Infoabend

Cannabis- Was sind die Fakten

Cannabis - Was sind die Fakten

Entwurf für den Pressebericht über den Infoabend vom 21. 6 2023

Cannabis soll laut den Plänen der Bundesregierung legalisiert werden. Auch in den angepassten Einführungsplänen werden lediglich Mengen und Rahmenbedingungen für die Erlaubnis zum Cannabisbesitz genannt. Eine Aufklärung, um was es sich konkret bei der Droge handelt und welche gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen es geben kann, erfolgte bis dato aus unserer Sicht jedoch nicht.

Der CSU-Ortsverband Bayerisch Gmain und der Gesundheits- und Pflegepolitische Arbeitskreis (GPA) BGL haben hierfür einen Infoabend, am Mittwoch, dem 21.06.2023 begleitet.

Nach einer kurzen Einführung übernahm Herr PD Dr. Lange, Chefarzt für Pneumologie der Kreisklinik Bad Reichenhall, und führte die Anwesenden umfänglich in die Grundlagen der Wirkung wie auch der unerwünschten Nebeneffekte der Droge Cannabis ein.

Die Wirkung hängt dabei im Wesentlich von der Form des Konsums und der Dosis ab, jedoch spielen auch die Umgebung der Einnahme sowie die Erwartungen der Person selbst eine Rolle. Das heißt, ähnlich wie bei einem Placebo-Effekt von Arzneimitteln spielt die Erwartung an die Wirkung der Droge eine Rolle. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei, dass Wirkung wie auch die Verträglichkeit vollständig individuell ist. Die Grenze zwischen erwünschter und unerwünschter Wirkung ist nicht kalkulierbar. Auch der Abbau der Substanz ist sehr unterschiedlich.

Die Wirkung des THC, welches die psychoaktive Substanz in der Pflanze darstellt, erfolgt über die sogenannten Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn. Diese sind besonders in den Regionen des Gehirns zu finden, welche für das Lernen, das Gedächtnis, aber auch die Bewegung verantwortlich sind. Zudem wird das Belohnungssystem beeinflusst. Ein Entzugssyndrom kann nach 48 Stunden mit psychischen Beschwerden, aber auch körperlichen Beschwerden wie Zittern und Schwitzen eintreten und bis zu 4 Wochen anhalten.

Eine Abhängigkeit tritt bei etwa 10 % der Cannabiskonsumenten ein, dieser Wert steigt jedoch deutlich an, wenn der Gebrauch bereits im Jugendalter begonnen wurde. Mit Besorgnis beobachten Mediziner den Anstieg des THC-Gehaltes, welcher durch Züchtung von ursprünglich ca. 4% auf inzwischen durchschnittlich 14% bis zu Maximalkonzentrationen von 40% angestiegen ist.  Der Konsum über E-Zigaretten oder auch die Wasserpfeife geht mit weiteren gesundheitlichen Risiken einher.

Das dies nicht nur in der Literatur oder in fernen Großstädten, sondern auch hier in unserem Landkreis eine Rolle spielt, wurde durch alle drei Referenten des Informationsabends eindrücklich gezeigt.

Herr Dr. Lange stellte eine der möglichen Langzeitwirkungen in Form eines sogenannten Pneumothorax (Zusammenfallen der Lunge) aufgrund der massiven Lungenschädigung bei einem Erwachsenen im mittleren Lebensalter eindrücklich vor. Der medizinische Nutzen von Cannabis ist weiterhin Einzelfällen vorbehalten, eine generelle Empfehlung liegt auch z.B. für fortgeschrittene Krebserkrankungen nicht vor. Der in Studien gezeigten, bis dato eher geringen Wirkung, stehen die teilweise deutlichen Nebenwirkungen gegenüber.

Nach einer kurzen Diskussion übernahm Herr Balonier von der Caritas Suchtprävention das Wort. Die Caritas ist hier im Landkreis die einzige Anlaufstelle. Dies spielt insbesondere für Jugendliche eine Rolle. Die wenigsten Betroffenen kommen freiwillig, zumeist handelt es sich um eine gerichtliche Auflage. Etwa ein Drittel konsumiert problematisch, was in der Regel zu psychosozialen Schwierigkeiten führt. Aus Sicht der Jugendlichen ergeben sich aus dem problematischen Konsum insbesondere folgende Risiken: Die Droge wirkt auf das Kurzzeitgedächtnis, sie geht überwiegend mit einem Motivationsverlust sowie einem Vernachlässigen von Hobbys und anderen Aktivitäten einher. Häufig folgt ein Schulabbruch oder Ausbildungsabbruch.

Gründe für den Konsum, welche häufig genannt werden, sind Entspannung, Stressabbau, Problembewältigung, Spaß haben, Langeweile vertreiben oder auch besser einschlafen. Die häufigsten geschilderten Auswirkungen sind ein vermindertes Kurzzeitgedächtnis und Motivationsverlust. Angst und Panikattacken kommen zwar vor, aber nicht so häufig.

Auch Herr Balonier konnte den Anwesenden eindrücklich die lokale Situation schildern. Aus Sicht der Suchtprävention sind die wesentlichen Ansatzpunkte im Umgang mit der Droge: ein optimaler Gesundheitsschutz mit Minimieren der Risiken und Schäden durch den Konsum, universelle Konzepte der Prävention sowie eine Stärkung der Früherkennung und damit eine frühzeitige Beratung und Behandlung. Ein wesentliches Anliegen ist es auch, den Erstkonsum von Jugendlichen so weit wie möglich hinauszuzögern. Dies kann vor allem dadurch gelingen, dass die Gründe für den Konsum durch andere Angebote ersetzt werden. Nur so kann es gelingen, der Droge die Macht zu entziehen!

Abschließend übernahm Herr Hauptkommissar Huber. Auch er konnte den Anwesenden eindrücklich die Relevanz für unseren Landkreis darstellen: Es zeigen sich Steigerungen sowohl im Bereich der Delikte wie auch der sicher gestellten Mengen. Zudem wird ein weiterer Verfall des Preises festgestellt. Die Polizei beobachtet neben einem zunehmenden Wirkstoffgehalt eine zunehmende Verunreinigung sowie auch Einsätze durch die Zunahmen von cannabisbedingten psychotischen Störungen. Die bereits im medizinischen Vortrag dargestellten Probleme der unvorhersagbaren Wirkung im einzelnen Individuum zeigt sich auch beim Abbau der Droge im Organismus. Problematisch ist dabei, dass THC im Körper umverteilt und angereichert wird. Hierdurch kann es zu einer unkalkulierbaren verspäteten Ausschüttung kommen. Dies auch erklärt auch die lange Nachweisbarkeit in Blut und Harn. Ein wesentlicher Hinweis von Herrn Hauptkommissar Huber war, dass die aktuell diskutierte Erlaubnis zum Besitz von 3 Pflanzen zu einer produzierten Menge führt, welche bis dato als Kennzeichen für einen beabsichtigten Handel galt.

Herr Huber erinnerte zudem daran, dass die Erwachsenen eine wichtige Vorbildfunktion für unsere Kinder und Jugendlichen ausüben.

Dr. Ulrike Metzger griff auf, dass laut unserer Bundesregierung flankierende Maßnahmen für die Prävention geplant sind. Das sei aus Sicht von CSU und GPA allerdings zu spät. Die Information der Bürgerinnen und Bürger über Wirkungen und Auswirkungen sollte bereits vor der Diskussion um eine Legalisierung umfassend sein, denn nur unter diesen Voraussetzungen kann eine bewusste Entscheidung getroffen werden. 

Die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung wurde durch den deutlichen Zugewinn an Wissen bei allen Anwesenden unterstrichen. Einige nutzten auch das Angebot der ausgelegten offiziellen Infomaterialien der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V.

Frau Dr. Metzger wies außerdem auf den Workshop der Villa Schöpflin, Quo Vadis, für Schulen hin. Auch wenn die Zahl der Interessierten noch überschaubar war, steht sowohl für den Ortsvorsitzenden von Bayerisch Gmain, Willi Färbinger, wie auch die Kreisvorsitzende des GPA BGL, ganz klar fest:

„Die Information unsere Einwohner im Landkreis durch Fachpersonen aus dem Landkreis ist ein wesentlicher Bestandteil der dringend notwendigen Prävention, daher wird es in jedem Falle eine Wiederholung geben!“  

Ohne eine entsprechende Kontrollmöglichkeit ist die Erlaubnis des privaten Besitzes von Cannabis-Pflanzen abzulehnen. Die Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen und insbesondere die besonderen Risiken für die Jugendlichen bedürfen einer umfassenden und breiten Aufklärung.