Artikel vom 20.05.2025
Gemeinsam die Schule der Zukunft gestalten
Sprachunterricht, Inklusion & Demokratieerziehung Themen des Podiums

Veränderungen bei den Vorgaben in der Bildungspolitik sind für Bürger mit schulpflichtigen Kindern unmittelbar spürbar. Und Neuerung rufen nicht selten Ablehnung hervor.
Derartige Reflexe gab es, als mit Beginn des Schuljahres 2024/2025 zwei Neuerungen umzusetzen waren. Das Unterrichtselement Demokratieerziehung wurde mit der sogenannten Verfassungsviertelstunde intensiviert. Dazu reihte sich noch eine verpflichtende Sprachstandserhebung für alle Kinder im Vorschulalter. Wie dies in den über 30 Schulen im Landkreis Altötting umgesetzt wird, das war Thema am Freitagabend im Burghauser Campus. “Quo Vadis Schule?” titelte das Austausch-Podium, zu dem die CSU-Frauen-Union sowie der CSU-Arbeitskreis Schule, Bildung, Sport (AKS) gemeinsam eingeladen hatten.
Externer Gast war Dr. Ute Eiling-Hütig, seit 2013 MdL und Landesvorsitzende des AKS. Gisela Kriegl, Kreisvorsitzende der Frauen-Union, moderierte den Abend. Die Themenschwerpunkte bildeten Demokratieerziehung, Sprache sowie Inklusion. Stv. Landrätin Ingrid Heckner, Ehrenvorsitzende der Frauen-Union, MdL a.D. und pensionierte Berufsschullehrerin, begrüßte das knapp 50-köpfige Publikum, insbesondere Lehrer, Eltern und Führungskräfte aus dem Schuldienst sowie der Erwachsenenbildung.
MdL Eiling-Hütig gab eingangs einen Einblick in die vergangene Sitzungswoche und den Ablauf einer bildungspolitischen Anhörung, die durch AfD-Abgeordnete in die Länge gezogen und “ad absurdum geführt” worden sei. Das Beispiel zeige, wie wichtig die Vermittlung von demokratischen Grundwerten bereits im Kindesalter sei.
Gerade durch das frühe Erleben von Selbstwirksamkeit, durch Projekte in der Schule wie die Gründung einer selbstverwalteten Schulbibliothek, das eigenhändige Aufforsten eines Waldes oder gemeinsame Abstimmungen zu Themen, welche die Kinder selbst erarbeiteten, werde diese vermittelt.
Dieses eigene Erleben von demokratischen Strukturen sei es, das den späteren Erwachsenen hilft, genau zu unterscheiden, wo demokratische Kräfte wirken und wo extremistische Politik am Ruder ist. Die neue Verfassungsviertelstunde sei hierfür ein wichtiger Spielraum für die Schulen. Dieses Thema müssen in einer Schule mit inklusivem Schwerpunkt und einer Klasse, deren Förderbedarf im geistigemotionalen Bereich liegt, gänzlich anders aufbereitet werden als in einer Regelschule, erinnerte Werner Pangerl, Sonderschulrektor der Konrad-von-Parzham-Schule Altötting.
Der zweite Fokus des Abends, der Bereich Sprache und Sprachunterricht, sorgte für viele Stichworte im Notizbuch von Dr. Ute Eiling-Hütig. Es war Margit Burgstaller, Rektorin der Johannes-Hess-Grundschule Burghausen, die von den Umsetzungsherausforderungen der neuen Sprachstandserhebung für Kinder im Vorschulalter berichtete. Es war sich der Großteil der Besucher einig, dass die Vorteile eines einheitlichen Sprachtests, gerade bei den Kindern aus migrantischen Familien, überwiegen würden.
Mit diesem Instrument würden genau die Kinder, denen eine zielgerichtete Sprachförderung für einen erfolgreichen Schulweg fehlt, erfasst. Nach den Erfahrungen aus dem ersten Umsetzungsjahr müssten nun die Stellschrauben z.B. beim Datenaustausch zwischen Schulen und Kindergärten neu justiert und die Erkenntnisse zu den Rahmenbedingungen der Erhebung für den kommenden Testzeitraum eingearbeitet werden.
Den Abschluss des Abends bildete der Punkt Inklusion. Es wurde deutlich, wie drastisch es an Fachpersonal sowie an Geld in diesem Bereich fehlt. Inklusion an Schulen betreffe nicht nur Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen, sondern auch Kinder, die zum Teil im Alter der 8. Jahrgangsstufe erstmalig mit beschult werden.
Angelika Weiß, Rektorin der Mittelschule Burgkirchen, sagte, sie sie konfrontiert mit der Herausforderung einer knapp 80-prozentig migrantischen Schülerschaft. Sie berichtete eindrücklich vom Schulalltag zwischen pubertierenden Kindern in Deutschklassen, Regelklassen und der Herausforderung, alle Kinder fit für ein anstehendes Berufsleben zu bekommen.
Markus Niedermeier, Lehrer an der Max-Fellermeier-Grund- und Mittelschule Neuötting, und neuer Vorsitzender des AKS im Landkreis Altötting in Nachfolge von Dr. Ulrich Kanz, pflichtete ihr energisch bei. Er ergänzte, wie hinderlich die gängige Praxis der Niedrigerstufung von pubertierenden Kindern in eine tiefere Jahrgangsstufe aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse sei.
Die Botschaft, die von MdL Ute Eiling-Hütig mit nach München genommen wird, war eindeutig: Es brauche mehr Lehrkräfte, die auch im Bereich Deutsch als Zweitsprache (DaZ) geschult sind, mehr Stunden für die Umsetzung des Gesamtpakets des bereits dichten Lehrplans für alle Schularten.
Johannes Erbetseder, Gesamtleiter des Franziskushauses in Altötting, ergänzte, aufgrund der massiv angestiegenen Zahlen von Kindern, die einen Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich verzeichnen, könne es sich ein Land wie Bayern nicht leisten, diesen gesellschaftlichen Zündstoff zu verkennen.
Gisela Kriegl verwies auf einen Hoffnungsschimmer: das vom Landkreis finanzierte FTG-Projekt, das einzigartig in Bayern sowohl Kinder mit Förderbedürfnissen in den Schulen unterstützt, als auch dabei die Kosten langfristig senkt.
Das Schlusswort kam von Schulamtsdirektorin Hildegard Hajek-Spielvogel, die sich direkt an die Lehrkräfte des Landkreises wandte. Ausschließlich durch ihr intensives Engagement sei es schaffbar, die mehr als herausfordernde Arbeit die deutlich über die physische Anwesenheitszeit im Schulhaus hinaus geht, zu meistern.
Und einen besonderen Einblick ins Schulleben boten schließlich noch zwei Viertklässler der Burghauser Johannes-Hess-Grundschule. Ihre Beispiele zeigten, dass diese Zeit, in denen die Kinder nicht sprichwörtlich in die Bücher schauen, sondern sich gemeinsam Prioritäten für ihre Schule und ihre Gemeinschaft überlegen, zu sinnvollen Aktivitäten in Kleinen wie im Großen führen - bis hin zu von der Schülerschaft selbstverwalteten Schulbibliotheken, gemeinsam gepflanzten Wälder oder Skate-Nights.