Ortsverband Wallerfing

OZ-Podiumsdiskussion

Zwei verschiedene Charaktere stellen sich zur Wahl

Das Interesse an der OZ-Podiumsdiskussion war enorm: Gut 200 Zuhörer kamen zum Eder-Wirt nach Neusling. −Fotos: Manuel Birgmann

Wallerfing. In Wahlversammlungen bekommen die Wähler immer nur eine Seite zu hören. In der OZ-Podiumsdiskussion am Donnerstagabend im Gasthaus Eder in Neusling konnten die Wallerfinger Bürger beide Bürgermeisterkandidaten erstmalig im Schlagabtausch auf offener Bühne erleben. Daher war es nicht verwunderlich, dass der Wirtshaussaal aus den Nähten zu platzen drohte.

Die Veranstaltung, die von OZ-Redaktionsleiterin Gabi Schwarzbözl moderiert wurde, sollte eine echte Entscheidungshilfe darstellen, schließlich stehen in Wallerfing mit dem amtierenden Bürgermeister Thomas Brunner (FW) und seinem Herausforderer Johann Eigner (CSU) nicht zur zwei unterschiedliche Parteien, sondern auch zwei charakterlich unterschiedliche Typen zur Wahl.

"In der Ruhe liegt die Kraft", nannte Brunner sein Lebensmotto als "ruhiger und familiärer Mensch". Er wolle auch weiterhin für die Menschen in der Gemeinde da sein und werde jeden einzelnen respektieren. "Ausdauernd, zielstrebig, neugierig und aktiv anpackend", nannte Eigner als persönliche Eigenschaften. Als gebürtiger Wallerfinger möchte der 51-Jährige seiner Gemeinde nun als Bürgermeister etwas zurückgeben. "Ich möchte Wallerfing lebens- und liebenswert erhalten", betonte der Kandidat. Um aktiv mit Vereinen, Bürgern und Gewerbetreibenden zusammenzuarbeiten zu können, würde Eigner sogar seinen Job als kaufmännischer Angestellter im Außendienst aufgeben. Er versicherte rund um die Uhr sieben Tage die Woche für die Gemeinde und ihre Bürger da zu sein.

Arbeitszeiten - Thomas Brunner hingegen möchte wie bisher als Rechtspfleger am Amtsgericht Deggendorf weiter arbeiten. Die flexible Arbeitszeit bei der Justiz umfasse 16 Stunden an drei Tagen, die er bei wichtigen Terminen wie Besprechungen der ILE Donauschleife etc. frei einteilen könne. "Ich komme so als Bürgermeister gut über die Runden", beteuerte Brunner. Ab dem Nachmittag sei er aber meist jeden Tag für die Bürger erreichbar, ebenso abends und an den Wochenenden. Die von ihm angebotene Bürgersprechstunde sei aber kaum angenommen worden. Ein akuter Gesprächsbedarf sei offensichtlich nicht an Terminen festzumachen.

Über ein Bürgerbüro kann Johann Eigner zwar nachdenken, aber er möchte es wie die früheren Bürgermeister halten, die noch "unter die Leute gegangen" seien. Terminlich möchte er flexibel bleiben und mit den Bürgern gemeinsam planen.

Wohnraum für SeniorenBei der Dorferneuerung hält sich Johann Eigner ans Leitbild, das für die Ortsmitte einen lebendigen Platz für die Bürger mit Sitzgelegenheiten und Spielplatz für die Kinder vorsieht. Von einem Bürgerhaus hält er wenig, da dies viel Geld koste und aktuell kein Bedarf bestehe. Vereine könnten auch die leeren Klassenzimmer in der Mittelschule nutzen.

Bürgermeister Thomas Brunner erkennt in der momentanen Situation in der Ortsmitte ein "wunderbares Provisorium" mit ausreichend Parkmöglichkeiten. Zum Ausbau befinde man sich noch in der Infophase, doch Brunner kann sich etwa den Bau einer Tagespflegeeinrichtung mit 15 Plätzen für Senioren vorstellen. Die in Rattiszell besichtigte Einrichtung werde vom BRK betrieben und von einem kommunalen Unternehmen gemanagt. Alternativ, so Brunner, könnte ein Mehrfamilienhaus mit kleineren Wohnungen für Senioren entstehen.

Johann Eigner zeigte sich von diesen Ideen begeistert, doch müsse man erst den Bedarf ermitteln. Auch dürfe keine Konkurrenz zur in Buchhofen geplanten Tagespflegeeinrichtung entstehen. In diesem Zusammenhang forderte er eine Bauleitplanung, die auch Mehrfamilienhäuser mit kleineren, bezahlbaren Wohnungen für junge Leute zulasse. Diese könnten so in ihrer Heimat bleiben und später eventuell ein eigenes Haus am Ort bauen. "Das ist auch wichtig für den Erhalt unserer Vereine", unterstrich Eigner.

Diese Gedanken will Thomas Brunner in laufende Planungen mit einfließen lassen. Die Infrastruktur im Ort biete mit Banken, Kirche, Bäcker und zwei Gasthäusern viel Potenzial, allerdings bleibe fraglich, wo so etwas realisiert werden sollte. Die momentane Ausweisung von Bebauungsplänen entspreche dem aktuellen Bedarf an Einfamilienhäusern.

Johann Eigner sieht auch links und rechts der Ortsdurchfahrt Möglichkeiten zur Bebauung und für einen Platz mit Brunnen. Wie der Vitalitäts-Check 2.0 zeige, seien in Wallerfing bei derzeit 1307 Einwohnern 65 neue Wohnungen nötig. Auch Thomas Brunner sprach sich dafür aus, erst die Innenbebauung zu verdichten, bevor ein neues Baugebiet ausgewiesen wird, Besitzer ungenutzter Hofstellen hätten jedoch keinerlei Interesse für einen Grundstücksverkauf signalisiert und auch nicht auf ein Anschreiben der ILE reagiert. "Die Bürger betrachten ihr Eigentum momentan als Kapitalanlage", hat Brunner im persönlichen Gespräch erfahren. Er erzählte von regelrechten Anfeindungen nach seinen Anfragen und bösen Anrufen bei Beschwerden. "Ich wünsche mir persönlich mehr Harmonie und einen guten Umgangston miteinander!"

Energie und BaugebieteZum Thema Energiekonzept holte Johann Eigner aus und kritisierte die Ölbefeuerung in den Baugebieten. Nachdem die Nahversorgung überall ein Thema sei und Hackschnitzel aus Käferholz en masse zur Verfügung stünden, sieht er in einem Hackschnitzel-Blockheizkraftwerk die optimale Lösung. Derzeit gebe es hohe Zuschüsse, mit denen das Schulgebäude angeschlossen werden könnte. C.A.R.M.E.N. und das Amt für Ländliche Entwicklung böten dazu eine kostenlose Energieberatung an. "Doch bei einer Politik der ruhigen Hand passiert nichts", sagte Eigner und forderte dafür einen Planungsauftrag im Rahmen der Dorferneuerung.

Thomas Brunner stellte dazu fest, dass in der Gemeinde drei mal so viel Photovoltaikstrom erzeugt, wie verbraucht werde. Berechnungen hätten ergeben, dass ein Blockheizkraftwerk für die Schule und das Feuerwehrhaus zu unwirtschaftlich sei, da zu wenig weitere Abnehmer in der Umgebung wohnten und lange Versorgungsleitungen einen hohen Wärmeverlust bedeuteten.

Im Vorfeld der Veranstaltung hatte ein OZ-Leser angefragt, warum nicht in sämtlichen Ortsteilen Baumöglichkeiten geschaffen werden, um der drohenden Vergreisung entgegen zu wirken. Dazu stellte der Bürgermeister fest, dass das Baugesetzbuch vieles verhindere. So sei ein Lückenschluss zwischen Bachling und Neubachling gescheitert, weil dies die "Verfestigung einer Splitersiedlung" darstelle. Johann Eigner, der hier noch keine Erfahrungen sammeln konnte, will trotzdem mit den Bürgern und dem Landratsamt reden. Oft hake es ja nur an Kleinigkeiten. "Man kann sich nicht über das Baugesetz hinweg setzen, aber man kann es probieren", sagte der Kandidat.

RadwegeBeim Ausbau des Radwegenetzes hält der Bürgermeister Verbindungen in alle Richtungen für wichtig. Besonders aber liegt ihm der Anschluss von Pitzling her am Herzen. Die Baukosten würde der Bund übernehmen, doch bislang sei nur ein Grundstückseigner bereit zu Tausch oder Verkauf. "Unser Angebot steht immer noch", forderte Brunner die Anlieger zum Umdenken auf.

Hans Eigner kritisierte, dass vor zwei Jahren 3000 Quadratmeter Grund für 35000 Euro angekauft wurden, doch keine weitere Planung erfolgt sei. Wenn der Radweg breit genug ausgebaut werde, könnten ihn Landwirte als Zufahrt zu ihren Feldern nutzen. Derzeit sorgt sich Eigner noch um die Sicherheit der Radfahrer auf den Straßen im landwirtschaftlich geprägten Dorf. Thomas Brunner kennt diese Argumentation, doch sei in der Gesamtheit keine Einigung vorhanden. Zudem werden den Bauern wenig Wertschätzung entgegen gebracht: "Warum sollten die der Allgemeinheit etwas abgeben?" Er will daher abwarten, bis die Stimmung wieder besser ist, oder den Radwegbau über ein ILE-Gesamtkonzept angehen.

Johann Eigner forderte, den Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1994 zu überarbeiten, da jeder Quadratmeter Boden "Lebenselexier" sei. Zehn Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer in der Gemeinde seien in der Landwirtschaft tätig. "Wenn ein Plan gut ist und sie mitreden dürfen, werden die Bauern nicht dagegen sein", versicherte Eigner. "Man muss den Menschen die Möglichkeit geben, ihre Zukunft sauber und positiv zu gestalten!"

 

Quelle: www.pnp.de 15.02.2020