Kreisverband Neu-Ulm

Neu-Ulm/Roggenburg

Verabschiedung von Landrat Erich Josef Geßner im Koster Roggenburg

Verabschiedung - v.l.: von der Schützenkapelle Holzheim Xaver Stadler, Landrat Erich Josef Geßner, Josef Wegele

Weihrauch, Blasmusik und reichlich Laudationes: Im Kloster Roggenburg wurde am Freitag Landrat Erich Josef Geßner verabschiedet. Die Szenerie erinnerte an einen bayerisch-schwäbischen Heimatfilm.

Dieser Artikel von MATTHIAS STELZER erschien in der SÜDWEST PRESSE. Vielen herzlichen Dank, dass wir ihn hier veröffentlichen dürfen.

Unter den 200 geladenen Gästen die ganze Regional-Prominenz, 110 Musikerinnen und Musiker in Dirndln und Lederhosen, die Bayern-Hymne und ganz zu Beginn des Abschiedstages ein Pontifikalamt in der Klosterkirche. Anders als den scheidenden Neu-Ulmer Landrat hätte man in Roggenburg auch keinen bayerischen Monarchen verabschieden können. Zumal die barocke Zeremonie durch das sprichwörtliche Kaiserwetter unterstützt wurde.

Roland Bürzle, der als Vize-Landrat zur offiziellen Verabschiedung geladen hatte, mühte sich bei der Vorstellung der vielen Amts- und Würdenträger redlich um Kürze. Gut 20 Minuten brauchte er für die in Staccatomanier vorgetragene Begrüßung trotzdem. Eine Tatsache, die sich noch als unterhaltsamer Vorgeschmack auf gut drei Stunden Betrieb am Rednerpult herausstellen sollte.

Hauptredner im Sommerrefektorium des Klosters war Geßners „politischer und persönlicher Freund“ Theo Waigel, der von seinen CSU-Weggefährten offensichtlich immer noch als Bundesminister wahrgenommen wird. Das a.D. vergaßen die Parteifreunde in der allgemeinen Begeisterung jedenfalls nur allzu gerne. Waigel selbst, der am 22. April seinen 75 Geburtstag beging, achtete darauf, den großen Bahnhof Erich Josef Geßner zu überlassen. In seiner honorigen Laudatio würdigte er den 69-jährigen Landrat als „tiefverwurzelten Christen“ und als einen Politiker und Menschen, der die Region in 18 Landrats-Jahren mit „Tatkraft und Leidenschaft“ geprägt habe.

Die Freundschaft zwischen dem Bundespolitiker Waigel und dem Kommunalen Geßner ist aber viel älter. Schon zu Geßners Bürgermeisterzeiten in Vöhringen habe er als Bundesfinanzminister auf das Wort des Freundes gehört. Das führte letztlich auch dazu, dass Theo Waigel den Tag des Mauerfalls nicht in Bonn oder Berlin erlebte, sondern bei einer Veranstaltung in Illerberg und am Fernseher seines Wohnsitzes in Oberroth (Kreis Günzburg). Am Telefon hatte Waigel noch versucht, seinen Auftritt in Illerberg aufgrund der politischen Wetterlage abzusagen. Doch der Vöhringer Freund machte ihm klar, dass er so kurzfristig nicht passen könne.

Bei so viel Vertrautheit will Waigel den Freund auch als Ruheständler nicht missen. „Du stehst vor einem schwierigen Kapitel, der Resozialisierung“, warnte der ehemalige Neu-Ulmer Wahlkreisabgeordnete den baldigen Ex-Landrat und bot dessen Frau Wilhelmine an, diesen Prozess zu begleiten: „Vielleicht können wir hier im Kloster ja zwei benachbarte Zellen bekommen.“

Ein Anliegen, dem der Prämonstratenser-Abt Hermann Josef Kugler als einer von insgesamt sieben Grußrednern gleich seinen Segen gab. Zwei Räume seien für Waigel und Geßner, zwei ganz wesentliche Förderer des Klosters, immer frei.

Ob Erich Josef Geßner das Angebot annehmen wird, wenn er am 1. Mai im „Herbst des Lebens“ angekommen ist, verriet er nicht. Eigentlich wollte er sich sogar eine Verabschiedung im großen Stil ersparen. Eine Kreistagssitzung und ein Gottesdienst – so hatte er seine Amtszeit begonnen und so oder allenfalls mit einem bescheidenen Vergelt’s Gott wollte er auch scheiden.

Doch das ließen seine Parteifreunde und Landratsamtskollegen nicht zu. Sie waren es dann auch, an die Geßner bei seinem Dank als erste dachte. „Ein Chef ist einer, der der Anderen bedarf“, sagte er und bedankte sich für das Vertrauen, dass ihm in 42 kommunalpolitischen Jahren – bei neun Wahlen und in vielen Gesprächen – geschenkt worden sei. Den „größten Dank“ richtete der am Ende des Festakts doch sichtlich gerührte Politiker „meinem Schöpfer“. Ein Glaubensbekenntnis, das auch darin Ausdruck fand, dass sich Erich Josef Geßner zum Abschied eigentlich nur ein Geschenk wünschte: Spenden für das Prämonstratenser-Kloster Roggenburg, das ihm „ganz besonders am Herzen“ liegt.