Ortsverband Mellrichstadt

CSU Mellrichstadt

Staatsministerin Dorothee Bär zum Werkstattgespräch "Digitalpakt Schule"

Der CSU-Ortsverband der Mellrichstädter CSU hatte das Werkstattgespräch zum „Digitalpakt Schule“ mit Staatsministerin Dorothee Bär (5. v. r.) und mit Landrat Thomas Habermann (7. v. r.) organisiert. Da durfte natürlich auch nicht das Erinnerungsfoto fehlen. 3. v. r.: Frank Vetter, der CSU-Bürgermeister-Kandidat; ganz links: der stellvertretende Landrat Peter Suckfüll. Foto: Fred Rautenberg

Mellrichstadt. (frr)

Die digitale Bildung an den Schulen sei „entscheidend für die Zukunft unseres Landes“ und sei ihr darum „ein Herzensanliegen“, sagte Dorothee Bär, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. Sie stellte aber auch fest, dass die augenblickliche Lage der Schulen in Deutschland, was deren digitale Grundausstattung betrifft, einem Flickenteppich gleich kommt und sehr unterschiedlich ist: von Bundesland zu Bundesland, von Bezirk zu Bezirk, von Landkreis zu Landkreis, sogar von Schule zu Schule.

Mit diesen Worten hatte die Ministerin ihren Vortrag eröffnet zum Thema: „Digitalpakt Schule“. Zuvor war sie von Bernhard Ledermann, dem Vorsitzenden der CSU Mellrichstadt, begrüßt worden, und mit ihr auch Landrat Thomas Habermann, dessen Stellvertreter Peter Suckfüll, die Bürgermeisterin Anja Seufert von Bastheim und Bürgermeister Thomas Fischer aus Nordheim, eine Reihe von Vertretern der örtlichen allgemeinbildenden Schulen sowie Frank Vetter, der von der Mellrichstädter CSU aufgestellte Kandidat für das Amt des Bürgermeisters. Ledermann hieß zudem viele interessierte Bürger und Parteifreunde willkommen.

Als „Werkstattgespräch“ war dieses Treffen in Mellrichstadts Café Mozart am vergangenen Freitag ausgeschrieben worden. Das wurde es auch, denn nach dem Statement der Ministerin und dem Referat des Landrats kam es zu einer fruchtbaren Aussprache besonders der Vertreter der Schulen mit den beiden Politikern.

Bildung ist teuer, keine Bildung aber ist noch teurer, sagte Frau Bär in Anlehnung an ein Zitat von John F. Kennedy. Das gelte auch für die digitale Bildung. Gewiss brauchen wir auch heute noch die Grundkulturtechniken Lesen, Schreiben, Rechnen, aber eben auch Digitalkunde. Medien-Kernkompetenzen gelte es zu vermitteln, z. B. solche Kenntnisse wie, was ein Algorithmus ist, wie man einen Code schreibt, wie man Daten analysiert, wie man sich vor den Gefahren im Internet schützt und was das Urheberrecht bedeutet. „Silo-Denken“ gelte es zu überwinden und damit im Bildungsbereich die externen Beziehungen nicht aus dem Auge zu verlieren. Denn „in der Arbeitswelt der Zukunft kämpft nicht mehr Bayern mit Baden-Württemberg oder Hamburg um die besten Arbeitskräfte, sondern mit China oder den USA“. Dafür könne die Politik aber Erleichterungen für Schüler und Lehrer schaffen.

Mit dem Digitalpakt Schule habe die Bundesregierung einen Schritt in diese Richtung getan. 5,5 Mia. Euro sollen für die entsprechende Infrastruktur bis 2024 investiert werden. Rein rechnerisch heißt das, dass bei ca. 40.000 Schulen in Deutschland pro Schüler 500 € und pro Schule 137.000 € aufgebracht werden. Bayern bekommt davon 778 Mio. €. Das Geld ist auch für Arbeitsgeräte wie Tablets, Whiteboards oder VR-Brillen gedacht. Unterstützt wird diese Initiative durch die schon 2017 begonnene „Offensive Digitales Klassenzimmer“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das Projekt „Masterplan Bayern Digital I und II“ zielt ebenfalls in diese Digitalstrategie.

Es gelte aber auch der Grundsatz: Keine Förderung ohne Konzept und pädagogische Qualifizierung. Dafür seien die Bundesländer zuständig. Frau Bär ermutigte die Schulen, Anträge zu stellen, damit die Gelder fließen. Den Leuten vor Ort aber sollte „mehr Beinfreiheit eingeräumt werden“. Denn ohne engagierte Lehrer gehe es einfach nicht.

Thomas Habermann beleuchtete das Thema vom Standpunkt eines für seinen Landkreis verantwortlichen Politikers. Er dankte zunächst seinen drei IT-Mitarbeitern im Landratsamt für ihren Einsatz: 4.250 „IT-Support-Stunden“, wie der Landrat deren Arbeitszeit bezeichnete, hätten sie allein im Jahr 2019 aufgebracht. Der Landkreis trage sich mit der Idee, eine Gesellschaft für die digitale Verwaltung der Gemeinden im Landkreis zu gründen. Denn ein einziger Fachmann in einer Gemeindeverwaltung sei auf Dauer hoffnungslos überfordert.

Der Landkreis Rhön-Grabfeld habe sich dabei auch sehr intensiv mit der Digitalisierung der Schulen befasst. Denn es wäre unverantwortlich, sagte Habermann, diese Erziehungsaufgabe, von welcher Schulen, Lehrer, Schüler und Eltern betroffen sind, auszuklammern. 11 Schulen des Landkreises seien in die IT-Betreuung aufgenommen, 4.500 Schüler seien davon betroffen (rund 500 an Mellrichstadts Martin-Pollich-Gymnasium). Zurzeit laufe ein Pilotprojekt, bei dem vier Klassen an den drei Gymnasien des Landkreises und der Wirtschaftsschule mit Tablets ausgestattet sind. Alle Kreisschulen hätten den Glasfaseranschluss ans Internet. Die digitale Ausstattung der Klassenzimmer mit Hardware werde mit Hilfe der verfügbaren Fördermittel von Bund und Land fortgesetzt, unter Einbeziehung der Schulen und ihrer Leiter. Zu bedenken sei erstens: Einige der fünf Förderprogramme sind nur für die Erstausstattung, nicht aber für den Erhalt und die Innovation der Systeme. Und zweitens: Die Neuanschaffung von Hardware muss europaweit ausgeschrieben werden.

Stolz war Habermann darauf, dass der Landkreis bei der Digitalisierung weit voraus gewesen war und eine Vorreiterrolle eingenommen hatte, bei der auch wertvolle Erfahrungen gesammelt werden konnten. Am Wert des Schulunterrichts mit Hilfe digitaler Medien zweifelte Habermann nicht. Er hatte sich selbst davon bei einem Unterrichtsbesuch überzeugen können, mit welcher intensiven Aufmerksamkeit die Schüler gearbeitet hatten. Er erkannte dabei aber auch, welch hoher Fortbildungsbedarf für den Lehrer besteht, der mit solchen Unterrichtsmitteln arbeiten will, um die Lehrpläne auch digital umzusetzen. Ziel sei es jedenfalls, die jungen Menschen auch auf dem Gebiet der Digitalisierung gut vorbereitet ins Berufsleben zu entlassen. Aber „wir sind auf sehr gutem Weg“, war sich Habermann sicher. Das aber solle so bleiben. Darum wünschte sich der Landrat auch, dass die einschlägigen bayerischen Ministerien untereinander kommunizieren, wenn es um das Beste der bayerischen Schulen geht.

Bei der anschließenden Aussprache kamen dann schnell die Schwachstellen im augenblicklichen Digitalisierungsprozess für die Landkreis-Schulen ans Licht. Ulrich Kluge, der Leiter der Ignaz-Reder-Realschule in Mellrichstadt, musste konstatieren, dass alle seine Lehrer nur „Schmalspur-Informatiker“ seien, die langsam in das Metier der digitalen Technik hineinwachsen. Er habe „zwei gute Leute“ an seiner Schule, die aber an die Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt seien. Für die Betreuung von 130 PCs mit WLAN-Anschluss stünden nur zwei Lehrer-Ermäßigungsstunden zur Verfügung. Er schlug vor, dass für die vier Mellrichstädter Schulen ein Fachmann eingestellt werde, der die Lehrer bei Problemen wie auch bei der Weiterbildung unterstützen könnte. Die Rektorin der Malbach-Grundschule von Mellrichstadt Ute Bach-Schleicher sah das ganz ähnlich. Habermann ging sogar noch ein Stück darüber hinaus. Redundanzen, sagte er, also mehr als ein solcher Fachmann, seien nötig, um auch dann eine Hilfe verfügbar zu haben, wenn der eine der Fachleute ausfällt, aus welchen Gründen auch immer. Lehrer allein, sah der Landrat ein, könnten diese Aufgabe nicht übernehmen. Das Grundwissen sollten die Lehrer zwar haben, aber wenn es kompliziert wird, müsste entsprechend kompetentes Personal schnell zur Verfügung stehen. Frau Bär griff das auf und meinte, darüber müsse man auch einmal auf Bundesebene reden. Manuel Schmidt von der Udo-Lindenberg-Mittelschule in Mellrichstadt ging noch ein Stück weiter. Wenn ein solcher Helfer gebraucht wird, dann sei das in aller Regel sofort. Das hieße, dass jede Schule einen solchen IT-Experten vor Ort haben müsse. Davon war auch ein Lehrer aus Münnerstadt überzeugt.

Ulrich Kluge wies auf den finanziellen Aspekt hin. Ständig am aktuellen technischen Stand zu bleiben verursache auch Kosten. Die Eltern würden genau darauf achten, dass auch alle Schüler einer Jahrgangsstufe diesbezüglich gleich behandelt werden. Das hätte sich auch Frau Bär gewünscht, aber es ließe sich aus finanziellen und praktischen Gründen kaum durchführen, schätzte sie die Lage ein. Hier schaltete sich Stephen Johannes ein (er ist der stellvertretende IT-Leiter im Landratsamt) und berichtete, wie der Landkreis bei der Ausstattung seiner Schulen mit solcher Hardware vorgegangen sei. Inzwischen sei man bei Kapazitätsengpässen angelangt, das verfügbare Personal sei nicht in der Lage, alles auf einmal zu bewältigen.

OStD Robert Jäger vom Martin-Pollich-Gymnasium trug eine besondere Bitte an den Landkreis vor. Er hatte mit seinen Kollegen schon sehr früh im Jahr 2018 ein breit angelegtes, bis in die Details durchgeplantes Medien-Curriculum für alle Jahrgangsstufen und für alle Schulfächer erstellt. Es sei gewiss bayernweit vorbildlich, sagte Jäger. Ein wichtiges Element darin ist, mit der digitalen Vermittlung von Lehrplaninhalten auch das Zehn-Finger-Schreiben auf einer Tastatur einzuüben. Für die Ausstattung mit modernen Tablets wusste Jäger dem Landkreis ausdrücklich zu danken. Den Service des Landratsamts wolle er ungern vermissen, und „die Koffer-Lösung“ mit zweimal 15 Tablets laufe hervorragend. Doch arbeiten diese Geräte ganz nach dem Touch-Prinzip. In der beruflichen Alltagswirklichkeit aber werde nach wie vor mit Tastaturen gearbeitet. Seiner Bitte um Ausstattung mit zwei Sätzen ganz normaler Keyboards sei der Landkreis bisher leider nicht nachgekommen. Jäger hatte sogar ein gewisses Verständnis dafür, denn der Landkreis will alle seine Schulen streng gleich behandeln. Keyboards sind dabei offenbar nicht vorgesehen. Für das MPG bedeutet das allerdings einen deutlichen Einschnitt in das von der Schule entwickelte Konzept. Vielleicht ändert sich doch noch etwas, denn der Direktor des MPG hatte der Ministerin und dem Landrat je ein Exemplar des ausgearbeiteten Konzepts zukommen lassen.

Die Diskussion wandte sich dann der Frage zu, ob Schüler nicht ihr eigenes Gerät mitbringen sollten. Die Kosten dafür könnten allerdings sozial schwachen Familien schwerfallen, wie besonders Manuel Schmidt von der ULMS für seine Schule betonte. Probleme könnte es auch für einen Schüler geben, wenn er die Schule wechselt und an der neuen Schule ein anderes System antrifft. Habermann erinnerte noch einmal an die noch zu gründende Landkreis-Digital-GmbH. Die ULMS, und nicht nur die, habe dann Zugriff auf 30 statt nur drei Ansprechpartner bei digitaler Nothilfe. Bernhard Ledermann wies darauf hin, dass die digitalen Medien grundsätzlich nur eine unterstützende Funktion haben. Die Digitalisierung sei gewiss ein nützliches Element bei der schulischen Ausbildung, aber sicher auch nicht das einzige. Ulrich Kluge sah auch die Gefahr, dass die Schüler und vielfach die Eltern mit so viel Digital überfordert werden könnten. Auch müsse die schulische Ausbildung der Gefahren des Internets Rechnung tragen. Ansgar Zimmer, 1. IT-Leiter im Landratsamt, hob die Rolle des Landkreises hervor, nämlich den Schulen alles Notwendige zur Verfügung zu stellen, damit diese ihrer pädagogischen Aufgabe nachkommen können – bei freier Wahl ihrer didaktischen Möglichkeiten. Wie diese angewandt werden, da mische sich das Landratsamt nicht ein.

Dorothee Bär riet, bevor sie nach Hammelburg zu einem weiteren Termin fahren musste, dass die Schulen einfach einmal anfangen sollten, ohne zu fragen, was passieren könnte. Gegebenenfalls könne man ja auch nachsteuern. Und für finanziell „klamme“ Familien gebe es ja schließlich auch Hilfemöglichkeiten.