Offener Brief an die Bundeskanzlerin

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, liebe Kollegin Dr. Angela Merkel,

die SIEMENS AG hat angekündigt am Standort Bad Neustadt an der Saale im Bundeswahlkreis Bad Kissingen bis 2012 rund 840 Stellen von den heute knapp über 2.000 Arbeitsplätzen ersatzlos abzubauen. Der überwiegende Anteil dieser Stellen soll nach Tschechien verlagert werden. So sehr es uns freut, dass SIEMENS im ersten Quartal dieses Geschäftsjahres einen Gewinn von über zwei Milliarden ausweisen konnte, so erfüllt es uns doch mit tiefer Sorge um die Zukunft unserer Region, wenn die 840 Stellen in Bad Neustadt an der Saale wirklich abgebaut werden.

Die geplanten Stellenstreichungen sind ein herber Schlag für viele Menschen, die bei SIEMENS bisher ihren Lebensunterhalt verdient haben: In dem ländlich strukturierten Landkreis Rhön-Grabfeld ist Arbeit knapp. Sollten die Arbeitsplätze wirklich wegfallen, würde dies auch die Kaufkraft in der Region stark mindern und die wirtschaftliche Prosperität erheblich beein-trächtigen.

Nicht nachvollziehbar an der Entscheidung des Unternehmens sind für uns vor allem die Gründe für die Verlagerung der Produktion nach Tschechien. Auch wir sehen, dass sich im Bereich unserer gesamten Volkswirtschaft durch die bestehende Wirtschaftskrise konjunkturell bedingte Arbeitsplatzeinbußen nicht vermeiden lassen. Solche Einbußen werden aber in der Regel bei einer erfolgreich laufenden Wirtschaft wieder aufgebaut. Die Verlagerung eines Großteils der Arbeitsplätze nach Tschechien bedeutet aber, dass diese Arbeitsplätze auch bei einer besseren Konjunktur nicht an ihren ursprünglichen Standort zurückkehren werden. SIEMENS möchte die angesprochenen 840 Arbeitsplätze innerhalb der nächsten zwei Jahre ohne betriebsbedingte Kündigungen streichen. Bei einem Standort mit insgesamt knapp 2.000 Arbeitsplätzen und einem Landkreis mit 86.000 Einwohnern ist es aber kaum vorstellbar, dass man über natürliche Fluktuation und Altersteilzeit bis zum Jahr 2012 840 Stellen abbauen kann.

Wir nehmen die bekanntgegebenen Abbaupläne der Siemens AG mit großer Sorge zur Kenntnis und können diese Entwicklung so nicht akzeptieren. Am vergangenen Montag haben wir uns bereits mit den Verantwortlichen bei SIEMENS in Bad Neustadt an der Saale getroffen und heute mit Staatsminister Martin Zeil, MdL, vor Ort die Situation evaluiert. Intensive Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern und ihren Familien haben uns noch mehr verdeutlicht, dass der Abzug von SIEMENS aus Bad Neustadt an der Saale das Ende für die strukturschwache Region bedeuten würde. Die wirtschaftliche Lage ist dort bereits durch das Fördergefälle zum angrenzenden Thüringen stark beeinträchtigt.

Wir möchten gemeinsam mit allen örtlichen Mandatsträgern um jeden erhaltbaren Arbeitsplatz kämpfen und möchten Sie dabei um Ihre Unterstützung bitten. Die Menschen im Landkreis Rhön-Grabfeld sind aufrichtig und fleißig und haben es verdient, dass die gute Arbeit, die auch über Jahrzehnte zum Ergebnis und zum Wachstum des SIEMENS-Konzerns beigetragen haben, entsprechend gewürdigt wird.

Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung dazu und danken Ihnen für Ihre Mühen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen,

Dorothee Bär