Ortsverband Altdorf

Freie Wähler Schuld an der Ampel

Interview der LZ mit Florian Oßner

Florian Oßner, hier im Gespräch mit LZ-Redakteur Uli Karg, ist Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Haus- haltsausschuss des und stellvertretender Vorsitzender des Bundesfinanzierungsgremiums. Foto: Christine vinçon

„Die Ampel gibt es dank Freien Wählern”

Florian Oßner, MdB, über eine mögliche Nutzung des ehemaligen KKI-Standorts, die Zukunft des Wasserstoffzentrums Pfeffenhausen und Aiwangers Desinteresse an Landshut

Seit 2013 ist Florian Oßner direkt gewählter Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Landshut. Bei der nächsten Bundestagswahl 2025 könnte sich dies ändern, wenn Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger gegen Oßner antritt. Entsprechend groß ist dessen Angriffslust. Zunächst aber: Atomkraft.

Herr Oßner;Im April hat sich die Abschaltung von „Isar 2“ gejährt. Sie waren Mitglied der Endlagerkommission. Gibt es was Neues zum Thema Endlagersuche?
Florian Oßner: Es ist richtig, dass sich die Standort-Bürgermeister zusammengetan haben, um Druck auf die Bundesregierung auszuüben, damit für jeden Zwischenlagerstandort auch bezahlt wird. So wird Druck im Kessel aufgebaut, um die Suche nach dem Endlager zu beschleunigen. Wir haben in der Endlagerkommission beschlossen: 2031 steht der Standort, bis Mitte der 2040er-Jahre sollte das Endlager ertüchtigt werden. Jetzt ist die Rede von 2085. Wir schieben wieder die Verantwortung auf die nächste Generation. Ohu ist damit ein De-facto-Endlager. Das Kernkraftwerk selbst wiederum soll verschwinden.

Es gibt Stimmen, die fordern, den Kühlturm als Industriedenkmal unter Schutz zu stellen. Was halten Sie davon?
Oßner: Naja, das ist jetzt keine Industriehalle, die sich für kulturelle Veranstaltungen anbietet. Mir fehlt die Vorstellungskraft für eine kluge Nachnutzung. Das Reaktorgebäude müsste man ohnehin entsorgen, das ist kontaminiert. Meine Intention wäre eine andere: Man müsste die technische Infrastruktur mit den Stromleitungen nutzen, um dort eine große Elektrolyse-Anlage für grünen Wasserstoff zu installieren. Das würde die Netze entlasten. Was die Nachnutzung von Kraftwerkstandorten generell betrifft, habe ich es bereits an Bundeswirtschaftsminister Habeck adressiert. Bisher mit wenig Gegenliebe.

Stichwort regenerative Energien: Zuletzt gab es große Unruhe im Zusammenhang mit dem Wasserstoffzentrum Pfeffenhausen. „Vettern-wirtschaft" im Bundesverkehrsministerium zugunsten von Pfeffenhausen lautet der Vorwurf. Teilen Sie ihn?
Oßner: Es ist schon ein Kampf. Es gab tatsächlich die ComplianceVorwürfe - wobei ich das nicht zu 100 Prozent nachvollziehen kann. Die Ministerien haben nach klaren Bewertungen des Beratungsunternehmens Prognos entschieden. Deshalb läuft für mich der Klüngelvorwurf ins Leere. Im Raum stand außerdem, dass Pfeffenhausen mit 100 Millionen Förderung im Gegensatz zu den anderen drei Standorten mit 60 Millionen übervorteilt wurde...

...zum Zeitpunkt der Entscheidung war Ihr Parteifreund Andreas Scheuer Bundesverkehrs-minister...
Oßner: ...und es ist doch klar, dass wir auch auf unseren Standort schauen. Vor allem weil wir in Pfeffenhausen auf den Automotivebereich gesetzt haben, der mit Abstand der kostenträchtigste ist. Mittlerweile hat die Ampel die Fördermenge aber ohnehin geviertelt, jeder der vier Wasserstoffstandorte bekommt 72,5 Millionen Euro. Die Gelder sollten im Haushalt 2024 eingestellt werden, aber: Solange die Compliance-Vorwürfe im Raum stehen, darf nur der betreffende Staatssekretär diese nach einer Einzelprüfung freigeben

Klingt nicht nach Planungssicherheit.
Oßner: Stimmt. Diese brauchen wir aber schleunigst, sonst springen uns die Investoren ab. Aktuell besteht die Gefahr, dass da viel Porzellan zerschlagen wird. Ich stehe als zuständiger Haushälter im engen Kontakt mit dem Ministerium.

Wo in der Region zuletzt viel Porzellan zerschlagen wurde, war in Kläham, wo Anwohner  Aufgrund einer geplanten Asphaltmischanlage auf die Barrikaden gingen. Der Gemeinderat revidierte schließlich seine Entscheidung. Was sagt das aus über politische Willensbildungsprozesse?
Oßner: Dass man vor einer Entscheidung ehrlicher und offener die Fakten kommunizieren muss. Wenn im Zusammenhang mit dem Asphaltmischwerk mit Argumenten wie Gewerbesteuer und Arbeitsplätzen gearbeitet wird, muss man sich schon die Frage stellen: War das wirklich der richtige Standort? Das war unglücklich.

Ist der nördliche Landkreis Landshut eigentlich fiir jemanden wie Sie, der aus dem südlichen Landkreis kommt, ein Gebiet, wo Sie sagen: Okay, da gibt es kulturelle Unterschiede...
Oßner: (lacht) Es gibt definitiv kulturelle Unterschiede entlang von Flussverläufen. Es gibt Ähnlichkeiten im Vilstalverlauf, am Isar- und am Donauverlauf. Nördlich des Isarverlaufs scheint beispielsweise die Streitbarkeit ausgeprägter. Im Vilstal wirken die Menschen vielleicht etwas zurückhaltender. Es lässt sich aber am Ende nicht pauschalisieren.

Nördlich der Isar ist Hubert Aiwanger daheim. In jüngsten Umfragen zur Europawahl liegt die CSU über 40, die Freien Wähler unter zehn Prozent - wenigstens fiir die Europapolitik sind die konservativen Kräfteverhältnisse in Bayern wieder hergestellt?
Oßner: Was die Europawahl betrifft, sind das definitiv neun Prozent zu viel für die Freien Wähler, weil sie für keine politische Richtung stehen. Wahrscheinlich sind sie in Brüssel wieder, wie jetzt, bei den Liberalen in der Fraktion. Das sind also verschenkte Stimmen und geben der Europapolitik keine Richtung.

Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Hubert Aiwanger; dass er den „Draht zu den Anständigen“ finde...
Oßner: ...und ich frage mich bis jetzt, was er damit meint. Anständig? Aiwanger? Man spricht doch nicht von sich selbst als „anständig“. Erstaunlich, wie man solch einen Begriff nach all den bekannten Vorkommnissen verwenden kann.

Macht es sich für Sie eigentlich bemerkbar; dass die Stadt Landshut keinen eigenen  Landtagsabgeordneten mehr hat, seitdem Aiwanger im vergangenen Jahr den Stimmkreis geholt hat?
Oßner: Schauen wir uns doch nur die Entscheidung zum Sitz des Verwaltungsgerichts an: Da hätte man meinen können, dass da einer im Kabinett gewichtig unsere Interessen vertritt. Der macht sich aber für Deggendorf stark. Unglaublich. Dass der hiesige Staatsminister nicht den Mumm hat, zu sagen: Landshut! In jedem anderen Regierungsbezirk sitzt das Verwaltungsgericht in der Regierungshauptstadt.

Geworden ist es dann Plattling im Landkreis Deggendorf – gelegen im Stimmkreis des CSU- Verkehrsministers Christian Bernreiter.
Oßner: Was sollte Christian Bernreiter auch anders machen, falls er die Vorlage von Aiwanger so bekommt. Fest steht: Aiwanger hat sich aktiv für die Region Deggendorf eingesetzt. Er hat null Interesse an Landshut gehabt.

Kann es sein, dass Sie sich auch deshalb so kritisch mit Hubert Aiwanger auseinandersetzen, weil er Ihnen bei der nächsten Bundestagswahl gefährlich werden könnte?
Oßner: Ich bin deswegen so kritisch gegenüber Aiwanger und den Freien Wählern, weil sie maßgeblich dazu beigetragen haben, dass es heute eine Ampel-Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP gibt. Sicherlich hatten wir als CDU/CSU keinen optimalen Kanzlerkandidaten. Dass die SPD jedoch diesen einen Prozentpunkt mehr als die Union bei der letzten Bundestagswahl hatte, lag maßgeblich daran, dass die Freien Wähler uns diesen Punkt abgenommen haben. Ansonsten hätten wir den Kanzler gestellt. Wer Freie Wähler gewählt hat, hat am Ende die Ampel gewählt. Deshalb trägt Aiwangers durchschaubare Botschaft, durch die Wahl seiner Person werde die Ampel abgelöst, definitiv nicht.

Bericht aus der Landshuter Zeitung vom Mai 2024
Interviewz Uli Karg
Foto: Christine Vinçon