Landesversammlung 2019

Mehr Luft zum Atmen für die Wirtschaft!

Die MU-Landesversammlung hat folgenden Leitantrag beschlossen:

Die Wirtschaft in Deutschland und Bayern steht vor großen Herausforderungen. Der Handelskonflikt zwischen den wichtigen Absatzmärkten USA und China, Globalisierung, Digitalisierung, der wahrscheinliche Brexit und der rückläufige Welthandel bremsen die exportorientierte Wirtschaft bis in die letzten Glieder der Wertschöpfungskette. Im Übrigen kämpfen wir mit hausgemachten, strukturellen Problemen. Wir sind nach der OECD-Studie Höchststeuerland, teurer Standort, infrastrukturell abgeschlagen und Bürokratiechampion.

Es besteht die Gefahr, dass Investitionen innerhalb Deutschlands  abnehmen, unsere Konkurrenzfähigkeit sinkt und der Arbeitsmarkt nervös reagiert. Es droht ein nachhaltiger Attraktivitätsverlust unseres Wirtschaftsstandorts.

Es ist jetzt an der Zeit, unserer mittelständisch geprägten Wirtschaft mehr Luft zum Atmen zu lassen. Wir wollen, dass sich Unternehmen in Deutschland gründen, sich hier ansiedeln und dauerhaft niederlassen. Dazu brauchen wir die besten Rahmenbedingungen, die die unternehmerische Freiheit fördern, Raum für Entwicklungen und Innovationen lässt und die bestmögliche Unterstützung bietet. Wir müssen alles daransetzen, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, Bürokratie abzubauen und Strukturen zu verbessern.

Weniger finanzielle Belastung

Wer mehr Geld hat, reinvestiert mehr. Wir fordern daher die Reduzierung der Unternehmensbesteuerung für nicht ausgeschüttete Gewinne auf ein Maximum von insgesamt 25 Prozent, sowohl bei Kapital-, Personengesellschaften und Einzelunternehmern/ Freiberuflern. Auch muß die kalte Progression, die jede Liquidität frißt und Leistungswillen bestraft, abgeschafft werden.

Deutschland hat mit die höchsten Strompreise in der EU. Teilweise kostet die Megawattstunde bereits über 300 Euro - resultierend aus Steuern, Abgaben und Netzkosten. Insbesondere im energieintensiven Sektor ist Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig. Daran ändert auch die im Klimapaket beschlossene Senkung der EEG-Umlage nichts.
Wir fordern eine Begrenzung des Strompreises auf maximal 150 Euro pro Megawattstunde, sowie die Einführung eines vergünstigten Stroms für die gewerbliche Wirtschaft.

Gründungen sollten steuerlich entlastet werden, beispielsweise durch einen höheren Steuerfreibetrag bei Mitarbeiterbeteiligungs-Modellen oder die Beibehaltung von bestehenden Erleichterungen für Start-Ups im Arbeitsrecht, wie etwa der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen auf vier Jahre.

Bessere Grundbedingungen

Genehmigungsverfahren müssen kalkulierbar und beschleunigt werden. Insbesondere beim Glasfaser- und beim Mobilfunknetzausbau hinkt Deutschland stark hinterher. Das Vergabeverfahren der 5G-Lizenzen muss schnellstmöglich abgeschlossen werden, wobei höchste Sicherheitsstandards gewährleistet sein müssen.

Start-Ups sollen in Bayern und Deutschland bessere Startvoraussetzungen und Fördermöglichkeiten haben. Die Wiederauflage des Digitalbonus ist ein wichtiger Schritt. Darüber hinaus muss der Zugang zu Wagniskapital erleichtert werden. Wir wollen Start-Ups und Gründern mehr Freiraum bieten, um experimentieren zu können und innovative Ideen formen zu können. Hier kommt dem Austausch mit anderen Start-Ups ein hoher Stellenwert zu. Es gilt, deren Vernetzung untereinander zu fördern - vor allem über die nationalen Grenzen hinaus - um mehr Möglichkeiten zur Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland, beispielsweise im IT-Bereich, zu erschließen. 

Außerdem müssen wir die digitale Bildung stärken. Das beginnt bei der Vermittlung von Digitalkompetenzen und reicht bis zur späteren, beruflichen Weiterbildung.

Wir fordern die gleichwertige Förderung und Finanzierung von beruflicher und akademischer Bildung.  Wenn der Bund und die Länder im Rahmen eines Bildungspakts für die deutschen Hochschulen 150 Mia € in den nächsten 10 Jahren ausgeben, dann ist es dringend erforderlich, die Berufsbildungsstätten der Wirtschaftskammern mit den notwendigen Finanzmitteln auszustatten, um die erforderlichen Modernisierungsmaßnahmen - neueste technische Ausstattung für die bestmögliche Ausbildung des Fachkräftenachwuchses - auszurüsten.

Innovativer Fortschritt statt ideologisch motivierter Rückschritt

Unsere Wirtschaft ist hochinnovativ - insbesondere im Mittelstand. Doch größtmöglichen Fortschritt gibt es nur dort, wo maximale unternehmerische Freiheit gewährleistet ist. Wir bekennen uns zum Klimaschutz. Dieser darf allerdings nicht zu ideologisch motivierten Verboten und Auflagen führen. Er muss wirksam nach dem Prinzip "miteinander statt gegeneinander" angegangen werden.

Wir begrüßen das Emissionshandelssystem mit einer schrittweisen Reduzierung des Zertifikatvolumens als Regulativ im Sinne der sozialen Marktwirtschaft. Verbunden mit den richtigen Anreizen motiviert es zu mehr Nachhaltigkeit und innovativen Lösungen.

Wir müssen die Technologieoffenheit wahren - in allen Bereichen. Im Mobilitätssektor ist staatlich unterstützte Fokussierung auf Elektromobilität u.a. aufgrund der fragwürdigen Gesamtbilanz dieser Technologie in Bezug auf deren ökologischen sowie sozialen Fußabdrucks ein zu einseitiger Ansatz. Der saubere Diesel soll weiterhin seine Daseinsberechtigung haben. Es gilt eine technologieoffene Weiterentwicklung von Antriebskonzepten zu fördern.

Grundsätzlich müssen wir mehr in Forschung und Entwicklung investieren. Die High-Tech-Agenda Bayern begrüßen wir daher ausdrücklich.

Nachhaltigkeit darf kein Kriterium im Bankengeschäft sein. Wir lehnen das "sustainable-finance"-Modell ab, wonach sich die Kreditkonditionen nach dem Grad der Nachhaltigkeit eines Unternehmens richten. Dies würde nicht nur weitere strenge und schwer erfüllbare Dokumentationspflichten, also noch mehr Bürokratie mit sich bringen, sondern auch sich insbesondere bei mittelständische Unternehmen investitionshemmend auswirken.

Mehr Flexibilität für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die Arbeitswelt befindet sich nicht zuletzt aufgrund der Digitalisierung und der zunehmenden Globalisierung im Wandel. Diesen Wandel gilt es zu nutzen und nicht abzulehnen. Wir wollen niemanden zurücklassen, sondern alle Menschen mitnehmen und ein zeitgemäßes Arbeitsrecht schaffen.

Der klassische nine-to-five-Job an einem festen Standort wird seltener. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat auch durch den gesellschaftlichen Wandel zunehmend an Bedeutung gewonnen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer wünschen sich daher mehr Flexibilität - insbesondere nicht tarifgebundene kleine mittelständische Unternehmen und Start-Ups. Wir fordern eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gemäß der EU Arbeitszeitrichtlinie.

Für neue Arbeitsmodelle, beispielsweise "crowd work" oder "agile work", brauchen wir einen verlässlichen und pragmatischen Rechtsrahmen.