frauen-Union entwickelte sie weiter, die Junge Union lehnte sie ab. Ergebnis der öffentlich sehr beachteten Diskussion war eine Minilösung. Der § 8 wurde konkretisiert und auf die Teilhabe junger Menschen ausgeweitet. Eine Reaktion auf den geschlossenen Widerstand der Jungen Union. Eine Ausweitung der Quote auf die Orts- und Kreisverbände wurde nicht beschlossen. Dafür recht komplizierte Detailregelungen für den engeren Vorstand auf Kreisverbandsebene. Die Vertagung der Entscheidung schreit eigentlich nach einer Lösung, die aber unter den gegebenen Umständen nicht in Sicht ist. Viel Überzeugungsarbeit und Versachlichung der Diskussion sind notwendig.

Satzungsregelungen sind nicht zu unterschätzen. Die Frauen-Union hat über die Jahrzehnte erkannt, dass über Organisationsfragen wesentliche Weichenstellungen erfolgen können.

Frauen in öffentlichen Ämtern

Im Laufe der Geschichte der Frauen Union rückte die Frage der Repräsentanz von Frauen nicht nur in der Partei, sondern auch in öffentlichen Ämtern mehr und mehr in den Mittelpunkt. In den Anfangsjahren waren durchaus Frauen in Stadt- und Gemeinderäten, in Kreistagen und in den Parlamenten  vertreten. Sie waren dort Einzelkämpferinnen, zu zweit, höchstens zu dritt, getreu dem Ausspruch des Präsidenten des bayerischen Landtags, Dr. Michael Horlacher, „als Einzelne wirkt die Frau wie eine Blume im Parlament, aber in der Masse wie Unkraut“. Frauen kamen nicht in Führungspositionen, sie waren schmückendes Beiwerk oder Feigenblatt. Vorgeschlagen von den von Männern dominierten Aufstellungsgremien, ausgewählt von Vorbereitungsgremien, in denen ebenfalls selten Frauen vertreten waren, entsprachen die Frauen den Vorstellungen einer „idealen“ Kandidatin. Eine Frau mit Interesse an sozialen Fragen und der Bildungspolitik, mit guten Kontakten zu großen Frauenverbänden - wie konfessionellen Organisationen oder den Landfrauen - oder öffentlich bekannt und beliebt - beispielhaft die Weinkönigin - jedenfalls ohne erkennbar eigenen Ehrgeiz. Ohne sich daran allzu sehr zu stören, arbeiteten sich die Frauen nach erfolgreicher Wahl schnell ein, wurden eigenständig und erwarben sich Respekt.

Erst mit der neuen Frauenbewegung und dem Auftreten der kämpferischen Frauen der SPD und später der Grünen, entdeckte die Frauen-Union ihre dritte wichtige Aufgabe, für eine stärkere Frauenrepräsentanz einzutreten, aus den eigenen Reihen Frauen zu motivieren um Ämter zu kämpfen, sie vorzubereiten und auch zu unterstützen. Dass Frauen in öffentlichen Gremien tüchtig waren, bewiesen die bisherigen weiblichen Abgeordneten und die kommunalen Vertreterinnen. Dass die wenigen nicht genügten und diese außerdem trotz ihrer Leistungen nicht an die Spitze gelangten, dies machte die Frauen-Union öffentlich: ohne Frauen ist kein Staat zu machen!   

Die Frauen-Union forderte spätestens seit den 70er Jahren mehr Frauen auf Listenplätzen, nicht nur auf „Wackelplätzen“. War der Frauenanteil am Ende einer Wahlperiode doch nicht selten erheblich größer als zu Beginn. Frauen waren erfolgreiche Nachrückerinnen, manche konnten sich dadurch für die nächste Wahl profilieren, viele jedoch schieden enttäuscht aus. Die Frauen-Union wusste, dass der Verweis auf Listenplätze nicht genügte. Erfolgversprechender waren in der CSU die Direktkandidaturen und damit sehr umkämpft, wenn ein Wahlkreis frei wurde. Aber nicht immer war gerade die richtige Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort! Bei Direktkreisen entscheiden die Gremien vor Ort, von oben lässt sich keine Kandidatin durchsetzen. Dies klappt höchstens bei reinen Listenwahlen, wie die Europawahlen eindrucksvoll bewiesen. Der Satz eines Parteivorsitzenden, „wenn ihr eine Frau vorschlagt, dann ist euch ein Platz in der Spitzengruppe sicher“, wirkte durchaus. Die Zahl der Mandatsträgerinnen stieg nur langsam und war abhängig vom guten Abschneiden der Partei. Waren die Ergebnisse schlechter, so wirkte sich dies sofort auf den Frauenanteil aus. Dennoch war die Frauen-Union mehrheitlich der Meinung, trotz gegenteiliger Erfahrungen aus den Quotenbeschlüssen der anderen Parteien, langfristig würden sich die Frauen schon durchsetzen. Sie wollten keine Quotenfrau sein, obwohl viele Frauen zunächst als Alibifrauen begonnen hatten!

Als erste Ministerin der CSU wurde 1986 Dr. Mathilde Berghofer-Weichner in das bayerische Kabinett berufen, dies nach 40 Jahren bayerischer Nachkriegskabinette. Auf Bundesebene zog 1989 erstmals Gerda Hasselfeldt als Ministerin ins Kabinett. Nach Jahren vertrat dort Ilse Aigner die CSU, ihrem Wechsel nach Bayern folgte keine Frau nach. Heute hat das bayerische Kabinett fünf Ministerinnen. Damit herrscht auf der Seite der CSU Mitglieder erstmals Parität. Fortschritte und ein gutes Beispiel. Zwei Landtagspräsidentinnen repräsentieren bisher die Volksvertretung: Barbara Stamm und Ilse Aigner. Stellvertreterpositionen in den Parlamenten, Gebietskörperschaften und auch bei Parteipositionen, das belegen die Zahlen eindeutig, werden hingegen leichter an Frauen vergeben.

Auch auf der kommunalen Ebene kam der Erfolg langsam. Zwar kandidierten Frauen der CSU durchaus auch als Oberbürgermeisterkandidatin, zunächst jedoch leider erfolglos. Erst 1992 wurde Gudrun Grieser in Schweinfurt die erste Oberbürgermeisterin der CSU. Kurz zuvor, 1990, gewann Dr. Gabriele Pauli als erste Landrätin im Landkreis Fürth. Beide Frauen wurden als Kandidatinnen der CSU aufgestellt, weil in diesen SPD Hochburgen kein Mann sich eine erfolglose Kandidatur antun wollte. Die Kandidaturen dieser beiden Frauen zeigten,  dass die Wählerinnen und Wähler diesen Frauen zutrauten Neues zu wagen. Heute ist die Zahl der Oberbürgermeisterinnen immer noch überschaubar, lediglich in Augsburg und in Ulm sind die CSU-Frauen mit Eva Weber und Katrin Albsteiger vertreten, die Zahl der Landrätinnen hat sich auf drei erhöht. Natürlich sieht es bei den Bürgermeisterinnen, hauptamtlich oder ehrenamtlich, besser aus: aber 85 für ganz Bayern sind auch nicht überragend.

Gebetsmühlenartig forderte die Frauen-Union die Berücksichtigung von Frauen durch die Partei und wehrte sich, wenn Frauen beispielsweise bei den Landtags- und Bezirkstagswahlen gehindert wurden für sich zu werben. Da sie oft lediglich auf der Liste kandidierten und der Listenplatz – im Gegensatz zur Bundestagsliste - nicht starr ist, sondern durch die Wahlstimme veränderbar, versuchten früher  viele Parteigliederungen, die Zweitstimmenkandidatinnen von Werbung in ihrem Gebiet fernzuhalten. So wurde es den örtlichen Frauen-Unionen untersagt, Kandidatinnen zu einer Veranstaltung einzuladen oder deren Prospekte auszuteilen. Es gab sogar formelle Beschlüsse. Der Briefwechsel mit den Partei-Oberen in derartigen Angelegenheiten ist sehr umfangreich. Die Parteispitze war hier immer auf der Seite der Frauen-Union, die örtlichen Vertreterinnen gerieten hingegen in Loyalitätskonflikte. Manchmal folgenschwer für die Kandidatinnen oder die Frauen-Union

Die Frage von Kandidaturen von Frauen ist heute eine Machtfrage. Fast jede Position, die eine Frau anstrebt, muss von einem Mann freigemacht werden oder steht nicht für einen anderen zur Verfügung. Und noch sind zu wenig Frauen in Ämtern, die sie weitergeben können. Dies würde - falls es geschieht - aber nicht ausreichen, sondern höchstens den Bestand sichern. Manchmal vergessen auch Mandatsträgerinnen, dass sie Frauen nachziehen könnten. Frauennetzwerke allein reichen nicht aus, sie brauchen Verbündete. Die Frauen-Union ist sich der schwierigen Aufgabe bewusst, sie „nervt“ mit ihren Forderungen die Partei. Die gleichberechtigte Teilhabe, wie sie in der Satzung der CSU verankert ist, muss möglich werden, auch wenn es hierzu einiger „Hilfskonstruktionen“ bedarf. Die Frauen-Union wird weiterhin ihren Beitrag dazu leisten. Dies hat die Geschichte der Frauen-Union eindrucksvoll bewiesen.