Kreisverband Rottal-Inn

Kultus-Staatssekretär lobt Solidarität und Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, spricht aber auch Obergrenze bei Flüchtlingsaufnahme an

CSU Rottal-Inn

Bernd Sibler: "Auch wir haben unsere Grenzen"

Dietersburg. Zum zweiten Mal nach 2008 hat Kultus-Staatssekretär Bernd Sibler die Fastenkundgebung der CSU besucht. Was sich in diesen neun Jahren in der bayerischen Bildungslandschaft verändert hat und warum nun offen über eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium diskutiert werden sollte, darüber sprach der gebürtige Plattlinger am Dienstagabend im Gasthaus Händlmeier.Vor zwei Jahren war es Wilfried Scharnagl, ehemaliger Chefredakteur des Bayernkurier, der bei der Dietersburger CSU zu Gast war.

Nach der Pause im vergangenen Jahr suchte man nun im Alphabet unter „S“ weiter nach hochkarätigen Rednern: „Eigentlich wäre Seehofer der nächste gewesen“, bemerkte JU-Ortsvorsitzender Franz Reiter schmunzelnd, auch Söder oder Stoiber hätten zum Zug kommen können. Im Endeffekt habe man sich dann aber doch für Sibler entschieden, der mit seinen niederbayerischen Wurzeln habe punkten können. 2008 war dieser schon einmal zu Gast, erinnerte CSU-Ortsvorsitzender Konrad Kronschnabl, konnte sich aber die Bemerkung nicht verkneifen, dass sich seinem Empfinden nach „seitdem in der Bildungslandschaft nicht viel getan hat.“

Das Jahr 2016 indes, erinnerte MdL Reserl Sem, werde den Menschen im Landkreis immer in Erinnerung bleiben als ein Jahr, in dem man beim Thema Flüchtlingsströme Unglaubliches geleistet habe und im Juni von einer Flutkatastrophe verheerenden Ausmaßes heimgesucht wurde. Neben all den Schicksalsschlägen, die die Menschen erleiden mussten, habe man vor allem gemerkt, wie gut die Bevölkerung zusammen hält.Die Flutkatastrophe, sie ist es auch, die Sibler noch deutlich in Erinnerung ist. Sein Heimatlandkreis Deggendorf war 2013 vom Hochwasser betroffen, „doch bei uns kam das Wasser langsam, und blieb dafür drei Wochen.“ Im Rottal setzte der Regen sintflutartig ein, die Tragödie kam binnen weniger Stunden und richtete großen Schaden an. Bei all dem Elend sei die Hilfsbereitschaft beeindruckend gewesen, sagt Sibler, der selbst mit den Deggendorfer Rot-Kreuzlern im Katastrophengebiet vor Ort war.Zusammenhalt ist das Wort, das im Jahr 2016 deutliche Spuren hinterlassen hat, auch beim Thema Flüchtlinge sei die Hilfsbereitschaft enorm gewesen. Bei aller Solidarität jedoch brachte auch Sibler eine Obergrenze ins Spiel. „Wir haben den Zustrom von einer Million Menschen binnen eines Jahres geschafft. Doch ein zweites Jahr hätten wir das wohl nicht mehr leisten können.“

2016 kamen zwar mit rund 200 000 Menschen deutlich weniger Asylsuchende nach Deutschland, jedoch müsse man deutlich machen, „dass auch wir unsere Grenzen haben.“ Dies trifft laut Sibler auch zu, wenn es um die Beziehung Deutschlands zur Türkei geht: „Erdogans Nazi-vergleich kann und darf sich kein deutscher Politiker gefallen lassen“, bemerkte Sibler, der entschieden dagegen ist, dass „türkische Politik auf deutschem Boden“ durchgesetzt wird. Sibler ging noch auf den ausgeglichen Haushalt des Freistaates ein, der trotz Konsolidierung auch in diesem Jahr Investitionen in Milliardenhöhe vorsieht und lobte das Konzept der Pfarrkirchner Europa-Hochschule, von dem mittlerweile 370 Studierende profitieren würden. Und dann musste Sibler doch noch auf die Spitze des CSU-Ortsvorsitzenden reagieren: „Von 2008 bis 2017 hat sich eine Menge in der bayerischen Bildungslandschaft verändert“, so der Kultus-Staatssekretär zur Eingangsbemerkung von Konrad Kronschnabl.

Sibler verteidigte die Einführung des achtstufigen Gymnasiums ebenso wie nun die Diskussion um die Abschaffung desselbigen. „Wir haben rückläufige Schülerzahlen. Wir haben die Wehrpflicht ausgesetzt, mit dem Bachelor wurde ein neuer Hochschulabschluss eingeführt, und nun sind die Studenten plötzlich sehr jung, wenn sie die Universität verlassen“, so Sibler. Klagte die Wirtschaft früher darüber, dass die Absolventen erst mit 27 oder 28 Jahren dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden, so sei jetzt das genaue Gegenteil der Fall. Mit Einführung der „Mittelstufe Plus“ habe sich die Situation erneut verändert: Ein Großteil der Schüler am Gymnasium entscheidet sich dafür, in neun statt acht Jahren Abitur zu machen, „80 Prozent der Eltern sprechen sich ebenfalls für die längere Version aus“, verdeutlichte Sibler. Mit diesen Argumenten habe man seitens der Staatsregierung nun eine Dialogphase gestartet, Eltern-, Lehrer- und Schülerverbände befragt und mit Bildungs- und Haushaltspolitikern diskutiert. „Um Ostern rum wird es eine Entscheidung geben, ob Bayern zum G9 zurückkehrt“, kündigte Sibler an, und bemerkte augenzwinkernd: „Es hat sich also doch etwas getan seit meinem letzten Besuch.“